Die Immobilienbranche ist komplexer geworden. Hieß es früher einfach nur »Lage, Lage, Lage«, gesellen sich heute zur Standortqualität weitere Schlagworte wie Energieeffizienz, Lebenszykluskosten oder Behaglichkeit, die über Wohl und Wehe einer Immobilie entscheiden. Sind alle Punkte auf hohem Niveau erfüllt, gibt es dafür ein Mascherl in Form eines Zertifikats. LEED, BREEAM, DGNB oder TQB sind nur einige der begehrten Auszeichnungen, ohne die sich Immobilien nur mehr schwer verkaufen lassen. Der Bau & Immobilien Report präsentiert eine Auswahl zertifizierter Immobilien.
Campus Lodge Wien
Die Campus Lodge, eine Kombination aus Wohnungen und Serviced Apartments zur Kurzzeitmiete, beim Wiener Ernst Happel Stadion ist eine der ersten Wohnhausanlagen in Wien, die den Zertifizierungsprozess von der Planung bis zum Betrieb durchlaufen hat. Das DGNB-Vorzertifikat wurde bereits im Dezember 2011, das Zertifikat in Silber für den Neubau im März 2014 ausgestellt. Dafür ausschlaggebend waren unter anderem der geringe Energieverbrauch, die Verwendung von Alternativenergien wie Photovoltaik und Solarenergie, der eigene Brunnen zur Gartenbewässerung sowie die hohe Wohnqualität durch viel Tageslicht und hohe Ausstattungsqualität. Zudem wurde bereits in der Entwicklungsphase auf die Verwendung natürlicher Baustoffe, Ressourcenschonung sowie eine effiziente Gebäudetechnik geachtet. Alle Wohnungen verfügen über Parkettboden, Einbauküche inklusive Küchengeräte, Bad & WC sowie eine Fußbodenheizung im gesamten Wohnbereich. Allen Mietern der Campus Lodge stehen ein Outdoor-Swimmingpool, Fitness- und Wellness-Einrichtungen mit Sauna, eine Lounge zum Chillen und ein Partykeller mit Gemeinschaftsküche zur Verfügung. Und schließlich hat die Campus Lodge ein eigenes Concierge Service, an das sich die Mieter mit Fragen wenden können. Soviel Wohnkomfort hat natürlich auch seinen Preis: Die günstigste derzeit verfügbare 42 m2 große Zweizimmerwohnung kostet 783,12 Euro/Monat.
Varena Shopping Center, Vöcklabruck
Das von ATP integral geplante Einkaufszentrum Varena in Vöcklabruck darf sich ganz offiziell als »Green-Building-Vorreiter unter den Shoppingcentern im gesamten deutschsprachigen Raum« und »bestbewertetes BREEAM-Bestandsgebäude in Österreich« bezeichnen. In der Kategorie »Betriebsführung« übertraf das Einkaufszentrum mit der Bewertung »exzellent« alle anderen Gebäude aus Office, Industry und Retail in Deutschland, Österreich und der Schweiz. In der Gebäudeperformance erreichte es ein »sehr gut«. Das Energiekonzept des Shoppingcenters zeichnet sich durch einen besonders sparsamen und umweltschonenden Energieverbrauch aus. Erreicht wird das unter anderem durch den Einsatz von Grundwasser für die Beheizung des Gebäudes in Verbindung mit Wärmepumpen, Verwendung von umweltfreundlicher Fernwärme in Extremfällen, den Einsatz von Grundwasser für die Gebäudekühlung, effiziente Wärmerückgewinnungssysteme in den Lüftungsanlagen und den Einsatz energiesparender LED-Technik. Die technischen Systeme sichern eine Reduktion von CO2-Emissionen von bis zu 40 % zu vergleichbaren Projekten mit herkömmlicher Technik.
