In der Rubrik »Fragen an die Politik« haben Vertreter der Bau- und Immobilienbranche die Möglichkeit, konkrete Fragen an Politiker zu formulieren. In der aktuellen Folge kommen Felix Friembichler, Geschäftsführer der Vereinigung der österreichischen Zementindustrie, und Manfred Gaulhofer, Geschäftsführer der Gaulhofer Industrie Holding, zu Wort. Gerichtet wurden die Fragen an Vizekanzler Michael Spindelegger und Umweltminister Niki Berlakovich.
Thema: Export
Manfred Gaulhofer, Geschäftsführer der Gaulhofer Industrie Holding:
»Österreichs Baustoffindustrie genießt international hohes Ansehen. Vor allem die Fenster- und Türenhersteller sind in ihren Sektoren europaweit führend. Mit durchschnittlichen Exportraten von weit über 30 % sind sie einerseits Leistungsträger der österreichischen Exportbilanz, andererseits aber auch von der Wirtschaftskrise in vielen Staaten besonders betroffen. Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um die Exportchancen österreichischer Unternehmen zu stärken?«
Michael Spindelegger, Vizekanzler & Außenminister:
»Durch unsere EU-Mitgliedschaft und aktives Eintreten für eine EU-Integration der Staaten in Ost- und Südosteuropa hat Österreich schon vor Jahren die bestmöglichen Voraussetzungen für die heimische Exportwirtschaft geschaffen. Aufgrund der Wirtschaftskrise versuchen exportorientierte Unternehmen aber auch jenseits des – nach wie vor wichtigen – europäischen Binnenmarktes ihre Chancen zu nützen.
Bis zu 90 % des globalen Wachstums werden in Zukunft außerhalb Europas generiert; hier bieten sich für österreichische Qualitätsprodukte neben dem nach wie vor sehr wichtigen EU-Binnenmarkt neue Absatzmärkte. Denn schon jetzt sind Länder außerhalb der EU wie China, Russland, Brasilien, die Ukraine, Indien oder die Vereinigten Arabischen Emirate wichtigere Exportpartner als manche europäische Staaten.
Daher unterstütze ich die Bestrebungen zur Liberalisierung des Welthandels. Die EU hat bereits Freihandelsabkommen mit Kolumbien, Peru, Singapur und Südkorea abgeschlossen. Verhandlungen mit Kanada stehen vor dem Abschluss und mit Japan wurden solche vor kurzem aufgenommen.
Freihandelsverhandlungen mit den USA sollen noch diesen Sommer beginnen.
Wir sind aber auch bemüht, der heimischen Wirtschaft den Weg in Wachstumsmärkte zu ebnen, wo sich die EU noch nicht um Handelserleichterungen bemühen konnte. Angesichts der beeindruckenden Wachstumsprognosen für Afrika habe ich etwa im April ein bilaterales Investitionsschutzabkommen mit Nigeria unterzeichnet, das österreichischen Investoren zugutekommen soll. Solche Abkommen gelten allgemein als Handelskatalysatoren. Auch mit unserem Netz von österreichischen Botschaften weltweit stehen wir gerne bereit, heimische Unternehmen zu unterstützen, neue Exportchancen zu finden.«
Thema: Emissionsrichtlinie
Felix Friembichler, Geschäftsführer der Vereinigung der österreichischen Zementindustrie:
»Die Umsetzung der Industrieemissionsrichtlinie durch Österreich betrifft die Österreichische Zementindustrie mehrfach: Zum einen aufgrund des Tatbestands der Herstellung von Zementklinker und zum anderen aufgrund der Mitverbrennung von Abfällen zum Schutz natürlicher Ressourcen. Die Umsetzung dieser EU-Richtlinie erfolgt nun national nicht einheitlich, sondern mit zwei Gesetzen im Zuständigkeitsbereich des Lebensministeriums (WRG, AWG), drei Gesetzen im Zuständigkeitsbereich des Wirtschaftsministeriums (GewO, EG-K, MinroG) sowie mindestens neun weiteren Landesgesetzen. Dabei werden für die Industrie höchst relevante Regelungsbereiche wie die Erstellung von Boden- und Grundwasserzustandsberichten überlappend und mit wesentlichen Unterschieden im Detail umgesetzt. Wann ist die Zusammenführung dieser zersplitterten Regelungslandschaft in ein einheitliches Anlagengesetz geplant?«
Niki Berlakovich, Umweltminister:
»Die österreichischen Anlagen zur Zementerzeugung verwerten Abfälle im Rahmen der Mitverbrennung. Die relevanten Emissionen in die Luft werden in diesem Fall ausschließlich im Regime des AWG 2002 und der Abfallverbrennungsverordnung geregelt. Dies gilt auch für das Genehmigungsregime und die Umweltinspektionen. Für Anlagen zur Zementerzeugung sind IPPC-Landesanlagengesetze nicht anwendbar. Auch die IPPC-Bestimmungen des EG-K, der GewO oder des MinroG gelten nicht. Für eine IPPC-Tätigkeit gilt grundsätzlich immer nur ein Regelungsregime. Bei der Vorbereitung der Gesetzgebung für die Umsetzung der Richtlinie 2010/75/EU über Industrieemissionen wurde vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft in enger Abstimmung mit dem Wirtschaftsressort, das für die Gewerbeordnung, das Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen und das Mineralrohstoffgesetz zuständig ist, vorgegangen.
In fast allen wichtigen Bereichen sind die Regelungen in den bisher entweder als Regierungsvorlage oder als Begutachtungsentwurf vorliegenden Entwürfen (Novellen zum Abfallwirtschaftsgesetz 2002, zum Wasserrechtsgesetz 1959 oder Gewerbeordnung 1994) inhaltlich weitgehend übereinstimmend. In einigen Bereichen, beispielsweise beim Umweltinspektionsplan des Bundes, ist Vereinheitlichung gelungen. Aber auch die Implementierung in der Praxis soll einheitlich erfolgen. Für den wichtigen Bereich der Umweltinspektionen, die für IPPC-Anlagen verpflichtend eingeführt werden, arbeitet eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe beispielsweise an einheitlichen Bewertungsmaßstäben für die systematische Beurteilung der Umweltrisiken der einzelnen Anlagen und der darauf basierenden Intervalle für die Vor-Ort-Besichtigungen. Auf dieser Grundlage erfolgt dann die Festlegung der Umweltinspektionsprogramme durch die Länder.
Eine weitergehende Vereinheitlichung wäre wünschenswert, allerdings gibt es gerade bei IPPC-Anlagen auch Bereiche, die der Zuständigkeit der Länder unterliegen (z.B. Intensivtierhaltungsanlagen). Im Zuge beispielsweise der Diskussionen zum Verfassungskonvent waren auch Kompetenzbereinigungen zugunsten einer einheitlichen Regelung auf Bundesebene im Bereich der IPPC-Anlagen angedacht, letztlich scheint eine weitere Vereinheitlichung des Anlagenrechts aber nur im Zuge einer größeren Verfassungsreform möglich.«