Fassaden dienen bei Gebäuden längst nicht nur mehr dem Schutz vor Witterung. Mittlerweile enthalten sie Verschattungs- und Belüftungselemente und tragen mit integrierter PV zur internen Energieerzeugung bei.
Hätten Fassaden Schulpflicht, wären sie auf keinen Fall ein Kandidat fürs Sitzenbleiben. Sie haben Bestnoten in Fächern wie Schaffung von Lebensqualität, Lärmschutz, Gebäudegestaltung und -begrünung, Verschattung und Belüftung und selbst Energiegewinnung. »Für jeden Bedarf muss das richtige System gewählt werden. Lösungen wie Fassadenaufdoppelung mit dem Duplex System punkten mit Ressourcenschonung, Isobar begrünte Fassaden mit Kühlung des Mikroklimas speziell im urbanen Bereich«, nennt Baumit-Geschäftsführer Georg Busik zwei Beispiele. Dabei muss dem Trend zur individuellen Fassadengestaltung gefolgt werden. »Durch die Kombination des Standardformats im Hoch- oder Querformat mit anderen Oberflächen wie Putz, Glas, Klinker oder Stein ergeben sich vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten«, erklärt Christof Hernegger, Leiter des Kompetenz Centers Systemfassaden bei Sto. Es gilt, verschiedene Fassadenarten nach Bedarf am Objekt zu kombinieren, zum Beispiel Glas, wo Licht erforderlich ist, eine massive Bauweise, wo Schallschutz erwünscht ist, oder auch begrünte Fassaden.
Schauplatz der schönsten Fassaden aus ganz Europa war Ende Mai Ljubljana, wo Baumit zum sechsten Mal den Life Challenge Award vergab. »Gebäudehüllen erfüllen architektonisch-ästhetische Anforderungen«, betont Bruno Bueno, Leiter des Referats Solare Gebäudehülle, von Fraunhofer ISE und verweist auf das Projekt Farbkollektor, bei dem Gestaltbarkeit hocheffizienter gebäudeintegrierter Photovoltaik-Module mit patentierter MorphoColor-Farbschicht erreicht wird. »Bisher musste man bei farbigen PV-Modulen erhebliche Einbußen beim Wirkungsgrad in Kauf nehmen. Mit Modulen des Schweizer Unternehmens Megasol Energie erzielen wir 90 Prozent Ertrag im Vergleich zu unbeschichteten«, so Bueno.
Bild: Farbige PV-Module sind eine attraktive Alternative zu den klassischen schwarz-blauen Solaranlagen.
Energie-Fassade
In der klassischen BIPV-Anwendung (Building Integrated)sieht Alexander Moosbrugger, Geschäftsführer von mo energy systems, eine stark wachsende Nische. Den größeren Wachstumsmarkt ortet er aber beim BAPV (Building Adapted oder Building Attached) – sowohl bei Dach wie Fassade. »Solarpaneele sind nicht nur für moderne Neubauten geeignet, auch bestehende Fassaden können unkompliziert nachgerüstet und für eine bessere Energiebilanz optimiert werden. Die PV-Fassade kommt in Riesenschritten«, so Moosbrugger, der mit seinem Unternehmen das europaweit erste Modulsystem für PV-Fassaden entwickelt hat, das nachträglich an bereits gedämmte Gebäudehüllen montiert werden kann. »Noch sind wir bei einem Anteil von unter einem Prozent«, schätzt er, allerdings sei klar zu erkennen, dass sich dieser Anteil gerade vervielfacht. Fassaden seien zur Energiegewinnung besonders in den Wintermonaten ideal. Bei tiefem Sonnenstand können nahezu horizontal ausgerichtete Dachkollektoren nur einen Bruchteil ihres Wirkungsgrades liefern. »Moderne Solarzellen greifen immer mehr Lichtwellenbereiche ab«, informiert Moosbrugger.
PV-Flächen können, als weitere Fassadenschicht hinzugefügt, ebenso baulich integriert werden. Der österreichische Wohnbauträger Sozialbau nutzt seine Fassaden für die Temperierung der Gebäude. »In die Gebäudehülle werden Schläuche gefräst. In Kombination mit Erdsonden kann dadurch im Sommer gekühlt bzw. im Winter erwärmt werden. Auch nutzen wir die Hausfassade zur Zentralisierung der Wärmeversorgung«, betont Sprecher Artur Streimelweger. Sto bietet das vorgehängte hinterlüftete Fassadendämmsystem StoVentec Photovoltaics Inlay an, mit doppelverglasten Modulen und dunklen, monokristallinen Solarzellen. »Die Kombination mit anderen Fassadenmaterialien wie Putz oder Klinker und die Ausrichtung der Module im Hoch- oder Querformat bietet große Freiheiten bei der Gestaltung der Fassade«, beschreibt Christof Hernegger. Die für die Herstellung der PV-Module benötigte Energie amortisiert sich bereits in den Anfangsjahren ihrer Nutzung.
