Mittwoch, Juli 03, 2024

Wissenschaftler der TU Darmstadt haben in einer Studie kognitive Verzerrungen bei Entscheidungen der Verantwortlichen als Ursache für Kosten- und Zeitplanüberschreitungen bei großen Immobilienprojekten ausgemacht. Auch langjährige Erfahrung schützt nicht vor Selbstüberschätzung oder Überoptimismus.

Für ihre Studie »Kognitiv verzerrte Entscheidungen als Ursache für Ineffizienzen in der Immobilienprojektentwicklung« befragten Andreas Pfnür und Kevin Meyer vom Fachgebiet Immobilienwirtschaft und Baubetriebswirtschaftslehre des Fachbereichs Rechts- und Wirtschaftswissenschaften 240 Manager der Immobilienbranche. Mithilfe eines Fragebogens gewannen die Wissenschaftler Erkenntnisse über Fachwissen, aber auch darüber, für wie fähig sich die Probanden im Vergleich zu ihren Kolleginnen und Kollegen hielten und für wie wahrscheinlich sie den zukünftigen positiven Verlauf und die Risiken von Projekten hielten. Damit einher ging auch die Bereitschaft zum »eskalierenden Commitment«: 98 Prozent der Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer gaben an, ein von ihnen verantwortetes und in Schieflage geratenes Projekt finanziell zu stützen. Sie würden zusätzliches Kapital einschießen, obwohl fast die Hälfte davon ausging, dass ein solches Projekt sich nicht positiv entwickeln würde.

Die Studie zeigte auch, dass Projektmanagerinnen und -manager der öffentlichen Hand mit Abstand die größten kognitiven Verzerrungen aufweisen. Die Entscheidungsträgerinnen und -träger in Bauunternehmen urteilen und entscheiden dementgegen deutlich rationaler. ­Pfnür erklärt, warum: »In Verwaltung und Politik werden Entscheider massiv daran gemessen, ob ein Prestigeprojekt verwirklicht werden kann. Daher sind die Manager bereit, deutlich höhere Risiken einzugehen – oder sie verdrängen sie.« In Bauunternehmen, bei denen Immobilienprojekte zum Tagesgeschäft gehörten, seien die Entscheider emotional nicht so stark involviert und die Anreize etwas anders gelagert: »Die Unternehmen wollen Geld verdienen, und wenn das Projekt gegen die Wand fährt, zahlt der Auftraggeber nicht.«

Dabei spielt es keine Rolle, wie erfahren die Projektführenden sind. Erfahrung entpuppte sich in der Studie als Fluch und Segen. Sie erhöhte die Genauigkeit bei der Entscheidungsfindung, führte aber auch dazu, dass die Probanden Risiken unterschätzten. Hat jemand bereits viele Entscheidungen in seinem Berufsleben getroffen und Erfahrungen gesammelt, sei sein Bild der Abläufe in der Branche geprägt und die Offenheit für neue Informationen oder das Unerwartete nehme ab. Es entwickelt sich ein Tunnelblick. »Je mehr Berufserfahrung, je mehr Fachwissen, je höher in der Hierarchie, des­to größer die Neigung, sich zu überschätzen.«

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