Die Interessensvertretung BAU!MASSIV! begrüßt die zusätzlichen 400 Millionen Euro für den Wohnungsneubau und appelliert an Bund und Länder, diese Mittel effektiv zu nutzen. Eine Analyse von BAU!MASSIV zeigt zur Effizienzsteigerung vier zentrale Ansatzpunkte auf: Best-Practice geprüfte Regelungsrahmen, ein klares Ja zur bedarfsgerechten Wohnbauförderung, transparente Marktdaten und eine integrative Planung mit Blick auf die gesamten Lebenszykluskosten einer Wohnung.
In der Debatte um leistbares Wohnen sind die Baukosten einer der ausschlaggebenden Faktoren. Eine gemeinsame Erhebung von BAU!MASSIV! und dem Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen (IIBW) untersucht die Kostenentwicklung der vergangenen Jahre und liefert damit wichtige Befunde. Demnach stiegen die Baukosten für eine geförderte Geschoßwohnung seit 2007 pro Jahr um 1,8% an. 2011 kostete eine geförderte Wohnung im Schnitt 150.000 Euro, ein gefördertes Eigenheim 260.000 Euro.
Regionale Unterschiede bei den Baukosten um bis zu 50%
Je Quadratmeter belaufen sich die Baukosten für Wohnungen im Österreich-Schnitt auf 1.890 Euro – hierbei zeigt sich ein deutliches West-Ost-Gefälle. Die Preise sind in Westösterreich deutlich höher. Die Differenz beläuft sich auf bis zu 50%: In Salzburg betragen die Baukosten 2.250 Euro je Quadratmeter, in Oberösterreich hingegen nur 1.500 Euro (netto). Die Datenberechnungen erfolgen je Bundesland unterschiedlich, dennoch lassen sich aus den Zahlen wichtige Trends ersehen. Dipl.-Ing. Dr. Andreas Pfeiler, Geschäftsführer des Fachverbandes der Stein- und keramischen Industrie, erläutert daher: „Die regionalen Unterschiede liefern uns wichtige inhaltspunkte, wie Bauen leistbarer werden kann – denn wir wollen von den Besten lernen.“
Normenflut verursacht hohe Mehrkosten
Der Ländervergleich zeigt auf: Ein zentraler Faktor sind unterschiedliche Regelungsrahmen in rechtlicher und technischer Hinsicht. Verschiedene thermische Standards schlagen sich ebenso wie Auflagen für Stellplätze und Barrierefreiheit auf der Ausgabenseite nieder. Ein Passivhaus verursacht Mehrkosten von rund 150 Euro je Quadratmeter im Vergleich zu einem Niedrigenergiehaus – beide erfüllen jedoch die 2020-Ziele der EU-Gebäuderichtlinie. Zu beachten sind auch die hohen Folgekosten eines Passivhauses, wie etwa für die Wartung.
