Der österreichische Fenstermarkt bleibt stabil. Mengenmäßig tut sich wenig, Wachstum wird ausschließlich über Mehrwert erzielt. Die Hersteller reagieren mit innovativen Produkten und setzen auf Forschung und Entwicklung. Wenig Hilfe kommt von der Politik. Die bundesweiten Förderaktionen haben dank einer zu geringen Quote lediglich Mitnahmeeffekte generiert, die Hebelwirkung ist ausgeblieben.
Die Fensterindustrie blickt mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf das Jahr 2009 zurück. Denn die Nachfrage nach Fenstern stagniert, und das schon im zweiten Jahr in Folge. 1,5 Millionen Fenster wurden 2009 verkauft, das entspricht einem Plus von 0,6 Prozent gegenüber 2008. In Anbetracht der groß angelegten Förderaktionen der öffentlichen Hand ein sehr bescheidenes Ergebnis. Dafür hat aber der Umsatz respektabel zugelegt, laut Studie von Kreutzer, Fischer und Partner um 6,5 Prozent. Einzelne Unternehmen haben auch diese Latte noch deutlich übersprungen. Branchenprimus Internorm verzeichnete ein Plus von knapp 10 Prozent, gleiches gilt für Actual. Für Josko war das Krisenjahr 2009 mit einem Umsatzplus von 13 Prozent sogar das erfolgreichste Jahr der Firmengeschichte. Bei Stabil Fenster ist der Umsatz um 18 Prozent und bei Rekord Fenster um 23 Prozent hochgeschnellt. Über die Gründe für das Wachstum herrscht weitgehend Einigkeit. »Durch die Verunsicherung am Kapitalmarkt wurde viel in Realgüter investiert«, sagt Josko-Geschäftsführer Karl Wagner. Ganz ähnlich klingt sein Gegenüber von Internorm, Silvio Spiess: »Gerade in der allgemeinen Verunsicherung der Wirtschaftskrise haben sich viele, vor allem private Hausbesitzer dazu entschlossen, in sichere Werte zu investieren, also in das eigene Haus.«
Bei allen Herstellern ist der Umsatz deutlich kräftiger gewachsen als die Stückzahl. Das liegt daran, dass die Kunden nicht mehr, dafür aber bessere Qualität kaufen. Das ist im Nachhinein betrachtet auch der Haupteffekt der Thermischen Sanierungsoffensive des Bundes. »Mengenmäßig hat die Förderaktion nicht das gebracht, was sich die Regierung erhofft hat. Aber diejenigen, die saniert haben, haben zu teureren Produkten gegriffen«, erklärt Andreas Kreutzer und stellt die heilige Kuh der Bauwirtschaft gleich generell in Frage. Denn während die Bau-Pakt-Partner landauf, landab die Fortsetzung der Thermischen Sanierungsoffensive propagieren und dabei immer mehr Unterstützung erhalten, glaubt Kreutzer nicht an die erhoffte Hebelwirkung. »Eine Förderung macht nur dann Sinn, wenn zusätzliches Potenzial erschlossen wird. Das ist aber nicht der Fall«, so Kreutzer. Bei einer Förderquote von unter 30 Prozent ist die Hebelwirkung laut Untersuchungen äußerst gering, erzielt die Förderung lediglich Mitnahmeeffekte. »Damit werden nur diejenigen unterstützt, die ohnehin sanieren wollten, der Wirtschaft bringt das nichts«, sagt Kreutzer. Ideal ist eine Quote von 50 Prozent. Damit werden dann auch Bevölkerungsschichten erreicht, die sich eine Sanierung sonst nicht leisten könnten. Eine echte Hebelwirkung zeigte etwa die Öl-Heizkesselförderaktion im Vorjahr, bei der die Mineralölindustrie den Umstieg auf eine moderne Ölheizung mit 50 Prozent der Investitionssumme förderte. Das Ergebnis: 2009 wurden österreichweit um 85 Prozent mehr Ölheizkessel verkauft als im Jahr zuvor. Nicht nur Manfred Gaulhofer vom gleichnamigen Fensterhersteller hält deshalb »eine deutliche Ausweitung der Förderung für sinnvoll«.
