Donnerstag, Februar 06, 2025

Frachtcontainer sind nicht nur allgegenwärtige Symbole der Globalisierung, sondern lassen sich architektonisch zweckentfremden.

Sie sind 2,4 Meter breit, etwa 2,6 Meter hoch und in der kleineren, der 20-Fuß-Version, sechs Meter, in der größeren doppelt so lang. Und sie sind auf und an den Verkehrswegen der Welt zu Hause: Frachtcontainer sind in gewisser Weise die Grundelemente unserer globalisierten, weltweiten Warenwirtschaft. Geschätzte 17 Millionen dieser Stahlboxen bereisen nur mit kleineren Unterbrechungen unseren Planeten – auf Hochseefrachtern, Güterzügen und Lastwagen.

Unschlagbar günstig
2.400 Euro kostet die kleinere Frachtcontainervariante, gebraucht sind es gar nur halb so viel – ein unschlagbar günstiger Preis für knapp 40 wettersicher ummantelte Kubikmeter. Bei temporären Wohn- und Bürostätten kommen in Europa schon längst im Unterschied zu Frachtcontainern mit Holzelementen gefertigten Baucontainer mit unterschiedlichen Maßen zum Einsatz, doch zunehmend werden auch die »Ikonen der Globalisierung«, die großen Stahlkolosse des internationalen Warenverkehrs, als interessant wahrgenommen. Als normierte, zum Transport erschaffene Bausteine fordern sie zunehmend findige Architekten dazu heraus, auch als Baumaterial Verwendung zu finden.

Das Wohnen in diesen »Blechdosen« erscheint den wenigsten Menschen attraktiv, das könnte sich dank prestigeträchtiger Vorzeigebauten jedoch bald ändern. Denn eine wachsende Zahl von Architekten zeigt sich von den modularen, industriell gefertigten und güns­tigen Bausteinen fasziniert. Der Hannoveraner Architekt Han Slawik etwa forscht und sammelt seit mehreren Jahren zum Thema Containerarchitektur, und sein gemeinsam mit anderen Fachleuten veröffentlichter »Container Atlas« liefert  auf über 250 Seiten Antworten auf wesentliche Planungsfragen bezüglich Konzeption, Gestaltung, Konstruktion, Statik und Ökonomie dieser originellen Bauweise.

Recycling als Trend
Im Zuge der Nachhaltigkeitsdiskussion der letzten Jahre war die Wiederverwendung von Objekten und Material ohnehin einer der großen architektonischen Trends, und so fanden  Frachtcontainer in einer wachsenden Zahl von – temporären und weniger temporären – Bauten Verwendung. Vor allem bei Bauten, die in kürzester Zeit und unter schwierigen Bedingungen errichtet werden müssen, können die perfekt von Kränen manipulierbaren Container ihre Stärken ausspielen, so etwa beim Kreuzfahrtschiffterminal im Hafen des südspanischen Sevilla. In nur 15 Tagen realisierten die Architekten eine luftige, trotz der »billigen« Bausteine nobel anmutende Containerarchitektur, die auch bei den Gästen der anlegenden Kreuzfahrtriesen für Begeisterung sorgte.

Containerluxus
Aber auch andere Projekte demonstrieren, dass die Nomaden der Globalisierung auch als sesshafte Gebäudehüllen gute Figur machen. Einige internationale Vorzeigeprojekt der Container-Freunde befinden sich dank leichter Transportfähigkeit sogar weiterhin auf Wanderschaft: Die von der italienischen Architektengruppe Lot-ek realisierte »PUMA City« verwandelte 24 Container in ein beeindruckendes Gebäudeensemble auf drei Stockwerken, in dem der Sportartikelhersteller seit 2008 an wechselnden Locations seine Kollektionen vorstellte.

Auch das Containerprojekt »Sleeping Around«  befindet sich auf Wanderschaft, zumindest im heimatlichen Holland: Das edel designte Containerensemble ist ein Pop-up-Luxushotel, komplett mit Restaurant, Bar und Saunacontainer - hier liegt besonderes Augenmerk auf umweltfreundlicher Nachhaltigkeit.

Das wohl renommierteste realisierte Projekt stammt allerdings von der alt­ehrwürdigen BBC: Die britische Sendeanstalt errichtete anlässlich der Fußball-WM 2010 um nur eine Million Pfund und besonders umweltfreundlich ein ganzes Sendestudio auf 18 ausrangierten Frachtcontainern, die zusätzlich als Büro-und Produktionsräume dienen. Man sieht: Mit Frachtcontainern als architektonische Elemente lassen sich nicht nur deprimierende Not- und Arbeitsunterkünfte, sondern auch ambitionierte, architektonisch anspruchsvolle Ideen verwirklichen.

Meistgelesene BLOGS

Alfons A. Flatscher
06. November 2024
Mit Donald Trumps Rückkehr ins Weiße Haus zeichnet sich ein neues Kapitel der Handelspolitik der USA ab – und für europäische Unternehmen könnten die nächsten Jahre herausfordernd werden. Trump, bekan...
LANCOM Systems
14. Oktober 2024
Die österreichische Bundesbeschaffung GmbH (BBG) hat die Lösungen des deutschen Netzwerkinfrastruktur- und Security-Herstellers LANCOM Systems in ihr Portfolio aufgenommen. Konkret bezieht sich die Ra...
Nicole Mayer
25. November 2024
Globalisierung, Digitalisierung, New Work, Kriege: Die Kette der Herausforderungen, die Unternehmen zu stemmen haben, reißt nicht ab. Um in diesen unsicheren Zeiten nicht nur zu überleben, sondern sog...
Marlene Buchinger
31. Oktober 2024
Beim Thema Nachhaltigkeit stellt sich oft die Frage, für wen machen wir das überhaupt? Im vierten Teil der REPORT-Serie geht es um die Anspruchsgruppen, auch Interessensträger oder Stakeholder genannt...
Firmen | News
23. Oktober 2024
In den letzten Jahren hat das Thema Nachhaltigkeit auch im Bauwesen an Bedeutung gewonnen. Immer mehr Bauherren, Architekten und Unternehmen suchen nach Möglichkeiten, umweltfreundliche und ressourcen...
Andreas Pfeiler
04. November 2024
Naturereignis wie ein Hochwasser zeigen uns immer wieder auf, wie verwundbar unsere Gesellschaft ist und wie hilflos wir gegenüber solchen Naturgewalten sind. Ohne mineralische Rohstoffe sind wir auch...
Firmen | News
30. Oktober 2024
In der heutigen Arbeitswelt sind die richtigen Werkzeuge und Ausrüstungen entscheidend für den Erfolg. Von der passenden Berufskleidung bis zu unverzichtbaren Geräten – alles spielt eine Rolle. Entdec...
Nicole Mayer
12. Oktober 2024
Wir feiern 2025 das 30-jährige Bestehen des Staatspreises Unternehmensqualität. In diesen drei Jahrzehnten haben wir gemeinsam Erfolge gefeiert, Mut bewiesen und Begeisterung geteilt. Unser Ziel ist e...

Log in or Sign up