In jahrelanger Kleinarbeit hat Saint Gobain-Manager Robert Schild seine Wohnung in einem Wiener Mehrfamilienhaus aus den 1960er-Jahren auf Passivhaus-Standard getrimmt.
Vor allem schnell und kostengünstig war die Bauweise in den 1960er-Jahren. So sollte in Wien möglichst rasch neuer Wohnraum geschaffen werden. Dabei wurden Aspekte wie Wärmedämmung und effiziente Heizungs- und Anlagetechnik stark vernachlässigt. Doch die Anforderungen an den Wohnbau haben sich in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert. Klimawandel und steigende Energiepreise rückten das Thema Energieeffizienz und damit auch die thermischen Sanierung in den Vordergrund.
Mit Problemen wie kalten Wandoberflächen, der hohen Temperatur der Raumluft, Wärme- und Schallbrücken sowie Zugluft war auch Robert Schild, Habitat Manager Generaldelegation Mitteleuropa bei Saint Gobain, in seiner Wohnung im 21. Wiener Gemeindebezirk konfrontiert. Die Wohnung in einem ungedämmten Wohngebäude in massiver Ziegelbauweise aus dem Jahr 1962 musste Jahre lang über einen Gaskonvektor mit Außenwandanschluss beheizt werden. Mit dem Ziel der energetischen Modernisierung versuchte Schild die anderen Eigentümer von einer Sanierungs-Gesamtlösung zu überzeugen. Als diese aufgrund unterschiedlicher Interessen nicht zustande kam, beschloss er 2010 seine vier Wände auf eigene Kosten als Einzelprojekt auf Passivhaus-Standard zu revitalisieren.
Paradox der Innendämmung
Da eine außenseitige Dämmung in diesem Fall nicht möglich war, wurde innen gedämmt. Dadurch sollten zum einen die Wärmeverluste über die Wände und zum anderen die Aufwärmzeiten der Räume deutlich reduziert werden. Um dem Passivhaus-Standard gerecht zu werden, musste die Dämmdicke von 5 bis 10 cm auf 25 bis 30 cm ausgeweitet werden. Geeignete Konstruktionen für kondensatfreie und wärmebrückenreduzierte Details mussten dafür vielfach erst entwickelt werden. Insgesamt wurde die Wohnfläche so von 77 qm² auf 70 qm² verkleinert. „Das Paradox ist, dass Verringerung der Wohnfläche durch die Innendämmung eigentlich einen Raumgewinn darstellt. Denn aufgrund der kalten Wände konnten die Räume vorher nicht voll ausgenützt werden“, erklärt Robert Schild.
Schwachstellen kompensiert
Die thermischen Schwachstellen, wie Fenster und Türen wurden mit höherwertigen Komponenten kompensiert. So wurde beispielsweise die Wohnungstür durch eine Passivhaus-Hauseingangstür ersetzt oder die Fenster auf der Nordseite der Wohnung mit Kastenfenstern bestehend aus zweifacher Verglasung plus innenliegender Dreifachscheiben-Verglasung ausgestattet.
Heizung und Warmwasserbereitung erfolgen mit kontrollierter Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung und Luft-Wasser-Wärmepumpe als Kompaktgerät. Der zusätzliche Strombedarf soll zukünftig mit Hilfe einer 2-kW-PV-Anlage abgedeckt werden. Der Gesamtenergieverbrauch für Heizung, Lüftung, Kühlung, Warmwasser und Rebound beträgt nun nach der Sanierung etwa 40 kWh/m²a.
Teures Energiesparen
Durch den Ausbau der Wohnung in Passivhaus-Standard stiegen die Investitionen im Vergleich zu den ohnehin notwendigen Sanierungsmaßnahmen um rund 60 Prozent. Der Bauherr selbst beschreibt die Kosten für die Sanierung als „sehr günstig“. „Da das Haus in den 1960er-Jahren gebaut wurde und die Renovierung der Wohnung sowieso anstand, ist es egal ob ich pro Fenster 200 Euro mehr zahle“, so Schild. Schließlich rechne sich die Investition langfristig auch durch Komfort und Nachhaltigkeit. Förderungen wie der Sanierungsscheck seien für Schild nicht praktikabel gewesen, das dieser mit 1200 Euro Förderung relativ gering sei und die Fertigstellung der Sanierungsarbeiten innerhalb eines Jahres verlange. Außerdem würde eigentlich nur die Außendämmung gefördert. „Folgender Satz trifft leider immer noch zu: Energiesparen muss man sich leisten können.“