Förderaktion nicht mehr als Krümel
Von einer Förderquote von 50 Prozent ist man in der thermischen Sanierung weit entfernt, lediglich 15 Prozent der Gesamtkosten wurden im Vorjahr gefördert. »Damit erleichtern wir nur den Verkäufern das Verkaufen«, sagt Kreutzer. Es gelingt aber nicht, den sozial Schwachen dabei zu helfen, ihre Energiekosten zu senken. »Und im Winter stecken wir dann wieder jede Menge Geld in Heizkostenzuschüsse«, kritisiert Kreutzer und appelliert an die Bau-Pakt-Partner, sich nicht länger mit Krümeln abspeisen zu lassen.
Dass die Förderaktion von der Bauwirtschaft allgemein und speziell von den Fensterherstellern dennoch durch die Bank als sehr positiv beurteilt wird, hat vor allem psychologische Gründe. Zu Beginn der Krise stand der gesamten Branche der Angstschweiß auf der Stirn. Gerechnet wurde mit dem Schlimmsten. Da war jeder Strohhalm willkommen. Und die Förderaktion hat zumindest diejenigen bei der Stange gehalten, die Sanierungen geplant hatten. Die Fördergelder wurden fast zur Gänze in höherwertige Fenster investiert. So erklären sich auch die zum Teil deutlichen Umsatzzuwächse bei gleichzeitig stagnierenden Stückzahlen, denn über Preiserhöhungen alleine ist das Umsatzwachstum nicht darstellbar.
Auch in Zukunft wird der Markt nicht über die Stückzahl, sondern über den Mehrwert wachsen. Deshalb stecken die Unternehmen auch immer Geld in die Forschung. »Forschung und Entwicklung sind Grundpfeiler unseres Erfolges«, sagt etwa Michael Walter, Geschäftsführer des Dachfensterspezialisten Velux, und wandelt dabei auf den Spuren von Firmengründer Villum Kann Rasmussen. Der hat selbst im Laufe der Jahre über 55 Patente angemeldet, von der Kaffeemaschine bis zur Möbelserie. Heute setzt Velux wie die meisten anderen Hersteller auch auf den Megatrend Energieeinsparung. »Wir unterstützen ein Gebäudekonzept, das die Brücke schlägt zwischen niedrigem Energieverbrauch, gesundem und angenehmem Innenklima sowie der Anpassung an die klimatischen Bedingungen des Standortes«, erklärt Walter. Dafür werden im Rahmen eines europaweiten Projekts sechs Modellhäuser in fünf Ländern entstehen, darunter das »Sunlighthouse« im niederösterreichischen Pressbaum. Es wird ab Herbst das erste CO2-neutrale Einfamilienhaus Österreichs sein, mit außergewöhnlich hohem Tageslichtanteil und hohem Wohnkomfort. Konzipiert wurde das Haus in Kooperation mit der Donauuniversität Krems und dem Institut für Baubiologie. Bereits vor der Fertigstellung gab es für das »Sunlighthouse« den Staatpreis für Umwelt- und Energietechnologie.
Auch die anderen Hersteller setzen auf das Thema Energie. Dabei darf aber auch die Ästhetik nicht zu kurz kommen. »Die Kunst besteht darin, Energiesparprodukte nicht nur effizient, sondern auch optisch ansprechend zu gestalten«, erklärt Josko-Marketing-Chef Johann Scheuringer. Derzeit arbeiten die Innviertler an großflächigen Fenstern und Ganzglassystemen, die sich harmonisch in ein Gesamtkonzept einfügen, ebenso an Türen und Zargen, die mit der Wandfläche zu einer Einheit verschmelzen. »Man könnte sagen, wir arbeiten daran, unsere Produkte verschwinden zu lassen«, so Scheuringer.
Die weiteren Trends am Fenstermarkt betreffen die Themen Beschattung, Sicherheit und die einfache bzw. selbsttätige Pflege. Auch die Integration in ein Gebäudetechnik- und Automatisierungssystem gewinnt laut Hersteller weiter an Bedeutung.
Stabile Verhältnisse
Der österreichische Fenstermarkt zeigt sich seit vielen Jahren von einer sehr stabilen Seite. Die Positionen sind bezogen und einzementiert. »Selbst Marktanteilsverschiebungen spielen sich in der Regel nur im Zehntelprozentbereich ab«, weiß Andreas Kreutzer. Vergleiche zwischen den einzelnen Unternehmen sind schwierig und vor allem auf Umsatzbasis wegen verschiedener Geschäftsmodelle nicht seriös. Ein Ranking ist lediglich auf Mengenbasis sinnvoll. Dabei ist Internorm unangefochtener Marktführer, gefolgt von Actual und Josko – beide gleichauf – und Gaulhofer.
