Margarete Schramböck, Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, im Gespräch über Veränderungen in der Wirtschaft und Aussichten für den Arbeitsmarkt in Österreich. Sie ist überzeugt: Die Digitalisierung hilft dem Wirtschaftsstandort.
Report: Wir schreiben 20 Jahre Liberalisierung des Telekommunikation-Marktes in Österreich – vor welchen Herausforderungen steht der heimische Wirtschaftsstandort hinsichtlich Technologieentwicklungen heute?
Margarete Schramböck: Technologische Entwicklungen gab es immer, nur der Takt ist heute deutlich höher. Nur wer mit den Entwicklungen Schritt halten kann, sie am besten sogar vorgibt, wird davon besonders profitieren. Aktuell sehe ich drei große Herausforderungen für den Standort: Fachkräftemangel, Bürokratie und der digitale Wandel. Hier setzen wir Maßnahmen im Großen und im Kleinen. Wir haben eine Fachkräfteoffensive gestartet, arbeiten intensiv am Bürokratieabbau und wollen Unternehmertum fördern und neue Großinvestitionen aktiv unterstützen. Bürokratie macht unseren Betrieben das Leben oft schwer, durch Digitalisierung wollen wir es wieder vereinfachen.
Report: Welche Rolle kann die Politik hier einnehmen, Unternehmen zu unterstützen? Was tut sich dazu in Österreich?
Schramböck: Eine erfolgreiche Wirtschaft braucht die passenden politischen Rahmenbedingungen, um sich entfalten und positiv wirken zu können. Dazu gehört auch das Bekenntnis zu einer wettbewerbsfähigen Standortpolitik, zu Wachstum und Beschäftigung und zum Erhalt und Ausbau des Wohlstands in Österreich. Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Abbau bürokratischer Hürden. Dafür haben wir ein Standortentwicklungsgesetz auf Schiene gebracht, das Erleichterungen bei Genehmigungen und Investments und damit mehr Freiheit für Unternehmen mit sich bringen soll. Auch werden wir bereits bestehende Gesetze evaluieren und, wo es möglich und sinnvoll ist, verfahrensbeschleunigende Maßnahmen umsetzen. Wir investieren zudem in den Ausbau der Infrastruktur, sei es der Breitbandausbau oder die Ausrollung des 5G-Standards.
Report: Wie wollen Sie Unternehmen in der IT-Branche motivieren, mehr Ressourcen in die Ausbildung eigener Fachkräfte zu stecken?
Schramböck: Digitale Kompetenzen werden neben Schreiben, Rechnen und Lesen die vierte Grundkompetenz. Auf diesem Gebiet gilt es alle Generationen fit machen. Nur so können wir die Möglichkeiten der Digitalisierung für die Wirtschaft, Gesellschaft und den Standort zu unserem Vorteil nutzen. Haben zukünftige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das passende Vorwissen, profitieren natürlich auch die Unternehmen, die bei der weiteren Ausbildung von Fachkräften nicht bei Null anfangen müssen. Darum modernisieren wir einen großen Teil der Lehrausbildungen und machen sie zukunftsfit. Wir schaffen auch einige neue, zeitgemäße Lehrberufe wie zum Beispiel den E-Commerce-Kaufmann und die -Kauffrau oder GlasfasertechnikerIn. Auch auf universitären Niveau sind wir alles andere als untätig, gerade erst wurden 300 zusätzliche Anfängerplätze in Informatik finanziert. Damit kümmern wir uns bereits heute um die Ausbildung der Fach- und Führungskräfte der Zukunft. Was mir besonders wichtig ist, ist der Lehrberuf Coding. Wir haben hier schon große Fortschritte erzielt und werden voraussichtlich noch im Herbst damit starten können.
Report: Sie kennen die Branche. Welche großen Veränderungen werden die Trends Digitalisierung und Automatisierung für unsere Gesellschaft und den Arbeitsmarkt bringen? Was kann man dazu aus der Vergangenheit lernen?
Schramböck: Gerade die Digitalisierung hilft dem Wirtschaftsstandort. Die jüngsten Standortentscheidungen von voestalpine und Infineon, die Milliarden in Österreich investieren wollen, zeigen, dass Digitalisierung und Innovation ein Jobmotor und kein Jobkiller sind. Bei jeder größeren technischen Entwicklung der vergangenen Jahrhunderte hieß es, sie vernichte Arbeitsplätze. Das Gegenteil war der Fall. Die Arbeitsplätze und -inhalte werden sich auch in Zukunft verändern, aber nicht wegfallen.
Report: Was war Ihre Position vor 20 Jahren? In welcher Funktion waren Sie damals tätig – mit welchen Erfahrungen?
Schramböck: Vor 20 Jahren habe ich an der WU studiert. Kurz danach habe ich in der IT-Kommunikationsbranche zu arbeiten begonnen. Von den langjährigen Erfahrungen, die ich dort sammeln konnte, profitiere ich enorm. Genauso von den technischen Neuerungen und Entwicklungen, die ich in den Unternehmen nicht nur miterleben, sondern aktiv mitgestalten und vorantreiben konnte.
Von der IKT in die Politik
Ihre berufliche Karriere begann Margarete Schramböck mit der Leitung des Bereichs Service bei Alcatel in Österreich. Im Jahr 2002 wurde sie CEO von NextiraOne. Bis 2011 leitete die gebürtige Tirolerin drei Jahre zusätzlich die Deutschland-Schwester. NextiraOne firmierte 2014 in Dimension Data Austria um, die von ihr weitergeführt wurde. In den letzten beiden Jahren war Schramböck CEO der A1 Telekom Austria. Sie wurde am 18. Dezember 2017 zur Ministerin bestellt, seit 8. Jänner 2018 steht sie dem Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort vor.