Am 20. Oktober diskutierten prominente Vertreter aus Wirtschaft und Politik im Palais Niederösterreich über die zukünftigen Heraus- forderungen und Chancen für die Bauwirtschaft. Im Mittelpunkt des Interesses: Die Finanzierung.
Zum bereits achten Mal veranstaltete der Bau & Immobilien Report die Enquete „Chance Hochbau“. Im Rittersaal des Palais Niederösterreich in Wien nutzten zahlreiche Entscheidungsträger aus der Baubranche die Möglichkeit, sich auszutauschen und über neue Entwicklungen zu informieren. Dabei wurde vor allem das Thema „Finanzierung“ heiß diskutiert.
Als Einstieg in die Veranstaltung lieferte Bundesinnungsmeister Hans-Werner Frömmel einen Überblick über die aktuelle Lage der Bauwirtschaft und präsentierte konkrete Maßnahmen zur Ankurbelung der Baukonjunktur. Frömmel forderte fiskalische Anreize zur Mobilisierung von Privatkapital und eine „bedarfsorientierte Zweckbindung der Wohnbauförderung“. Viel Zustimmung erntete Frömmel für den Hinweis auf das „deutliche Missverhältnis von Objekt- und Subjektförderung“ zu Lasten des Wohnungsneubaus und die Forderung an die öffentliche Hand, zugesagte Investitionen für ÖBB und Asfinag nicht unter dem Deckmantel der Budgetkonsolidierung zurück zu nehmen. Weiters betonte Frömmel die Wichtigkeit von Winterbauoffensiven wie in der Steiermark und einer Neuauflage des Sanierungsschecks für die Thermische Sanierung.
In der anschließenden Podiumsdiskussion trafen die Vertreter der Bauwirtschaft auf die Politik. Der grüne Gemeinderat Christoph Chorherr vertrat die Meinung, dass „die Bauwirtschaft „bessere Regularien braucht“. Außerdem bekräftigte er seine Forderung nach zwingenden Vorgaben für Sanierungsmaßnahmen. Die niederösterreichische Landtagsabgeordnete Michaela Hinterholzer verwies auf die rege Bautätigkeit des Landes Niederösterreich, die in vielen kleinen und mittleren Betrieben zahlreiche Arbeitsplätze sichert. Josef Schmidinger, Generaldirektor der sBausparkasse, forderte nachhaltige Bauinvestitionen und kritisierte die steigenden Grundstückspreise. Diese seien eine direkte Folge der Krise, weil die an sich sinnvolle Überlegung „Grundbuch statt Sparbuch“ zahlreiche Spekulanten auf den Plan gerufen hätte.
Da die Bereitstellung von günstigen Bauland für den geförderten Wohnbau zumeist nur noch durch Umwidmungen erreicht werden kann, regte Stephan Jainöcker, Geschäftsführer Mischek Bauträger, an, von den Widmungsgewinnern eine Abgabe einzuheben, um damit die erforderlich Infrastruktur finanzieren zu können.
Franz Hammerschmid, Leiter des Fachbereichs Schiene im BMVIT, bedauerte schließlich, dass in der öffentlichen Diskussion um die Investitionspolitik von ÖBB und Asfinag „oftmals die Vernunft fehlt“.
Heute für Morgen
Der Startschuss für den zweiten Themenblock lieferte der Wiener Planungsstadtrat Rudi Schicker mit einem Überblick über die derzeitigen Stadtentwicklungsprojekte vom Hauptbahnhof über die größte Passivhaussiedlung Europas bis zur Seestadt Aspern. Außerdem strich Schicker den vorbildhaften Umgang der Stadt mit den Mitteln aus der Wohnbauförderung hervor, wofür es auch prompt Lob von Carl Hennrich, Geschäftsführer des Fachverbands Steine-Keramik, gab. Hennrich forderte die restlichen Bundesländer auf, dem Wiener Beispiel zu folgen, um den sozialen Frieden durch ausreichend neuen Wohnraum dauerhaft zu sichern. „Dafür müssen jetzt die Weichen gestellt werden“, betonte Hennrich. Josef Muchitsch von der Gewerkschaft Bau Holz sprach vom angestrebten Imagewandel der Baubranche weg vom „Betonieren hin zu Green Jobs“ und erklärte einmal mehr, dass nachhaltiges Bauen nicht zwingend die Baukosten erhöhen müsse.
Rockwool-Geschäftsführer Franz Böhs formulierte mit der Unabhängigkeit von Energieimporten ein ehrgeiziges Ziel für Österreich, das nur über eine Steigerung der Sanierungsrate von derzeit 1% auf 3% erreichbar sei.
Auch Robert Jägersberger, Landesinnungsmeister der NÖ Bau-Gewerbebetriebe, sprach sich für eine Stärkung der Sanierung und die Wiedereinführung des „Sanierungsschecks“ aus. Denn 70 Prozent müssten durch Förderungen zur Sanierung ihres Eigenheims motiviert werden, zitierte Jägersberger eine aktuelle Karmasin-Studie.
Gerhard Schenk, Geschäftsführer des Facility Managers HSG Zander, kritisierte das immer noch kurzfristige Renditedenken bei der Immobilienentwicklung und forderte ein Umdenken in Richtung Lebenszykluskosten. Das war das Stichwort für Harald Greger, Geschäftsführer des Aluminium Fenster Instituts AFI, der die Langlebigkeit von Aluminiumfenster hervorhob und Stadtrat Schicker eine Empfehlung an Wiener Wohnen mitgab, diesen Materialvorteil auch im Gemeindebau zu nutzen.
Danksagung
Dass die Enquete „Chance Hochbau“, die als Schnittstelle zwischen Politik und Wirtschaft eine lange Tradition vorweisen kann, auch in wirtschaftlich weniger erfreulichen Zeiten stattfinden kann, ist der tatkräftigen Unterstützung der Partner und Sponsoren zu verdanken, darunter die Bundesinnung Bau, der Fachverband Steine-Keramik, die Gewerkschaft Bau Holz, die Strabag, das Aluminium Fenster Institut AFI, HSG Zander, die Bau!Massiv! Gruppe, Rockwool und die Stadt Wien.