Donnerstag, Februar 06, 2025

Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report spricht Herbert Ortner, Vorstandsvorsitzender von Palfinger, über Gewinnwarnungen, internationale Kooperationen und das Potenzial einzelner Märkte.

Von Bernd Affenzeller

Report: Nach einem turbulenten Jahr 2014 konnte Palfinger im ersten Quartal 2015 sehr gute Zahlen präsentieren. Worauf führen Sie diese Entwicklung zurück?

Herbert Ortner: Wir haben noch nie so einen hohen Quartalsumsatz erreicht. Ursachen für diese gute Entwicklung waren ein relativ stabiles Geschäft in Europa und die steigende Nachfrage in Nordamerika, Russland und in Asien, insbesondere in China. Auch das Marinegeschäft lief sehr gut.

Report: Die enge Kooperation und der folgende Einstieg des chinesischen Baumaschinenherstellers Sany bei Palfinger haben für viel Aufsehen gesorgt. Wie entwickelt sich die Zusammenarbeit?

Ortner: Die Zusammenarbeit läuft sehr gut, wir sind sehr zufrieden. Wir haben in kürzester Zeit ein neues Kranwerk nördlich von Shanghai aus dem Boden gestampft, von der Entscheidung bis zur Inbetriebnahme dauerte es nur ein Jahr. Wir produzieren in China und wir steigern sowohl Absatz als auch Marktanteile.

Report: Welche Vor- und Nachteile ergeben sich aus dieser Zusammenarbeit?

Ortner: China wird wahrscheinlich mittel- und langfris­tig der größte Kranmarkt der Welt sein. Entweder sind wir mit einem chinesischen Partner auf diesem Markt aktiv, oder wir werden nicht mehr Weltmarktführer in unserer Branche sein. Wir lernen viel von den Chinesen, die uns in manchen Bereichen technologisch voraus sind, und die Chinesen lernen auch gerne von uns.

Report: Oft ist von Unternehmen bei der Zusammenarbeit mit chinesischen Firmen von großen kulturellen Hürden zu hören. Wie haben Sie den Prozess der Annäherung bis zum erfolgreichen Abschluss wahrgenommen? Welche Schwierigkeiten ergeben sich im Tagesgeschäft?

Ortner: Es gibt natürlich kulturelle Unterschiede, keine Frage. Wir gehen aber sehr offen mit unseren Partnern um und zeigen viel Respekt. Darüber hinaus hilft uns dabei auch ein Corporate-Culture-Projekt, das wir weltweit ins Leben gerufen haben. Ich glaube, das ist die einzige Möglichkeit, mit kulturellen Unterschieden so umzugehen, dass daraus keine Hürden entstehen. Sany, unser chinesischer Partner, ist so wie wir ein börsenotiertes Familienunternehmen, und da ergeben sich auch sehr viele Parallelen in der Unternehmenskultur.

Report: Im Oktober musste Palfinger aufgrund deutlich schwächerer Auftragseingänge eine Gewinnwarnung herausgeben. Wie sehen die Auftragsbücher aktuell aus?

Ortner: Die Auftragseingänge in Europa haben sich im vierten Quartal stabilisiert und wir haben im Jänner und im Februar starke Nachfrage im europäischen Kranmarkt erlebt. Insgesamt erwarten wir für die Palfinger Gruppe weltweit eine deutliche Umsatzsteigerung im Jahr 2015.

Report: Nach der Gewinnwarnung hat die Palfinger-Aktie deutlich nachgegeben. Wie haben Sie diese Wochen und Monate erlebt?

Ortner: Es ist für einen Vorstand nie lustig, eine Gewinnwarnung zu veröffentlichen. Für uns war es das erste Mal. Viele Aktionäre waren kurzfristig verunsichert, aber es ist unseren Inves­tor-Relations-Anstrengungen zu verdanken, dass seit Jahresbeginn der Aktienkurs deutlich stieg.

Report: Wie geht es aus Sicht des Baumaschinenherstellers der heimischen Bauwirtschaft?

Ortner: Die heimische Konjunktur hinkt an vielen Fronten der europäischen Wirtschaftsentwicklung hinterher. Österreich hat derzeit ein Problem mit den standortbezogenen Rahmenbedingungen.

Report: Welche Probleme konkret?

Ortner: Es geht um eine Reform unserer Strukturen auf breiter Front, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Das betrifft etwa die viel zu hohen Steuern auf Arbeit oder die fehlende Flexibilität bei den Arbeitszeiten. Ich möchte aber festhalten, dass es nicht um einen Lohnverzicht geht, aber die aktuellen Regeln sind viel zu starr. Dazu kommen weitere Punkte wie eine ineffiziente Verwaltung, zu viele Verwaltungsebenen administrieren oft das gleiche Thema, die primäre Bildung funktioniert nicht und die österreichische Politik ist zu wenig weltoffen und zu wenig sachorientiert; um nur eine kleine Auswahl der offenen Wunden zu benennen.

Report: Mit welcher Geschäftsentwicklung rechnen Sie für das laufende Jahr? Welche Märkte entwickeln sich positiv, welche bereiten Kopfschmerzen?

Ortner: Wie gesagt, wir erwarten eine deutliche Umsatzsteigerung und ein besseres Ergebnis für das Gesamtjahr. Wir glauben an Wachstum in Nordamerika, Russland und Asien, das Geschäft in Europa wird wahrscheinlich stabil bleiben, während wir in Südamerika darauf hoffen, dass sich der Schrumpfungsprozess des Marktes verlangsamt.

Report: Ist das 2012 ausgegebene Umsatzziel von 1,8 Milliarden Euro aus heutiger Sicht erreichbar? Wenn ja, wie?

Ortner: Wir haben im Jahr 2012 aus damaliger Sicht den Plan gefasst, bis zum Jahr 2017 den kumulierten Umsatz inklusive Joint Ventures auf 1,8 Milliarden Euro zu verdoppeln. Das Wachstum soll aus Asien, Russland und Nordamerika sowie aus dem Marinegeschäft kommen. Ich bin aus heutiger Sicht zuversichtlich, in der Nähe dieses Ziels zu landen.


Zahlen & Fakten

Im ersten Quartal 2015 konnte die Palfinger Gruppe den Umsatz um 10,7 Prozent auf 292,3 Millionen Euro ausweiten, das EBIT stieg um 15,5 Prozent auf 23,6 Millionen Euro. Die EBIT-Marge überstieg wiederum die 8-Prozent-Marke und das Konzernergebnis wuchs um 21,4 Prozent auf 14,5 Millionen Euro. Außerdem wurde im ersten Quartal die Akquisition der Norwegian Deck Machinery AS (NDM) abgeschlossen, womit Palfinger die Produktpalette für das Marinegeschäft ergänzte. In Russland wurden die beiden im Vorjahr vereinbarten Joint Ventures mit dem führenden Lkw-Hersteller KAMAZ behördlich genehmigt und die operative Geschäftstätigkeit wurde aufgenommen.

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