Stahl zählt zu den wichtigsten Zutaten moderner Architektur. Aufsehenerregende Brücken, spektakuläre Bürobauten und rekordverdächtige Wolkenkratzer wären ohne den vielseitigen Werkstoff nicht zu realisieren. Der Bau & Immobilien Report hat sich bei den wichtigsten Vertretern der heimischen Stahlbranche umgehört und nach Vorzeigeprojekten der letzten Zeit gefragt.
Gemeinsam mit dem Systempartner Jansen hat Alukönigstahl in Warschau ein futuristisch anmutendes Tunnelprojekt realisiert. Ein Tunnel aus Stahl und Glas soll die Bevölkerung der Warschauer Trabantensiedlung Bródno vor Verkehrslärm schützen. Es musste eine Konstruktion gefunden werden, die nicht nur über hohe Schallschutzparameter verfügt, sondern auch einfach und kostengünstig in der Ausführung und dabei auch optisch ansprechend ist. Die Tunnelüberdeckung wurde in Säulen-Riegel-Technik ausgeführt. Das horizontale Profil besteht aus jeweils sechs Meter langen Abschnitten, die sich auf Bogenrahmen der Stützsubkonstruktion stützen und an den Stützstellen verbunden sind. Insgesamt wurden 60.000 Quadratmeter Verbundscheiben und 8.000 Quadratmeter Vollschallpanels verbaut. Die Verbundscheiben liegen auf breiten Jansen-VISS-Systemdichtungen aus Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk EPDM auf. Über den beiden Tunnel-röhren wurden für die Wartung der Konstruktion zwei Gleise für Selbstfahrkarren errichtet. Um die Luftzirkulation zu gewährleisten, ist der Tunnel teilweise offen. Der insgesamt 1,2 Kilometer lange Schallschutztunnel in Warschau ist der erste seiner Art in Polen. Ähnliche Konstruktionen, allerdings deutlich kürzer, sieht man auch an der italienisch-schweizerischen Grenze.
Baubeginn: Oktober 2010
- Bauende: April 2012
- Tunnellänge: 1,2 km
- Auftraggeber: Metalplast Stolarka
- Auftragsvolumen: 1,5 Mio. Euro
Haslinger Stahlbau: Projekt Sportarena Albert-Schulz
Die Albert-Schulz-Halle, die Heimstätte der Vienna Capitals, präsentiert sich als hochmoderne Eisarena mit drei Spielflächen und Raum für 7.000 Zuschauer in der umgebauten und erweiterten großen Arena und bis zu 3.000 in der neu errichteten Halle 3. Durch einen Großumbau der bestehenden Albert-Schulz-Eishalle wurde vom Architekturbüro Berger + Parkkinen eine neue, einladende und transparent wirkende Eissportstätte geplant, die von Haslinger Stahlbau in kurzer Bauzeit realisiert wurde. Die geometrisch schwierige Anhebung des Daches konnte dabei innerhalb des engen Terminrahmens problemlos umgesetzt werden. Gleichzeitig zu den Dacharbeiten wurden noch aufwendige Tribünenkonstruktionen sowie Verstärkungsmaßnahmen fristgerecht errichtet. Außerdem wurde der bereits bestehende Freilufteislaufplatz mit einer schlanken, mehrfach geknickten Fachwerkskonstruktion überdacht und so zur neuen Halle 3 umgebaut. Markantestes Neubauelement ist das geschwungene Dach über dem Tribünenbau, das direkt an das bestehende Hallendach anschließt. So konnte die neue Eishockeysaison in Österreichs größtem Eissportzentrum plangemäß und termingerecht eröffnet werden.
- Projektbeginn: Jänner 2011
- Projektende: Jänner 2012
- Auftraggeber: Eissport Errichtungs- Betriebs- und Management Gmbh
- Verbauter Stahl: 805 Tonnen
- Auftragsvolumen: 3,5 Mio. Euro
Unger Steel Group: Projekt Schifffahrts- und Welterbezentrum Krems
Im Auftrag der Kremser Immobiliengesellschaft errichtete die Unger Steel Group in Krems ein Schifffahrts- und Welterbezentrum, das sich architektonisch als »Tor zur Wachau« versteht. Nach den Plänen der Architekten Najjar & Najjar steht das große Portal als Symbol für Wachauer Gastlichkeit und als Informationspunkt in der Wachau. Wer durch das Tor tritt, den erwarten vielfältige kulinarische Angebote, kulturelle Veranstaltungen und touristischer Service. In nur zwei Wochen Bauzeit wurde das Projekt direkt an der Donau realisiert. Mit einer Maximalhöhe von zehn Metern wurde der Bogen des Tores mit einer beeindruckenden Spannweite von 40 Metern aufgestellt. 45 Tonnen Stahl fanden dafür Verwendung. Wie ein imposanter Flügel dient das Tor als Wegweiser ins Welterbezentrum, der visuell und symbolisch Gäste und Besucher in die Kultur und Natur der Region einführt. Während des Baubetriebs musste besondere Rücksicht auf den laufenden Betrieb in den Gaststätten und die anwesenden Badegäste genommen werden. Stabil und robust wirkt der fest im Boden verankerte Stahl und trotzdem schwungvoll und dynamisch wie die angrenzende Donau – und somit ist das »Tor zur Wachau« nicht nur ein architektonisches Meisterstück mit starker Signalwirkung, sondern die ideale Verbindung zwischen Wasser und Land.
