Für die Baumaschinenhersteller lief 2010 nicht so schlimm wie erwartet, aber auch nicht gerade gut. Die Talsohle scheint zwar durchschritten, das Vorkrisenniveau wird aber noch für lange Zeit unerreichbar bleiben. Die Vorreiter der Branche mausern sich immer mehr zu Dienstleistern und liefern Lösungen mit echtem Mehrwert.
Die Krise hat die Baumaschinenbranche hart getroffen. Um bis zu 60 Prozent ist der Markt in Europa eingebrochen. In den ehemaligen Boomländern Rumänien und Bulgarien lagen die Rückgänge sogar bei 85 Prozent. Österreich konnte sich ebenso wie Deutschland angesichts dieser paneuropäischen Entwicklung ganz gut halten. Am Höhepunkt der Krise im Jahr 2009 lag der durchschnittliche Umsatzrückgang bei rund 35 Prozent. 2010 war für die Branche immer noch ein schwieriges Jahr, ist aber bei den meisten Herstellern besser gelaufen als befürchtet. Vor allem die großen Player sind mit einem blauen Auge davon gekommen. Stefan Kuhn, Geschäftsführer von Kuhn Baumaschinen, berichtet von einem Umsatzplus von fünf Prozent, Zeppelin konnte laut Geschäftsführer Friedrich Mozelt rund sieben Prozent zulegen. Etwas zurückhaltender bezüglich konkreter Zahlen gibt man sich bei Liebherr, die Rede ist aber von einem »vernünftigen Ergebnis 2010« und einem »Ausbau der führenden Marktposition«. Thomas Schmitz, Geschäftsführer von Volvo Baumaschinen Österreich, spricht von 2010 als »einem sehr spannenden Jahr, das nach einem verhaltenen Start durchaus als zufriedenstellend zu bezeichnen ist«. Sehr heterogen ist 2010 in Hinblick auf die verschiedenen Gerätetypen gelaufen. Während etwa Baggerlader, Kompaktlader, Minibagger und Grader weitere Einbußen hinnehmen mussten, konnten Radlader, Mobilbagger und Raupenbagger wieder Zuwächse verzeichnen, wie MAWEV-Präsident Ferdinand Beringer berichtet.
Faktor Dienstleistung
Wie in vielen anderen Branchen hat die Krise auch die Baumaschinenhersteller zu einem Umdenken gezwungen und einen Paradigmenwechsel eingeläutet. Mit guten Produkten alleine ist heute kein Staat mehr zu machen. »Es genügt dem anspruchsvollen Kunden nicht mehr, nur ein Top-Gerät zu kaufen, sondern er legt auch Wert auf eine garantierte Minimierung von Stillstandszeiten durch optimales Service und ausgefeilte Ersatzteillogistik. Darüber hinaus erwartet er sich Unterstützung in der Finanzierungsberatung und Full-Service-Angebote«, weiß MAWEV-Präsident Beringer. Und auch die Hersteller sehen den Faktor Dienstleistung auf der Überholspur. »An der Bereitschaft eines Unternehmens, außerordentliche Leistungen im After-Sales-Bereich anzubieten, misst der Kunde heute seine Lieferanten. Wir verstehen uns in erster Linie als professioneller Anbieter von Dienstleistungen, was von unseren Kunden als wertvolle Begleiterscheinung zu technisch hochwertiger Qualität erkannt und geschätzt wird«, sagt Volvo-Chef Schmitz.
Bei Zeppelin gilt der Servicebereich als absolutes Zukunftsthema und Differenzierungsmerkmal zum Wettbewerb. Bereits mehr als 50 Prozent der Mannschaft sind im Dienstleistungssektor tätig. Folgerichtig bezeichnet man sich selbst auch als »Dienstleistungsbetrieb«. Als willkommene Möglichkeit, die mit Krisenbeginn in den Keller gerasselten Preise wieder auf ein vernünftiges Niveau zu heben, taugen die zusätzlichen Dienstleistungsangebote aber nur bedingt. »Es ist vielmehr eine absolute Notwendigkeit«, sagt Zeppelin-Chef Mozelt. Der Trend geht weiter in Richtung Partnerschaften und Komplettanbieter. Der Stammkundenanteil wächst kontinuierlich an und liegt bei vielen Herstellern schon bei 80 Prozent. Die Kunden wollen alles aus einer Hand mit so wenigen Ansprechpartnern wie möglich – von der Miete bis zum Verkauf, von der Leasingmaschine bis hin zu Ersatzteilen. Im Idealfall sorgt der Hersteller gleich auch noch für die Finanzierung. So werden etwa bei Caterpillar schon mehr als 50 Prozent aller Finanzierungen über die hauseigene Cat Financial Services GmbH abgewickelt.
Umwelt & Mehrwert
Eine der zentralen Herausforderungen für die gesamte Branche ist die Umsetzung der neuen Motorabgasnormen. Fast alle Hersteller arbeiten fieberhaft daran, die strengen gesetzlichen Rahmenbedingungen zu erfüllen. Deshalb ist 2011 auch mit einer wahren Flut an neuen Lösungen zu rechnen, nicht nur bei Neu-Produkten, sondern auch am Gebraucht-Maschinenmarkt. Darunter sind auch echte Produktinnovationen wie etwa der Hybridbagger PC200-8 von Komatsu, die weltweit erste Baumaschine mit Hybridantrieb.