Spar Supermarkt, Sulz
Die im Oktober 2012 eröffnete Spar-Filiale in Sulz war die erste Handels immobilie in Vorarlberg, die mit einem DGNB-Zertifikat in Gold ausgezeichnet wurde. Schon beim Bau wurden die neuesten energie- und ressourcenschonenden Technologien eingesetzt. Im laufenden Betrieb verbraucht er nur 50 Prozent der Energie, die ein herkömmlicher Supermarkt benötigt. Merkmale des neuen Geschäftes sind unter anderem eine naturnahe Begrünung der Freiflächen, begrünte Dachfläche mit Photovoltaikanlage, eine E-Tankstelle, die lärmfreie Anlieferungszone und eine LED-Beleuchtung, die tageslichtabhängig steuerbar ist. Auch architektonisch unterstreicht der Markt seinen Nachhaltigkeitsanspruch. Mit seiner naturbraunen, vertikal ausgerichteten Metallfassade fügt er sich sanft in das bestehende Gelände ein.
Zentrale I+R Gruppe, Lauterach
Als erstes Bürogebäude in Österreich erhielt der neue Stammsitz der i+R Gruppe die LEED-Zertifizierung in Platin in der Klasse »New Construction«. Die rund acht Millionen Euro teure Firmenzentrale unterschreitet mit neun Kilowattstunden pro Jahr und Quadratmeter sogar den Grenzwert von 15 Kilowattstunden für den Heizwärmebedarf des Passivhausstandards. Die Heizung und Kühlung des Gebäudes nutzt Erdwärme. Den Strom für die hocheffiziente Wärmepumpe liefert eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 200 Kilowattstunden. Die Kühlung des Gebäudes im Sommer erfolgt mittels Free Cooling: das heißt, über die Erdsonden ohne den Einsatz der Wärmepumpe und
damit ohne zusätzlichen Energieeinsatz. Bereits im ersten Jahr der Gebäudenutzung zeigte sich,dass der Energiebedarf durch gezielte Optimierung zu 100 Prozent mit Strom aus erneuerbarer Erzeugung gedeckt werden kann und das Gebäude damit energieautark ist.
Bürogebäude An der Postwiese, Bruck an der Mur
Die Sanierung des Bürogebäudes in Bruck an der Mur wurde als Teil des Forschungs- und Technologieprogramms »Haus der Zukunft« durch das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit), die Forschungsförderungsgesellschaft (FFG), das Austria Wirtschaftsservice (aws) und die Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technologie (ÖGUT) gefördert. Fast neun Millionen Euro wurden in das Vorzeigeprojekt des BIG-Konzerns zum Thema Nachhaltigkeit gesteckt. Heute wartet das Gebäude mit einer Biomasse-Fernwärme-Heizung, einer Photovoltaikanlage und einer innovativen Solarwabenfassade auf. Der Luftpolster in den Solarwabenelementen reagiert auf den Sonnenstand: Bei niedrig stehender Sonne im Winter heizt sich die Luft in den Waben auf. Bei einem hohen Einstrahlungswinkel im Sommer verschatten die Waben und haben dadurch einen kühlenden Effekt auf den Luftpolster. Für rund ums Jahr angenehme Temperaturen im Bezirksgericht sorgt das Zusammenspiel der bis zu 100 Meter in die Erde reichenden Tiefensonden mit der Wärmepumpe und dem Nachtlüftungssystem. Im Sommer wird die Raumluft gekühlt bzw. im Winter erwärmt. Die Summe dieser Maßnahmen sorgt dafür, dass der Nutzenergiebedarf um rund 60 Prozent und die CO2-Emissionen um rund 75 Prozent gesenkt werden konnten.