- Beginn Stahlbauarbeiten: Mai 2011
- Eröffnung: September 2011
- Auftraggeber: Kremser Immobiliengesellschaft
- Verbauter Stahl: 45 Tonnen
- Auftragsvolumen: k. A.
Waagner Biro: Projekt bewegliche Brücken
Brücke ist nicht gleich Brücke. In Europa ist in den letzten Jahren ein deutlicher Trend in Richtung anspruchsvoller Lösungen wie Klapp- oder Drehbrücken erkennbar. Zu den Marktführer in diesem Segment zählt Waagner-Biro. Alleine im Jahr 2012 hat man weltweit an sieben beweglichen Brücken gebaut. Eine davon ist die bereits fertiggestellte »Scale Lane« Bridge im nordenglischen Kingston upon Hull – eine Fußgängerdrehbrücke, die durch ihre Form eines Wales an die Fischereivergangenheit der Stadt erinnern soll. Eine andere Brücke wird derzeit im Hamburger Hafen realisiert. Die Rethe-Klappbrücke beinhaltet die Herstellung von zwei doppelflügeligen Klappbrücken für Straße und Hafenbahn. Die Spannweite der Klappbrücken zwischen den Drehlagern beträgt 104 Meter, womit sie zu den Größten weltweit zählt. Aufgrund des starken Schiffsverkehrs muss die Brücke rund 3000-mal pro Jahr geöffnet werden. Ein Öffnungsvorgang beträgt rund 260 Sekunden und ein Schließvorgang bedingt durch die Synchronisation rund 465 Sekunden. Ebenfalls noch im Bau ist die Golden Horn Swing Bridge in Istanbul. Für die zweispurige U-Bahnbrücke baut Waagner Biro das Antriebssystem für den 120 Meter langen Drehteil.
- Golden Horn Swing Bridge
- Brückentyp: Drehbrücke
- Gesamtlänge: 120 Meter
- Drehwinkel: 90 Grad
Zeman und Co: Projekt Membrandach Bahnhof Wiesloch (D)
Um den öffentlichen Personennahverkehr zu stärken, wurde der Bahnhof Wiesloch in Baden Württemberg um einen zentralen Omnibusbahnhof erweitert. Der Busbahnhof wurde unmittelbar an den bereits bestehenden Fußgängersteg über die Gleise angeschlossen. Die 103 Meter lange und zehn Meter breite Dachkonstruktion, eine Stahlkonstruktion mit vorgespanntem Membrandach, zwei Pylonen mit einer Länge von ca. 27 Metern und 28 Edelstahlseilen mit einer Länge von 17 bis 46 Metern, wurde in Zusammenarbeit der beiden Unternehmen Taiyo Europe GmbH (Membrane) und Zeman (konstruktiver Stahlbau) errichtet. Das rund 85 Tonnen schwere Stahltragwerk wurde im Stile einer Schrägseilbrücke konzipiert. Die größte Herausforderung war die Montage des Dachs für die wegen der Nähe zum Gleiskörper nur bestimmte Zeitfenster vorgesehen waren. Zeman erarbeitete ein Konzept, bei dem jeweils eine Hälfte des Dachtragwerkes einerseits am Dach des Parkhauses und andererseits auf einer angrenzenden Grünfläche neben der parallel zur Gleisführung laufenden Straße komplett zusammengebaut wurde. Durch die Montage auf Bodenniveau konnten sowohl die Montagedauer als auch die risikoreichen Arbeiten über den Gleisen entschieden reduziert werden. Zahlreiche logistische Vorbereitungen sowie etliche Sicherheitsvorkehrungen mussten in die Wege geleitet werden, bevor mit dem eigentlichen Einheben begonnen werden konnte. Rund drei Monate nach Projektbeginn konnte Ende Mai 2012 ein 500-Tonnen-Kran das erste Teilstück über den zentralen Omnibusbahnhof heben. In einer zweiten Nachtaktion galt es, den zweiten Teil der Membrandachkonstruktion 50 Meter über die Gleise zu manövrieren und genau über dem Bahnsteig an das vormontierte Schwesternstück zu setzen. Der Kran hob das Membrandach zuerst parallel zu den Gleisen, drehte es um 90 Grad und ließ es Stück für Stück tiefer in Richtung Parkhaus schweben, wo es zu liegen kam.
- Projektbeginn: März 2012
- Projektende: Juni 2012
- Auftraggeber: Stadt Wiesloch
- Stahltragwerk: 85 Tonnen
- Auftragsvolumen: 600.000 Euro