Eine weitere Herausforderung sehen die Hersteller in Lösungen, die dem Kunden einen echten Mehrwert bieten. So liefert die Komtrax-Technologie von Komatsu sämtliche Einsatzparameter einer Maschine über eine kabellose Verbindung auf eine passwortgeschützte Internetseite, wo Daten wie Betriebsstunden, Kraftstoffverbrauch, Standort und Maschinennutzung zu Analysezwecken abgerufen werden. Ein ähnliches System bietet Volvo mit »CareTrack«, das den Maschinenbesitzer mit technischen sowie sicherheitsrelevanten Informationen versorgt. Ebenfalls von Volvo kommt mit OptiShift ein neu entwickelter Antriebsstrang für große Radlader, der deutliche Treibstoffeinsparungen ermöglichen soll.
>> Ein Blick über die Grenze:
In Deutschland verzeichneten die Händler und Vermieter von Baumaschinen, Baugeräten, Flurförderzeugen und Arbeitsbühnen nach den teilweise drastischen Umsatzeinbußen 2009 im Jahr 2010 einen Umsatzzuwachs von gut acht Prozent. Auch die Erwartungen für das laufende Jahr sind dank der positiven Vorhersagen für die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland durchaus optimistisch. Allzu hohe Wachstumserwartungen sind laut Bundesverband der Baumaschinen-, Baugeräte- und Industriemaschinenfirmen (BBI) aber unangebracht. Laut BBI sollte sich vor allem die Nachfragebelebung aus der Industrie positiv in den Umsätzen niederschlagen. Auch Wohnungs- und Wirtschaftsbau werden voraussichtlich Zuwachsraten aufweisen. Der Nachfrage aus dem gesamten Bereich des öffentlichen Baus wird dagegen wenig Wachstumspotenzial zugemessen. Die Baumaschinenhändler erwarten demnach 2011 im Durchschnitt ein Umsatzwachstum von fünf Prozent. Etwas stärker könnte das Plus laut BBI bei den Baumaschinenvermietern ausfallen.
>> Die Erwartungen der Branche an das Jahr 2011:
Ferdinand Beringer, Präsident Verband Österreichischer Baumaschinenhändler MAWEV: »Wahrscheinlich werden wir 2011 die Talsohle durchschreiten und mit einem ähnlichen Ergebnis wie in 2010 abschließen, also mit einer schwarzen Null das Auslangen finden müssen. Ab 2012, gewissermaßen mit Start der MAWEV Show 2012, rechnen wir mit einem spürbaren Aufschwung. Letztlich wird der Markt seinen Nachholbedarf an maschinellen Investitionen tätigen müssen!«
Thomas Schmitz, Geschäftsführer Volvo Baumaschinen Österreich: »2011 wird genauso herausfordernd, wie 2010 war und wie die nächsten Jahre sein werden. Allerdings ermutigt uns das starke Kundeninteresse, mit gedämpftem Optimismus in die Zukunft zu schauen. Effiziente politische Unterstützung ist jederzeit willkommen und kann sicherlich dazu beitragen, langfristig Arbeitsplätze zu sichern. Kurz- und mittelfristig wird sich die Branche aber darauf einstellen müssen, in immer kürzeren Planungszeiträumen zu denken, um so flexibel wie möglich auf die unterschiedlichen Anforderungen des Marktes reagieren zu können.«
Stefan Kuhn, Geschäftsführer Kuhn Baumaschinen: »Aus heutiger Sicht ist nicht davon auszugehen, dass 2011 viel besser wird als 2010. Wir rechnen in Österreich und Osteuropa mit einem leichten Umsatzplus, allerdings von einem immer noch bescheidenen Niveau kommend. Die größte Herausforderung heuer und in den Folgejahren wird sein, den brutalen Preiskampf zu überstehen.«
Johann Kreuzberger, Marketing-Leiter Liebherr: »Die WIFO Prognosen erwarten für die Jahre 2011 bis 2015 in Österreich ein jährliches Wirtschaftswachstum von rund 2,2 Prozent. Gleichzeitig wird die Bauwirtschaft die Auswirkungen der Budgetbegleitgesetze mit Kürzungen in der Altlastensanierung, im Siedlungswasserbau, bei ÖBB und ASFINAG zu spüren bekommen. Deshalb erwarten wir für 2011 ein spannendes Jahr, in dem Kontinuität gefragt ist.«
Friedrich Mozelt, Geschäftsführer Zeppelin Österreich: »Wir erwarten im Jahr 2011 einen weiteren Umsatzanstieg im hohen einstelligen Bereich. Allerdings sind wir dann immer noch rund 15 Prozent unter dem Niveau von 2008, das zugegeben ein absolutes Superjahr war. Man kann auch auf dem Niveau von 2005/06 sehr gut leben. Aber natürlich werden wir versuchen, die Umsätze mit einem erweiterten Angebot wieder zu steigern.«