Mittwoch, November 20, 2024
Sanierungsrate stagniert, Regierungsziel außer Reichweite
Die Sanierungsrate stagniert seit 2015 auf relativ niedrigem Niveau. (Fotocredit: iStock)

Laut einer aktuellen dem Bau- und Immobilien-Report vorliegenden Studie stagniert die Sanierungsrate in Österreich bei rund 1,5 Prozent. Während 2009 noch 55.000 Einheiten umfassend saniert wurden, waren es 2022 nicht einmal 18.000. Das Regierungsziel der vollständigen Dekarbonisierung bis 2040 ist so nicht erreichbar.

Mit der vom Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen und dem Umweltbundesamt im Auftrag der GDI 2050 – Gebäudehülle+Dämmstoff Industrie 2050 des Fachverbands Steine-Keramik sowie des Zentralverbands industrieller Bauproduktehersteller ZIB erstellten dritten Auflage der Studie »Monitoring-System zu Sanierungsmaßnahmen« kann die Wirksamkeit von politischen Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele im Gebäudesektor bewertet werden. Die Ergebnisse zeigen, dass es viel Luft nach oben gibt.

In der bislang erfolgreichsten Phase der Dekarbonisierung des Gebäudesektors in Österreich wurden in den Jahren 2005 bis 2014 die Treibhausgasemissionen um 39 Prozent reduziert. »In der gleich langen Periode bis heute wurden demgegenüber kaum Fortschritte erzielt«, erklärt Studienautor Wolfgang Amann. Einen besonderen Problemfall stellen umfassende Sanierungen dar. 2009, am Höhepunkt des bisherigen Sanierungsgeschehens in Österreich, wurden annähernd 55.000 Wohneinheiten umfassend thermisch-energetisch saniert. 2022 waren es kaum noch 18.000, 2023 werden es laut Amann voraussichtlich noch weniger sein.

In der Hochphase förderten die Länder noch 46.000 dieser Maßnahmen. Seit 2016 stagniert diese Förderschiene bei nur noch rund 16.000 Einheiten. Ohne Förderung wurden früher regelmäßig rund 5.000 Eigenheime und Wohnungen umfassend saniert. Hier kam es zu einem Einbruch mit zuletzt nur noch rund 2.000 Fällen. »Die jüngste Entwicklung zeigt die Hürden sehr deutlich auf«, erklärt Amann. Umfassende Sanierungen sind komplex, die Kosten hoch. Die Bauwirtschaft bevorzugt Neubauten, da dort mit geringerem Risiko eine höhere Wertschöpfung erzielbar ist. Zudem sind Sanierungen sehr preissensibel. »Wenn die Kosten nicht passen, ist eine Verschiebung der Baumaßnahme meist leicht machbar«, so Amann.



Stagnation auf allen Förderebenen

Auch die Förderung von Einzelmaßnahmen wie Fenstertausch, Fassaden- oder Dachsanierungen entwickelte sich ähnlich negativ wie die umfassenden Sanierung. Anfang der 2010er-Jahre wurden jährlich noch deutlich über 30.000 Zusicherungen verzeichnet, heute sind es rund 15.000 Zusicherungen. Eine entgegengesetzte Entwicklung gab es bei nicht geförderten Einzelmaßnahmen auf zuletzt rund 77.000 betroffene Wohneinheiten.

Geförderte und ungeförderte, umfassende und kumulierte Einzelmaßnahmen summierten sich 2022 auf knapp 1,5 Prozent des Wohnungsbestands. »Die Sanierungsrate stagniert damit seit 2015 auf mehr oder weniger demselben niedrigen Niveau«, sagt Amann, der eine vollständige Dekarbonisierung bis 2040 in weiter Ferne sieht. Simulationen mit Abschätzungen zu bisherigen Sanierungsraten und dem Anteil des Wohnungsbestands in thermisch unzureichendem Zustand kommen zum Ergebnis, dass für die Erreichung dieses Regierungsziels eine rasche Verdoppelung der Sanierungsrate auf 2,8 Prozent nötig ist. »Besonders hoch ist der Sanierungsbedarf bei privaten Mietwohnungen und Gemeindewohnungen, vergleichsweise gering bei gemeinnützigen Mietwohnungen«, so Amann.


Rückläufige Bundesförderungen

2009 wurde der Sanierungsscheck ins Leben gerufen. Seither ist der Bund in der Förderung der Wohnhaussanierung aktiv. Das Volumen schwankte zwischen jährlich 30 und 110 Millionen Euro. 2022 waren es demgegenüber 460 Millionen Euro, allerdings entfielen über 90 % auf Förderungen für den Heizungstausch. Für 2023 werden zudem stark rückläufige Antragszahlen gemeldet. Von den über 940 Millionen Euro für die Jahre 2023/24 stehen Ende des Jahres noch deutlich über 500 Millionen zur Abholung bereit. 


Nötige Konsequenzen

Für die Auftraggeber bedeuten die Ergebnisse der Studie einen klaren Auftrag an die Politik. »Der Regierung muss bewusst sein, dass ohne Verdoppelung der Sanierungsquote das Dekarbonisierungsziel 2040 nicht erreicht werden kann, daher müssen alle angedachten und zum Teil eingeleiteten Maßnahmen sofort umgesetzt werden«, sagt Otto Ordelt, Obmann des ZIB. Auch für Clemens Demacsek ist die Erhöhung des Sanierungsbonus ein erster wichtiger Schritt. Damit die Fördermittel auch tatsächlich abgeholt werden, müsse aber auch die Transparenz erhöht werden. »Der von den Baupakt-Partnern vorgeschlagene One-Stop-Shop ist eine gute Idee. Aus unserer Sicht würde eine erhöhte steuerliche Abschreibung einen zusätzlichen Turbo bei der Sanierung zünden«, so der GDI 2050-Geschäftsführer. 

Andreas Pfeiler, Geschäftsführer Fachverband Steine-Keramik, will den Fokus auf Einzelbauteilsanierungen legen. »Diese sind leicht umzusetzen und sollten daher in großem Stil und unbürokratisch gefördert werden. Es gilt rasch zu handeln und den Energieverlust umgehend zu reduzieren.«

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