Dualer Weg für Energieeffizienz
Andreas Pfeiler folgert daraus: „Nicht immer ist der Passivhaus-Standard die sinnvollste Lösung. Bei der Energieeffizienz ist daher ein dualer Weg sinnvoll, wie er in der OIB Richtlinie 6 vorgezeichnet ist. Diese Wahlmöglichkeit meint: Die Mindesteffizienzanforderungen können sowohl über den Heizwärmebedarf (HWB) als auch über den Faktor Gesamtenergieeffizienz (fGEE) erreicht werden.“
Economies of Scale: Hochwertig und günstig bauen
Die Erhebung dokumentiert auch die Relevanz der Economies of Scale, so Dr. Wolfgang Amann, Direktor des Instituts für Immobilien, Bauen und Wohnen in Wien: „Größere Projekte bedeuten günstigere Baukosten. So erreicht Wien trotz höchster Standards Baukosten von nur 1.610 Euro je Quadratmeter und setzt darüber hinaus im sozialen Wohnbau seit mehr als 100 Jahren erfolgreich auf die Massivbauweise – ganz ähnlich wie Oberösterreich.“
Integrative Planung unter Beachtung der Lebenszykluskosten
Eine integrierte Projektentwicklung führt günstige Kosten und höchste Qualitätsstandards zusammen. Dazu werden ab dem frühesten Planungsstadium Architektur, Haustechnik und Statik aufeinander abgestimmt. Gemeinsam wird ein Gebäude entwickelt, das nicht nur bei den Errichtungskosten, sondern über den gesamten Lebenszyklus überzeugt. Denn die Entscheidungen in der Planung bestimmen zu einem großen Teil die späteren laufenden Kosten. Massive Baustoffe zeichnen sich gerade bei diesen Folgekosten aus: Sie sind eine sinnvolle Investition für langfristigen Wohnwert, maximale Zweckmäßigkeit und hohe Wertbeständigkeit. Massive Baustoffe bewähren sich im Zuge der gesamten Nachhaltigkeits-Kette vom Rohbau bis zum Abbruch. Sie sind sicher und stabil, halten Extremereignissen länger Stand und bieten das gesamte Jahr über ein angenehmes Raumkli ma. Auch im Sommer verhindern sie durch ihre hohe Speichermasse eine Überhitzung durch die Sonneneinstrahlung. Darüber hinaus punkten massive Baustoffe durch ihren effizienten Ressourceneinsatz: Sie werden direkt in der Region hergestellt, sichern dort Arbeitsplätze und verursachen nur kurze Transportwege.
Bedarfsgerechte Förderung des Wohnungsneubaus
Die Diskussion um leistbares Wohnen muss auch die Wohnbauförderung im Blick haben. Die Förderzusagen der Länder sind allerdings zwischen 2009 und 2012 um 30% auf 22.900 Einheiten zurückgegangen. Zugleich steigen jedoch die Bevölkerungszahlen: Bis zum Jahr 2030 werden in Österreich rund 9 Mio. Menschen leben, pro Jahr werden daher 50.000 neue Wohnungen benötigt. Im Jahr 2011 lag die Wohnungsproduktion nahe am Bedarf, seither ist die Tendenz sinkend. Gerade in den Ballungsräumen werden nicht genug neue Wohnungen errichtet. Dies schlägt sich auch bei den Wohnkosten nieder: Bei Hauptmietwohnungen stiegen diese 2012 im Mittelwert um 3,6% auf 6,62 Euro pro Quadratmeter an (brutto, inkl. Betriebskosten, exkl. Energieaufwand). Andreas Pfeiler dazu: „Das aktuelle Konjunkturpaket soll durch mehr Wohnungsneubau die steigenden Mietkosten eindämmen“.
Mag. Georg Bursik, Geschäftsführer der Wopfinger Baustoffindustrie und Leiter des Marketinggremiums im Fachverband der Stein- und keramischen Industrie, folgert daraus: „Wohnpolitik erfordert Kontinuität, denn steigende Nachfrage kann nicht kurzfristig gelöst werden. Vor diesem Hintergrund brauchen wir heute ein klares Ja zur bedarfsgerechten Förderung von Wohnungsneubau.“ Damit verbunden ist auch die Forderung nach mehr
Markttransparenz durch bessere Daten zu den Baupreisen.
Markttransparenz durch Daten auf ÖNORM-Basis
Bis 2001 lieferte die Baupreisstatistik der Statistik Austria valide Zahlen, seither fehlt eine konsistente Baupreisstatistik. Zur Markttransparenz ist auch die Wiedereinführung der Berichtspflicht für die Länder nötig. Die Verwendung der ÖNORM 1801-1 und die ÖNORM 1800 können dazu eine einheitliche Basis für die Berechnung der Baukosten liefern. Für Andreas Pfeiler lautet die Conclusio der Analyse von BAU!MASSIV!: „Hohe, zukunftsweisende Qualität ist auch ohne Maximalausstattung erreichbar. Eine Best-Practice-Analyse und harmonisierte Bauvorschriften sind daher dringen erforderlich. So können wir auch morgen qualitätvolles Wohnen leistbar halten.“