Raiffeisen Klimaschutz-Hochhaus, Wien
Das Raiffeisen Klimaschutz-Hochhaus stellt einen Meilenstein in der Geschichte des nachhaltigen Bauens dar: Es ist das erste Bürohochhaus mit offizieller und beglaubigter Passivhauszertifizierung weltweit. Fast sieben Prozent der Gesamtinvestitionskosten flossen in Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz. Damit gelang es, die Energiekosten, die für ein herkömmliches Bürohaus anfallen, auf die Hälfte zu reduzieren. Das Hochhaus spart somit den Energieaufwand von rund 727 Haushalten ein. Laut Berechnungen könnten 100 Hochhäuser dieser Art den jährlichen Energieverbrauch des gesamten 10. Wiener Gemeindebezirks (Favoriten) mit rund 180.000 Einwohnern einsparen. Bei der Planung des Gebäudes orientierten sich die Architekten strikt an den Intentionen der »Raiffeisen-Klimaschutz-Initiative«. Neben doppelschaligen Fassaden bedeutet das unter anderem auch einen außenliegenden Sonnenschutz, Bauteilaktivierung und den Einsatz von Geothermie. Dadurch werden die Elemente Sonne, Wasser, Erde, Luft sowie moderne energiebewusste Bautechnik und Materialeinsatz bestmöglich kombiniert. So wird zum Beispiel das Wasser vom Donaukanal sowohl für die Heizung als auch zur Kühlung verwendet. Außerdem entstand im Keller des Gebäudes eine eigene Kraft-Wärme-Kopplungsanlage, die mit erneuerbaren Energiequellen gespeist wird. Diese Anlage liefert den Großteil der notwendigen Energie zum Heizen und zum Kühlen, aber auch Strom zum Betrieb des Hauses sowie für die Lüftung.
Studentenappartements Milestone, Wien
och ganz frisch ist die Zertifizierung des neuen Studentenwohnheims Milestone in der Wiener Ausstellungstraße. Ein DGNB-Zertifikat in Gold wurde im Rahmen der Veranstaltung Greet Vienna von der Österreichischen Gesellschaft für nachhaltige Immobilien ÖGNI für »studentisches Wohnen in einer bisher ungewohnten Qualität« verliehen. Das Thema Nachhaltigkeit wird beim Projekt Milestone in vielfacher Hinsicht gelebt. Bis zu zehn Prozent des Strombedarfs werden durch Sonnenenergie gedeckt. Die Liftanlagen verfügen über ein Energierückgewinnungssystem und produzieren so bei jeder Fahrt Strom, der in das Hausnetz eingespeist wird. Über die Wärmerückgewinnung der aufgeheizten Abluft in den Studentenapartments wird Energie gespart, um die Zuluft auf entsprechende Komforttemperatur zu erwärmen. Jedes Appartement verfügt über wassersparende Armaturen und wird mittels Bauteilaktivierung in den Decken geheizt. Wie in einem Hotelzimmer wird der Strom beim Verlassen des Appartements über einen Schlüsselschalter zentral abgeschaltet. Und schließlich werden im gesamten Studentenheim energiesparende und langlebige LED-Leuchten verwendet. Neben dem privaten Rückzugsort gibt es für die Bewohner eine Dachterrasse, einen Fitnessraum, eine großzügige Lobby, die als gemeinsames Wohnzimmer konzipiert ist, und einen großen Garten von über 1.000 m2. Urban Gardening und ein Grillplatz komplettieren das Angebot im Grünen.
Bürogebäude LCT1, Dornbirn
Ebenfalls im Rahmen der Greet Vienna durfte sich das Prestigeprojekt Lifecycle Tower One der Rhomberg-Tochter Cree über das begehrte DGNB. Zertifikat in Gold freuen. Wie schon der Name verrät, ist das achtstöckige Bürogebäude auf optimale Lebenszykluskosten optimiert. Mittels Baukastensystem und Serienfertigung reduzieren sich die Lebenszykluskosten schon bei der Entstehung, da sowohl die Planungs- als auch die Errichtungskosten erheblich gesenkt werden können. Beim LCT1 wurden rund um den Erschließungskern und auf dem 13 mal 24 Meter großen Sockel aus Stahlbeton vorgefertigte Module aus Holz montiert. Als echter Meilenstein gilt die Verwendung von Holz in tragenden Bauteilen wie Stützen oder Deckenplatten. Geht es nach den Bauherren, dann soll der LCT1 kein Einzelprojekt bleiben. Vielmehr ist geplant, das Hybrid-Hochhaus als modulares System in Serie zu fertigen. Den Lifecycle Tower gibt es sowohl als Plusenergie-, Niedrigenergie- oder Passivhaus. Außerdem verspricht Cree, dass das Bürogebäude selbst für die Urenkel des Bauherren noch profitabel bleibt, denn der Lifecycle Tower ist voll recyclebar.