Energieeffiziente Wohnbauten sind längst Standard. Jetzt halten umweltfreundliche Technologien auch in Bürogebäuden Einzug. Als Gegenwert winken geringere Betriebskosten, mehr Nutzerkomfort und dadurch höhere Mietpreise. Von Raimund Lang.
Das Wohnhaus als nachhaltiges Green Building gehört heute schon fast zum guten Ton. Zunehmend koloriert die Trendfarbe Grün auch gewerbliche Bauten. Ausgebremst wird sie dabei nur zuweilen vom mahnenden Rot des Sparstiftes. Es gibt jedoch einige gute Gründe, in energieeffiziente Bürogebäude zu investieren. Sie reichen vom Wunsch, sich als zeitgemäßes, umweltfreundliches Unternehmen zu präsentieren, bis zur nüchternen Kalkulation, derzufolge sich energieeffiziente Immobilien besser auf dem Markt losschlagen lassen. Zwischen diesen Extremen besteht ein betriebswirtschaftlicher Spielraum, der so vielfältig ist wie die verfügbaren Umwelttechnologien.
Passiv ist gut, es geht aber besser
Wer sich ein energetisch optimiertes Bürogebäude wünscht, kann (und muss) an vielen Punkten ansetzen. Grundvoraussetzung ist natürlich eine anständig gedämmte Außenhaut. Spendiert man zusätzlich edelgasgefüllte Dreischichtfenster und regelbare Elemente zur Abschattung, sind auch Bürobauten nach Passivhausstandard problemlos realisierbar. Als prominentes Beispiel hierfür kann das Energybase in Wien Floridsdorf gelten. Das energetische Anforderungsprofil eines Bürogebäudes unterscheidet sich allerdings grundlegend von dem eines Wohnhauses. Passiv ist natürlich gut, lässt sich aber stets noch toppen. »Kennzeichnend für Büros ist eine gleichmäßige Nutzung vieler Personen auf engem Raum während der üblichen Arbeitszeiten«, sagt Gerhard Hofer, Gesellschafter des Energieconsulters e7. »Zudem gibt es viele interne Lasten, die man hinausbringen muss.« Beleuchtung, Computer, Kopiergeräte und nicht zuletzt der Mensch selbst erwärmen die Räumlichkeiten kontinuierlich. Auf eine Heizanlage verzichten kann man in unseren Breiten zwar trotzdem nicht, doch in der Energiebilanz eines Gebäudes spielt sie gegenüber der Kühlung eine untergeordnete Rolle. »Für die Kühlung gibt es viele Möglichkeiten«, sagt Hofer. »Die klassische Lösung sind Umlaufkühler, die kalte Luft in den Raum blasen.« Technisch zwar nicht mehr am aktuellsten Stand, doch dafür vergleichsweise kostengünstig, ist diese Variante für Investoren nach wie vor interessant. Zudem ist die Raumtemperatur individuell regelbar. Die Nutzer müssen allerdings einen Komfortnachteil in Form von Zugluft hinnehmen. »In neuen Projekten wird heute schon sehr oft die thermische Bauteilaktivierung eingesetzt«, nennt Hofer eine deutlich modernere Kühlvariante. Dabei fungiert die massive Betondecke der Räume als Speicher für aufsteigende Wärme. Über in den Beton integrierte Rohrleitungen, die mit einem flüssigen Medium gefüllt sind, wird die Wärme abtransportiert. Im Winter lässt sich das System auch zum Beheizen nutzen. »Die Bauteilaktivierung ist eine sehr energiesparende Methode, weil das Kühlmedium mit etwa 20 bis 25 Grad auf einem konstant niedrigen Temperaturniveau läuft«, erklärt Gerhard Hofer. Ernsthaft in Frage kommt sie freilich nur bei Neubauprojekten. Doch dafür eignet sich die Bauteilaktivierung in Verbindung mit Wärmepumpen optimal zur Nutzung von Geothermie als Wärmequelle. Dem ausgezeichneten Wirkungsgrad stehen hier allerdings hohe Investitionskosten gegenüber. Sofern verfügbar (und rechtlich möglich), kann auch Grundwasser als Medium genutzt werden.
