Der Straßenbau in Österreich wird langsam nachhaltiger. Das vorhandene Potenzial wird aber bei weitem nicht ausgeschöpft. Speziell beim Recycling von Asphalt wäre viel mehr möglich.
»In den letzten Jahren hat sich sehr viel getan«, sagt Bernhard Hofko vom Institut für Verkehrswissenschaften der TU Wien auf die Frage nach der Nachhaltigkeit des Straßenbaus in Österreich. Das gilt vor allem für den Rohstoff- und Energieeinsatz und die Wiederverwendung von Material, etwa in Form von Rcyclingbeton oder -asphalt. Im Vergleich zu anderen Ländern hinkt Österreich laut Hofko aber etwas hinterher. Der »Leidensdruck« sei hierzulande auch geringer, weil »Österreich über viele hochwertige Ressourcen verfügt«, so Hofko. Die Auswirkungen zeigen sich unter anderem in der Asphaltproduktion der Strabag. Während in Deutschland etwa 35 % des Asphalts auf Recyclingasphalt entfällt, sind es in Österreich nur 15 %, in Polen gar nur 6 %. In Österreich lag der hochwertige Recycling-Anteil im Straßenbau laut Hofko noch vor wenigen Jahren unter 10 %. »Aktuell sind wir bei zehn bis 20 Prozent, im hochrangigen Straßennetz bei bis zu 30 Prozent«, so der TU-Professor. Bei der A1-Sanierung rund um den Knoten Steinhäusl erreichten Asfinag und Strabag sogar eine Recyclingquote von 40 %. »Das ist deutlich mehr, als üblicherweise ausgeschrieben wird«, erklärt Axel Thomaschütz, Unternehmensbereichsleiter Österreich bei der Strabag. Allein bei diesem Projekt seien rund 20.000 Tonnen Recyclingasphalt verbaut worden.
Laufend nachgebessert
Aus Ausschreibungen nach dem Bestbieterprinzip sind ökologische Kriterien neben technischen und bauzeitrelevanten sowie sozialen Kriterien nicht mehr wegzudenken. »Nachhaltigkeitsaspekte werden in Ausschreibungen als Zuschlagkriterium immer relevanter und auch von Seiten der öffentlichen Hand wichtiger. Die Erfüllung von Nachhaltigkeitszielen wird zum Teil sehr positiv in Ausschreibungen bewertet«, erklärt Thomaschütz, der überzeugt ist, dass die Nachhaltigkeitsziele nur partnerschaftlich erreicht werden können. »Nur, wenn Ausschreibungen entsprechend gestaltet werden, dass zum Beispiel hohe Recyclingquoten bei Asphalt erlaubt sind, kann entsprechend ressourcenschonend gearbeitet werden.« Bund, Länder und Gemeinden müssten in die Pflicht genommen werden und Regularien so angepasst werden, dass Innovationen möglich sind und gefördert werden.
Auch bei der Asfinag ist man überzeugt, dass mehr Nachhaltigkeit nur gemeinsam mit den Auftragnehmern erreicht werden könne. »Daher haben wir vergangenes Jahr Nachhaltigkeitsworkshops mit der Bauwirtschaft ins Leben gerufen, wo wir gemeinsam über innovative Materialien, Kreislaufwirtschaft und Möglichkeiten zur Bewertung der Treibhausgas-Emissionen diskutieren«, sagt Vorstandsdirektor Hartwig Hufnagl. Aktuell werden bei Asfinag-Ausschreibungen die Qualitätskriterien in der Regel mit 11 % bewertet, der Anteil der ökosozialen Kriterien davon liegt derzeit bei rund 60 %, die einzelnen Kriterien werden in einer Bandbreite zwischen ein und fünf Prozent gewichtet. »Die konkret zur Anwendung gebrachten Kriterien werden immer projektspezifisch festgelegt«, heißt es seitens der Asfinag. Derzeit kommt bei den Nachhaltigkeitskriterien der Öko-Bilanz des Asphalts (bewertet wird das Erderwärmungspotenzial bei der Asphaltherstellung) der Zugabe von Ausbauasphalt bei der Asphaltherstellung und der Verringerung von Transportweiten größeres Gewicht zu. An weiteren Kriterien zur Reduktion der CO2-Emissionen auf den Baustellen wird aktuell gearbeitet. »Damit wollen wir weitere Anreize schaffen und den Markt hinsichtlich der zukünftigen Anforderungen an die Nachhaltigkeit sensibilisieren.« Festzuhalten ist aber: Zu Umreihungen aufgrund von Qualitätskriterien kommt es bei der Asfinag nach wie vor nur selten, weil »zumeist alle für den Zuschlag in Frage kommenden Bieter*innen ein sehr hohes Qualitätsniveau aufweisen«.
Die größten Potenziale
Bei der Asfinag sieht man das größte Nachhaltigkeitspotenzial unter anderem in der Langlebigkeit der Konstruktionen, der Kreislaufwirtschaft sowie dem Einsatz von Recyclingmaterial. Bei der Strabag setzt man vor allem auf Asphaltrecycling. »Diese Technologie ist bereits sehr ausgereift, erprobt, teils gelebte Praxis und kann sofort skaliert werden«, so Axel Thomaschütz. Auch Bernhard
Hofko sieht im Recycling das größte Potenzial. Damit könnten große Mengen an Gesteinskörnung, Bindemittel und Energie eingespart werden. Ausgeschöpft wird das Potenzial von Asphaltrecycling in Österreich aber noch nicht. »Wir könnten in den modernsten Anlagen mittlerweile schon Asphalt aus 100 Prozent recyceltem Asphalt herstellen, der mit Primärmaterial qualitativ mithalten kann«, ist Thomaschütz überzeugt. Zudem werde vom geringen Anteil des abgebrochenen Asphalts, der bereits recycelt wird, der Großteil für untere Tragschichten verwendet, an die keine hohen Qualitätsanforderungen gestellt werden. »Aktuell betreibt die Branche hier also vermehrt Downcycling statt Recycling, obwohl es theoretisch möglich wäre, das Abbruchmaterial in hohen Qualitäten als Sekundärmaterial dem Kreislauf wieder zuzuführen«, so der Strabag-Unternehmensbereichsleiter.n