Auch viele kleine Betriebe haben sich ihr Stück vom Kuchen gesichert. Im Gegensatz zu den 90er-Jahren gehen Branchenexperten heute auch nicht mehr davon aus, dass die Kleinen über kurz oder lang aus dem Markt gedrängt werden. »Die kleinen Unternehmen sind in der Regel regional sehr gut verankert, meistens inhabergeführt und damit sehr zäh«, berichtet Kreutzer. Nur fünf namhafte Unternehmen sind seit 1990 vom Markt verschwunden, darunter Optima Fenster und der niederösterreichische Hersteller Niederleitner.
Außerdem machen viele kleine Firmen mit innovativen Geschäftsmodellen auf sich aufmerksam. Unter der Dachmarke AluFusion haben sich im Jänner 2008 die fünf Unternehmen Entholzer aus Oberösterreich, Opitz aus Kärnten, Pfisterer aus Salzburg, Rupo aus der Steiermark und Uchatzi aus Niederösterreich zusammengeschlossen, um ihre Marktposition als regionale Hersteller zu stärken. 2009 hat AluFusion einen Umsatz von 13 Millionen Euro generiert, der Gewinn stieg um zwei Prozent.
»Wir punkten vor allem durch die Nähe zum Kunden – wobei gerade die Regionalität für uns ein entscheidender Wettbewerbsvorteil ist«, erklärt Rudolf Pfisterer. Neben der bewussten Positionierung als Premium-Anbieter kann AluFusion auch mit Innovationen und erfolgreichen Nischenprodukten punkten. So werden jedes Jahr etwa 500 Lawinenschutzfenster verkauft, spezielle Hochwasserschutzfenster sollen demnächst präsentiert werden.
nachgefragt...
Bei den führenden Fensterherstellern.
"Was erwarten Sie von 2010/2011?"
Silvio Spiess, Geschäftsführer Internorm: »Wir erwarten, dass der Bereich Neubau in 2010/2011 eher schwierig bleibt und die Nachfrage in der Sanierung auf hohem Niveau bleibt. Insgesamt gehen wir bei Internorm von einer leichten Umsatzsteigerung aus.«
Karl Wagner, Geschäftsführer Josko: »Wir wollen das Josko Partner-Netzwerk weiter verdichten. Derzeit haben wir 105 Josko-Partner, davon 87 in Österreich. Auch den Exportanteil, der sich aktuell auf 8 Prozent beläuft, wollen wir in den zweistelligen Bereich steigern. Der Fokus liegt dabei auf Bayern und Baden-Württemberg sowie auf Tschechien, der Slowakei, Ungarn und der Schweiz.«
Manfred Gaulhofer, Geschäftsführer Gaulhofer: »Ich blicke hoffnungsfroh optimistisch in die Zukunft. Ich gehe davon aus, dass spätestens 2011 die Investitionsbereitschaft der Unternehmen wieder anziehen wird. Dafür wird aber auch eine intelligente Wirtschaftspolitik nötig sein und die Banken müssen sich bei der Finanzierung etwas bewegen.«
Michael Walter, Geschäftsführer Velux: »In Österreich sind wir vorsichtig optimistisch. Im Renovierungsmarkt gibt es nach wie vor viel Potenzial. Hier erwarten wir vor allem bei unserem neuesten Produkt, dem solarbetriebenen Dachflächenfenster, eine verstärkte Nachfrage.«
Dieter Manz, Geschäftsführer Stabil: »Wir wollen uns mit den Kernwerten der Leistungsführerschaft noch deutlicher am Markt positionieren. Über die Etablierung neuer Vertriebswege wollen wir zudem Marktanteile gewinnen.«
Anton Santner, Leiter Franchise Zentrale Rekord Fenster: »Die Entwicklungen in den ersten Monaten 2010 lassen uns auf ein weiteres gutes Jahr hoffen. Wir halten zur Zeit bei einer Umsatzsteigerung von 30 Prozent zum Vergleichszeitraum Januar bis Mai 2009.«
Ingo Ganzberger, Geschäftsleitung Actual: »Die Anzeichen für 2010 sind positiv. Der Auftragseingang liegt um 14 Prozent höher als 2009. Außerdem suchen wir neue Vertriebspartner sowohl in Österreich als auch in den Exportregionen Deutschland, Italien, Ungarn, Schweiz und Slowenien.«