AG, GmbH oder doch eine flexible Kapitalgesellschaft? Die Wahl der richtigen Rechtsform ist auch für Bauunternehmen von entscheidender Bedeutung für den Unternehmenserfolg. Die Charakteristika der jeweiligen Rechtsform sowie ihre Vor- und Nachteile erklären Florian Thelen und Thomas Schwab von ScherbaumSeebacher Rechtsanwälte.
Das Baugewerbe ist als Grundpfeiler der österreichischen Wirtschaft nicht wegzudenken: Die Branche bietet aufgrund ihrer enormen Bedeutung vielfältige Chancen für Unternehmen. Neben der fachlichen Expertise spielt aber auch die Wahl der richtigen Rechtsform eine entscheidende Rolle für den Erfolg. Seit Inkrafttreten des Flexible-Kapitalgesellschafts-Gesetz am 01.01.2024 ergeben sich neue Möglichkeiten, die speziell für die bei Bauunternehmen beliebten Kapitalgesellschaften relevant sein können. Doch welche Unterschiede gibt es zwischen den (aufgrund der Haftungsbeschränkung der Gesellschafter beliebten) Kapitalgesellschaften und wie wählt man die richtige für das eigene Unternehmen? Dazu müssen verschiedene Parameter (z. B. Geschäftsführung, Haftung, laufende Kosten, Flexibilität, Anzahl der Beteiligten, Finanzierungsbedarf usw.) sorgfältig abgewogen werden.
Grundlegende Unterschiede
Alle Kapitalgesellschaften haben eines gemeinsam: Sie sind juristische Personen mit eigener Rechtspersönlichkeit. Die Kapitalgesellschaft haftet daher mit ihrem Gesellschaftsvermögen, während die Gesellschafter/Aktionäre von einer Haftung mit ihrem Privatvermögen befreit sind. Von den Personengesellschaften (OG, KG, GesBr) unterscheiden sie sich – abgesehen von der grundsätzlich unterschiedlichen Besteuerung – vor allem in der Haftung (Gesellschafter von Personengesellschaften haften persönlich und umfassend), im Mindestkapital (das es bei Personengesellschaften grundsätzlich nicht gibt), in den strengeren Regeln für die Kapitalerhaltung bei Kapitalgesellschaften, sowie in einigen anderen Bereichen. Kapitalgesellschaften existieren in drei Formen: als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), Aktiengesellschaft (AG) oder Flexible Kapitalgesellschaft (FlexKap).
Die Aktiengesellschaft
Die Gründung einer Aktiengesellschaft erfordert den höchsten Kapitaleinsatz unter den Kapitalgesellschaften. Ihr Grundkapital beträgt mindestens 70.000 Euro. Unter den Kapitalgesellschaften hat sie den komplexesten organisatorischen Aufbau. Dieser gliedert sich in drei Teile: Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung. Im Vergleich zur GmbH und zur FlexKap ist der Einfluss der Gesellschafter hier deutlich eingeschränkt – sie haben nicht nur kein Weisungsrecht gegenüber dem Vorstand, sondern es gibt ohnehin nur wenige Materien, die der Entscheidung der Aktionäre unterliegen. Im Gegensatz zur GmbH sind die Anteile/Aktien leicht übertragbar und werden grundsätzlich auch nicht im Firmenbuch veröffentlicht.
Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Die GmbH ist derzeit die beliebteste Gesellschaftsform für mittelständische Bauunternehmen, da sie nur ein Mindeststammkapital von 10.000 Euro vorsieht. Die Hälfte muss bei der Gründung bar eingezahlt werden. Im Gegensatz zur AG sind die Gesellschafter jedoch wesentlich stärker in die Entscheidungsfindung eingebunden. Oberstes Organ ist die aus allen Gesellschaftern bestehende Generalversammlung, die auch die weisungsgebundene Geschäftsführung bestellt und abberuft. Als Nachteil wird in der Regel die zwingende Einhaltung der notariellen Form bei der Übertragung von Geschäftsanteilen empfunden. Die GmbH kommt daher vor allem für einen überschaubaren Gesellschafterkreis in Betracht.
Die Flexible Kapitalgesellschaft
Aufgrund ihrer erheblichen Flexibilität und Kostenersparnis ist die neue FlexKap auch für die Baubranche eine erwägenswerte neue Gesellschaftsform, die in den nächsten Jahren wohl immer mehr an Bedeutung gewinnen wird. Warum? Die FlexKap bietet eine neue Alternative zu den beiden »alten« Kapitalgesellschaften. Die Vorteile: Eine schnelle Entscheidungsfindung verbunden mit einer größeren Flexibilität bei Gesellschafterbeschlüssen, eine dynamische Gesellschafterstruktur und eine einfachere Beteiligung der Mitarbeiter am wirtschaftlichen Erfolg (durch Unternehmenswertanteile – die es bei der GmbH nicht gibt).1
Die dynamische Gesellschafterstruktur findet ihre gesetzliche Grundlage in § 12 FlexKapGG. Demnach ist es für die Übertragung von Geschäftsanteilen ausreichend, wenn ein Notar oder ein Rechtsanwalt eine Urkunde darüber errichtet. Die Belehrungspflicht und die Prüfung der Zulässigkeit der Übertragung bestehen jedoch weiter.2 Da damit auf einen Notariatsakt verzichtet werden kann, bietet die FlexKap Zeit-, Kosten- und Geschwindigkeitsvorteile.3
Die Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg bezieht sich in erster Linie auf den gewinnbringenden Verkauf des Unternehmens an Investoren und weniger auf eine Beteiligung am laufenden Gewinn.4 Da die Flexible Kapitalgesellschaft die Gesellschaftsformen der GmbH und AG vereint, kann der Gesellschaftsvertrag auch die Ausgabe von »Unternehmenswert-Anteilen« vorsehen. Der Mindestbetrag für die Stammeinlage eines einzelnen Gesellschafters beträgt einen Euro, wodurch auch eine sehr geringe Beteiligung an der FlexKap möglich ist.5 Darüber hinaus sind bei der FlexKap Kapitalmaßnahmen zulässig, die bisher nur bei der AG möglich waren (bedingte Kapitalerhöhungen etc.).
Die Flexible Kapitalgesellschaft ist ein innovatives Modell, das die Rechtslandschaft für Unternehmen grundlegend verändern kann. Für Bauunternehmen, die den Wandel aktiv gestalten und ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken wollen, kann die FlexKap eine zukunftsorientierte Lösung bieten. Ob die FlexKap die richtige Wahl ist, hängt natürlich von den individuellen Bedürfnissen und der Risikobereitschaft des Bauunternehmens ab. Eine eingehende Prüfung durch Experten wird daher empfohlen.