Freitag, November 22, 2024
"Wenn der Wohnbau nicht angekurbelt wird, sind massive Auftragsrückgänge für die Bauwirtschaft unausweichlich - die Finanzkrise wird Büro- und Wirtschaftsbauten treffen" ist Winfried Kallinger, Sprecher der Bauträger im Fachverband der Immobilientreuhänder der WKÖ, überzeugt.

Die weltweite Finanzkrise dürfte die Nachfrage nach neuen Bürostandorten und Betriebsansiedlungen in Wien auf längere Zeit erheblich negativ beeinflussen, gleichzeitig ist laut Kallinger aber damit zu rechnen, dass es eine ungebrochene Nachfrage nach preisgünstigem Wohnraum geben würde. Wohnbaugeförderte Projekte, die derzeit am Markt angeboten werden, seien auch bei den gewerblichen Wohnbauträgern geradezu "überbucht". "Maßnahmen der Infrastruktur sind zweifellos ein geeignetes Mittel, um der Bauwirtschaft bei den zu erwartenden Umsatzeinbrüchen zu helfen - sie greifen aber nicht so rasch, weil sie eine längere Vorlaufzeit brauchen und schwerer zu finanzieren sind. Gerade in Wien gibt es aber genug Liegenschaftsreserven, die durch differenzierte Widmungsmaßnahmen relativ rasch und einfach dem Wohnbau zugeführt werden könnten", meint Kallinger. Wenn Stadtplanung, Baupolizei, Wohnfonds Wien und Förderungsstellen zügig miteinander kooperieren, könnten die ohnedies geplanten Wohnbauförderungsprogramme schneller umgesetzt oder sogar ausgeweitet werden. Damit wäre laut Kallinger insbesondere dem Hochbau, den gewerblichen Baufirmen und dem Baunebengewerbe gedient, weil der großvolumige Büro- und Wirtschaftsbau wohl auf längere Zeit nicht mit Expansion, sondern mit Rückgang wird rechnen müssen.

Als konkrete Maßnahmen schlägt Kallinger unter anderem eine Durchforstung von Brachflächen der Bauland-Widmungskategorie Betriebsbaugebiet vor. "Diese ungenutzten Flächen sollen differenziert und in Abstimmung mit realistischen Betriebsansiedlungsprogrammen ergänzender Wohnnutzung zugeführt werden können", sagt Kallinger. Ein Nebeneffekt wäre auch eine städtebaulich und sozial wünschenswerte Durchmischung brachliegender Gebiete. Weiters fordert Kallinger städtebauliche Verdichtungsmaßnahmen im Bereich von Siedlungsgebieten mit dem Ziel,  Reihenhaus- und Einzelbebauungen stärker durch homogenere Siedlungsformen mit besserer Baulandnutzung zu ergänzen. Weiters fordert Kallinger die Einführung einer Widmungskategorie „geförderter Wohnbau“ in Stadterneuerungs- und Stadtentwicklungsgebieten, beschränkt auf mehrgeschossige Bebauung mit dem Ziel, dass Baubewilligungen nur dann erteilt werden dürfen, wenn nachgewiesen wird, dass an der Errichtung des Baues, insbesondere durch Einhaltung von Angemessenheitsgrenzen bei den Grundstückskosten, ein öffentliches Interesse gegeben ist.

Maßnahmen der Finanzierung
Die restriktive Vergabe von Baudarlehen auch im Bereich wohnbaugeförderter Projekte durch Banken sieht Kallinger „völlig unverständlich, da solche Projekte nicht nur ein ungewöhnlich niedriges Risiko bieten, sondern auch mehr als alle anderen Projekte konjunkturpolitischen Zielsetzungen entgegen kommen und sinnvolle Nachfrage gerade in schwächeren wirtschaftlichen Zeiten befriedigen können“. Durch zusätzliche staatliche Förderungs- oder Sicherungsmaßnahmen sollte daher erreicht werden, dass insbesondere der Rückgang bei den von Wohnbaubanken emittierten Anleihen aufgehalten wird. Auch an Basel II lässt Kallinger kein gutes Haar. Die Durchfinanzierung von wohnbaugeförderten Bauprojekten mit Förderungsdarlehen, Kapitalmarktdarlehen und Mieterfinanzierungsbeiträgen bedeute durchwegs Fremdmittel oder fremdmittelähnliche Finanzierungsmittel. "Das ist realitätsfremd und formalistisch ohne in Wirklichkeit erhöhte Sicherheit zu bieten." Der hohe Durchfinanzierungsgrad bedeute nominell zwar einen geringen im Projekt steckenden Eigenmittelanteil, in Wahrheit bestehe aber erhöhte Sicherheit durch die begünstigten Förderdarlehen und die eingebrachten Finanzierungsbeiträge, die niedrigst verzinst, bzw. unverzinst die Nutzerkonditionen deutlich unter das allgemeine Marktniveau senken. Die Konsequenz trotzdem verschlechterter Zinskonditionen wegen des hohen nominellen Fremdkapitalanteiles ist laut Kallinger daher nicht gerechtfertigt. „Förderungsdarlehen und Mieterfinanzierungsbeiträge sollen uneingeschränkt als Eigenkapitaläquivalente anerkannt werden und zwar sowohl aus der Sicht der Projektfinanzierung als auch in bilanzieller Hinsicht.“

Kallinger schätzt, dass in Wien durch Aktivierung brachliegender und ungenutzter Baulandflächen ad hoc Projekte für etwa 500 bis 1000 Wohnungen in Schwung gebracht werden könnten: „Das würde immerhin einen kurzen Investitionsschub von bis zu 130 Millionen Euro auslösen.“

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