Sonntag, Dezember 22, 2024
Sanieren in Serie
Beim Pilotprojekt in Mönchengladbach wurden 180 Fassadenmodule verbaut und die Heizung auf Wärmepumpen umgestellt. Damit konnte nach kurzer Bauzeit der Energiebedarf von 650.000 bis 700.000 kWh/Jahr auf 30.000 bis 35.000 kWh/Jahr gesenkt werden. (Quelle: Renowate)

Die Dekarbonisierung des Gebäudebestands ist ein ehrgeiziges, aber aktuell von der Realität weit entferntes Ziel. Mit einem industriellen, seriellen Ansatz will ein noch junges Joint Venture von Rhomberg und LEG Sanierungen schneller und günstiger machen. In Deutschland ist man damit bereits am Markt angekommen, in Österreich gibt es noch – politische – Hürden.

 

Anfang 2022 haben das deutsche Immobilienunternehmen LEG und Rhomberg Bau das Joint Venture Renowate gegründet. Niederlassungen gibt es heute in Düsseldorf, Bregenz und neuerdings auch in Wien. Ziel des gemeinsamen Unternehmens ist es, Sanierungsprojekte effizienter und kostengünstiger zu machen. Dafür hat Renowate einen seriellen Sanierungsansatz entwickelt, um die bei traditionellen Sanierungen hohen Kosten und langen Bauzeiten zu reduzieren und ineffiziente Prozesse zu optimieren. »Mit unserem seriellen Ansatz bringen wir den Großteil des Arbeitsaufwands weg von der Baustelle hin zur Vorfertigung in die Fabrik«, erklärt Rainer Scheidle, Leiter der Wiener Geschäftsstelle von Renowate.
Beim seriellen Ansatz wird die Sanierung als End-to-End-Prozess mit vorgefertigten Modulen gesehen. Den Anfang macht ein Laserscan des Gebäudes zur digitalen Bestandsaufnahme. Darauf folgt die gewerkeübergreifende Planung der gesamten Sanierung. »Damit können wir die Komplexität der Sanierung deutlich reduzieren«, so Scheidle. Die Module werden im Bürostandort in Bregenz entwickelt und anschließend bei regionalen Partner*innen produziert. »Mit Hilfe des digitalen Zwillings können wir die gesamte neue Gebäudehülle ortsunabhängig und industriell in der Fabrik vorfertigen«, so Scheidle. Im letzten Schritt werden die Module an die Baustelle geliefert und vor Ort an die Fassade montiert. Die minimal­invasive Montage soll sicherstellen, dass sowohl die Bauzeit als auch die Belastung der Bewohner*innen reduziert wird.

Erfolgreiches Pilotprojekt
Ein erstes Pilotprojekt wurde 2022 in Mönchengladbach erfolgreich umgesetzt. Dort wurden 47 Wohnungen mit einer Gesamtfläche von 2.570 m² seriell saniert. Vom ersten Federstrich bis zur Fertigstellung sind nur wenige Monate vergangen. Und die Bauzeit reduziert sich mit jedem weiteren Projekt. Wurden am ersten Tag noch drei Module versetzt, sind es heute rund 30. Für ein Projekt mit 50 Wohneinheiten und rund 3.000 m² werden heute laut Scheidle gerade einmal drei Monate veranschlagt. In Mönchengladbach wurden insgesamt 180 Fassadenmodule verbaut, zudem wurden alle Gasetagen-Thermen und Nachtspeicher-Öfen ausgetauscht und auf neueste Wärmepumpen-Technologie umgestellt. In Summe konnte der Energiebedarf um 95 Prozent gesenkt werden.
Die reinen Kosten für das Pilotprojekt waren vergleichbar mit einer traditionellen Sanierung. »Nimmt man aber die Added Values mit in die Rechnung, zeigt sich ein ganz anderes Bild«, ist Scheidle überzeugt. Neben der deutlich kürzeren Bauzeit übernimmt Renowate auch das gesamte Mietermanagement und unterstützt bei Fragen der Finanzierung und Sanierungsförderung. Zudem sind auch die Kosten mit jedem weiteren Projekt gesunken.

Steigende Nachfrage trotz Hürden
Nachfrage und Interesse an der seriellen Sanierung steigen laut Scheidle »explosionsartig« an. Nach dem Baustart für circa 50 Wohneinheiten in 2022 konnte Renowate in 2023 mit zwei weiteren Quartieren mit insgesamt rund 180 Wohneinheiten beginnen. Für das Jahr 2024 ist der Baustart für rund 400 Wohneinheiten geplant. Dass die Projekte bislang alle in Deutschland beheimatet sind, liegt unter anderem an der Politik. »In Deutschland hat die Politik das Potenzial der seriellen Sanierung erkannt und die Förderbedingungen entsprechend angepasst«, erklärt Scheidle. In Österreich sei das noch nicht der Fall. So könne etwa eine geförderte Sanierung in Wien nur in Einzelvergaben ausgeschrieben werden,
eine funktionale Ausschreibung ist noch nicht möglich. Scheidle ist aber optimistisch, dass sich das bald ändern wird. Die LEG hat in Deutschland vor fünf Jahren das erste Forschungsprojekt zur seriellen Sanierung gestartet, entsprechend ist das Thema heute auch am Markt angekommen. Auch in Österreich wird das Thema laut Scheidle an Bedeutung gewinnen, Gespräche mit den zuständigen Förderstellen der Länder werden derzeit geführt.

 

Voraussetzungen für serielles Sanieren

1. Größe: Aufgrund hoher Overhead-Kosten Mindestfläche ca. 2.500 m²
2. Architektur: Je einfacher und geradliniger die Fassade, desto besser geeignet. Gründerzeithäuser mit strukturierter Fassade sind nicht passend.
3. Statik: Die Elemente in Holzpfosten-Riegel-Konstruktion haben ein Gewicht von durchschnittlich 45 Kilo/m² und werden geschoßweise abwechselnd aufgestellt und aufgehängt. Deshalb müssen gewisse statische Mindestanforderungen erfüllt werden.

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