Baumit hat eine Alternative mit der Multifunktionsfassade SmartTop. Eine weitere Lösung steht am Markt mit dem Fassadensystem friSolar wall von Julius Fritsche bereit. Luralux bietet mit Solar wall light einen vollwertigen Fassadenaufbau als vorgehängte, hinterlüftete Fassade inkl. Dämmung. »Auch die Solar wall Eco lässt sich einfach auf die Fassadenhaut montieren. Sie wird als Bausatz fertig zugeschnitten, konfektioniert und mit gerahmten, leichten 2 × 2 mm Glas/Glas-Modulen geliefert. Damit ist sie gut geeignet für bestehende Gebäude«, betont Geschäftsführer Michael Lackner.
Revolution der Gebäudehülle
Die Aufgabe an die Gebäudehülle befindet sich seit Jahren im Wandel. Der reine Schutz der Bausubstanz ist längst passé. Moderne Fassaden bestehen immer öfter aus natürlichen Materialien, können das einfallende Licht steuern, produzieren laufend Energie, züchten Biomasse, dienen als interaktive Plattform und regeln den Sonnenschutz durch schaltbare Gläser. Der ursprüngliche Schutz vor Schallemissionen nimmt heute einen immer bedeutenderen Stellenwert ein. Für die Kombination von Bestandsgebäuden mit PV-Fassaden gibt Baumit-Geschäftsführer Georg Bursik einen Tipp: »Bestandsgebäude in Massivbauweise haben eine sehr lange Nutzungsdauer und erfüllen ein wichtiges Kriterium der Nachhaltigkeit. Im Bereich der thermischen Sanierung gilt daher die Devise: Wann, wenn nicht jetzt!«
Eine rasche Sanierung mit WDV- oder VHF-Systemen fordert auch Christof Hernegger angesichts der dreifach erhöhten Förderung für Gebäude, die älter als 15 Jahre sind. Förderungen sind entscheidend. Im Rahmen einer aktuellen marketmind Studie haben jene 33 Prozent der Bevölkerung, die ein vor 1995 errichtetes Haus (mit)besitzen, ihre Bereitschaft zur Investition in die Fassade signalisiert, knapp ein Viertel plant, in den kommenden fünf Jahren in eine PV-Anlage zu investieren, 19 Prozent in die Sanierung der Außenfassade. Allerdings hat sich die finanzielle Situation der relevanten Zielgruppe in den letzten Jahren verschlechtert. Förderungen zur thermischen Gebäudesanierung und zur Umstellung der Heizanlagen auf erneuerbare Energieträger gibt es zahlreich, allerdings: Nur jede*r Dritte weiß darüber Bescheid. Entscheidend sind daher Energieberatungen.
Vorteile der vertikalen PV-Systeme
+ schneefrei und witterungsfest
+ Schnee kann Sonnenstrahlen Richtung PV reflektieren
+ optimaler Einfallswinkel in den kalten Jahreszeiten
+ bifaciale Zelltechnologie ermöglicht bei Balkonen und Zäunen einen Energiegewinn von bis zu 30 %
+ optimal für Ost-West-Anlagen
+ ideale Kombination mit Wärmepumpe#
StoVentec Photovoltaics Inlay
Mit StoVentec Photovoltaics Inlay hat Sto ein System auf den Markt gebracht, das Module mit neuester TOPCon-Halbzellentechnologie nutzt und höchste Ansprüche mit den Anforderungen an Energieeffizienz und Nachhaltigkeit verbindet. Das vorgehängte hinterlüftete Fassadendämmsystem verfügt über gerahmte Photovoltaikmodule mit einer Leistung von aktuell 430 Wp. Den Großbrandversuch hat StoVentec Photovoltaics Inlay gemäß ÖN B 3800-5 erfolgreich bestanden und ist damit bis zur Gebäudeklasse 5 zugelassen.
»Als Branchenführer im Bereich der Fassadentechnologie ist es unsere Verpflichtung, innovative Produkte zu entwickeln, die nicht nur den höchsten ästhetischen Ansprüchen genügen, sondern auch den Anforderungen an moderne, ressourceneffiziente und wirtschaftliche Fassadenlösungen gerecht werden«, sagt Walter Wiedenbauer, Geschäftsführer Sto. Die vorgehängte hinterlüftete Bauweise gewährleistet zusätzlich zu einem effektiven Wärmeschutz eine wärmebrückenfreie, passivhauszertifizierte Montage, was zu einer weiteren Verbesserung der Energieeffizienz des Gebäudes führt. Durch den diffusionsoffenen Wandaufbau bietet StoVentec Photovoltaics Inlay außerdem effektiven Feuchteschutz und trägt so zur Erhaltung der Bausubstanz bei.