Mehr als nur der Energieverbrauch
Abgesehen von den reinen Energieverbrauchswerten spielt in Bürogebäuden der gefühlte Komfort seitens der Nutzer eine wichtige Rolle. Neben der Raumtemperatur wirken sich auch Luftfeuchtigkeit oder Geruch auf die Behaglichkeit und damit indirekt auf die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter aus. Gesonderte Aufmerksamkeit ist deshalb der Lüftung zu schenken. So sieht das auch Kurt Zothe, Prokurist des Gebäudetechnik-Dienstleisters Axima. Doch auch unter Kostengesichtspunkten ist die Lüftungsanlage eine Schlüsselkomponente. »Im Unterschied zu Heizung und Kühlung läuft die Lüftung praktisch rund um die Uhr«, erklärt Zothe. »Für die Energiekosten ist sie deshalb der wichtigste Teil der Klimaanlage.« Der Trend weist seiner Meinung nach hin zu mehreren, dezentralen Lüftungsanlagen. Sie können kleiner ausgeführt werden und benötigen dadurch weniger Strom für die Motoren. Außerdem gibt es keine Widerstandsverluste, wie sie sonst durch die Verteilung auftreten. Eine Spielart hiervon sind Fassadenklimageräte, die Frisch- und Abluft direkt über die Fassade entnehmen. »Das ist der letzte Schrei«, sagt Zothe. »Zwar noch nicht bei uns, aber in Deutschland ist das sehr beliebt.« Die Fassadengeräte sind allerdings teurer als herkömmliche Systeme. Das liegt an der aufwendigeren Bauweise und dem daraus resultierenden höheren Wartungsaufwand. Denn um den Winddruck auszugleichen, benötigen sie eine hochgenaue Regelung. Auf der Plusseite stehen dafür niedrigere Betriebskosten. Dasselbe gilt auch für Quellluftssysteme, wie sie etwa im Wiener IZD Tower eingesetzt werden. Die pfiffige Idee dahinter: Statt aktiv für Verwirbelung zu sorgen, nutzt man den natürlichen Auftrieb der Raumluft. Die Zuluft strömt in Fußbodennähe sanft ein, Wärme und Gerüche steigen von selbst langsam auf. Dadurch bildet sich an der Decke eine Art Dunstglocke, die dann abgesaugt wird.
Bei Bauherren ortet Zothe derzeit allerdings eine sinkende Bereitschaft, in Technologien zur Energieeinsparung zu investieren. »Heute achten Auftraggeber viel stärker auf das Budget.«
Datenmanagement ist unerlässlich
Was als Erhöhung der Energieeffizienz gilt, ist stark von den jeweiligen Voraussetzungen abhängig, betont Jürgen Kromp, Verkaufsleiter beim Gebäudeautomatisierer Sauter. »Bei uralten unsanierten Gebäuden kann schon ein neuer Heizkessel mit Regelung eine gewaltige Einsparung bringen. Bei modernen Bürogebäuden wird es schon schwieriger, Potenziale zu finden.« Schwierig, aber nicht unmöglich. Wenn alle baulichen und klimatechnischen Mittel der energetischen Gebäudeoptimierung ausgeschöpft sind, bleibt als letzter großer Bereich noch die Optimierung des Betriebes selbst. Sauter hat dafür ein 10-Punkte-Programm entwickelt. Ausgangspunkt ist die Erhebung und Zusammenführung sämtlicher energierelevanten Daten in einer zentralen Management-Software. Die Gebäudesteuerung durch das Leitsystem kann dabei in unterschiedlicher Detailtiefe erfolgen. Kaum ein Parameter, von der Luftqualität bis zum Sonnenlichteinfall, der sich nicht durch Sensoren erfassen und ins System integrieren lässt. Zweck der totalen Überwachung ist die sukzessive Optimierung der Betriebsparameter. Aus den aufgezeichneten Daten lassen sich Trends ablesen, Verbrauchsspitzen ermitteln und Vergleiche mit Benchmarks ziehen. Darauf basierend können dann beispielsweise Temperaturprofile für einzelne Gebäudeteile, Jahres- oder Tageszeiten erstellt werden. Der technisch machbaren Automatisierung sind jedoch Grenzen durch typisch menschliches Verhalten gesetzt. »Die Benutzer müssen eingebunden werden, sonst bringt die beste Regelungstechnik nichts«, sagt Kromp. Mitarbeiter, die beispielsweise ungeniert die Fenster offenstehen lassen, führen jedes noch so ausgefeilte Energiekonzept ad absurdum.
Es ist nicht alles Gold
Als Idealbeispiel eines verbrauchsoptimierten Bürogebäudes gilt Kromp der Power Tower, die Linzer Konzernzentrale der Energie AG. Wie zahlreiche Branchenkenner räumt jedoch auch er ein, dass die viel beachteten, preisgekrönten und prestigeträchtigen Vorzeigeprojekte nach rein wirtschaftlichen Kriterien möglicherweise nicht ganz so strahlend dastünden. »Wer heute in Energieeffizienz investiert, steht meist unter dem Druck, dass er die Immobilie sonst nicht vermieten könnte.« Tatsächlich wären ohne öffentliche Förderungen wohl einige Projekte nicht realisierbar. Allzu große Vorsicht seitens des Bauherren birgt aber ebenfalls ein Risiko. Steigen nämlich die Energiepreise in Zukunft an, kann eine heute noch stimmige Kalkulation ganz schnell obsolet werden, ein heute noch gefragtes Gebäude zum ungeliebten Geisterhaus verkommen. Hinzu kommt, dass sich viele Unternehmen aufgrund ihrer Corporate-Governance-Regeln bevorzugt in Green Buildings einquartieren. Eine Logik, der sich künftig wohl auch der rote Sparstift beugen muss.