Die Novelle der Wiener Bauordnung hat hohe Wellen geschlagen. Auf welche Neuerungen müssen sich Unternehmen jetzt konkret einstellen, und was spricht rechtlich dafür, was dagegen? Der Bau- und Immobilien-Report hat Immobilienrechtsexpertin Julia Fritz um eine Übersicht gebeten.
Nach Veröffentlichung der Novelle hatte vor allem die weitere Einschränkung der touristischen Kurzzeitvermietung für Unmut gesorgt. Demnach dürfen Wohnungen nur noch für maximal 90 Tage im Jahr an Touristen vermietet werden, für alles andere wird es ab 1. Juli 2024 eine Ausnahmebewilligung brauchen. Dazu kommen noch weitere Einschränkungen wie die Untersagung von Kurzzeitvermietungen in Wohnzonen. Ein zu starker Eingriff in das Eigentumsrecht und in Teilen wirtschaftlich und technisch nicht umsetzbar, lauteten hier die Bedenken von rechtlicher Seite.
Doch in dem Papier sind noch zahlreiche weitere Neuheiten verpackt, zum Beispiel zum Thema Altbauschutz, Erneuerbare Energien-Anlagen, Bodenversiegelung, Baubewillgungen oder Widmungen. Was sie rechtlich bedeuten und welche Einwände es gibt, hat sich PHH-Partnerin und Immobilienrechtsexpertin Julia Fritz angesehen.
Thema: Altbauschutz
Bauordnung Wien aktuell: Der in der Bauordnungsnovelle 2018 eingeführte und in der Novelle 2021 angehobene Schutz von Altbauten wird entscheidend verschärft. Damit wird die verfassungsrechtlich garantierte Möglichkeit, aus wirtschaftlichen Gründen einen Abriss zuzulassen, eingeschränkt.
Neuerungen laut Gesetzesentwurf: Die Behörde wird nun selbst Gutachten zur Abbruchreife einholen (bisher wurden diese vom Antragsteller beigebracht). Es soll auch berücksichtigt werden, ob das Bauwerk etwa durch eine Aufkategorisierung besser genutzt werden könnte – so wird der wirtschaftliche Erhalt wahrscheinlicher. Zudem können Aufwendungen für eine Sanierung von Schäden bei einer vorsätzlichen Vernachlässigung des Hauses nicht mehr geltend gemacht werden. Weiters wird ein Gebäudepickerl eingeführt, welches die Schäden und Pläne zur Behebung dokumentiert. Neubaubewilligungen ohne Vorliegen einer Abbruchbewilligung wird es auch nicht mehr geben.
(Rechtliche) Einwände: Bedenken kommen vor allem aus der Immobilienwirtschaft, die eine Behinderung der Weiterentwicklung des Bestands und ein »Einfrieren« des Stadtbildes befürchtet.
Kommentar PHH: Die Bauordnung möchte mit der Verschärfung verhindern, dass Altbauten bewusst heruntergewirtschaftet werden, bis sie abbruchreif sind. Insofern sind die Bestrebungen nachvollziehbar. Allerdings haben gerade alte Gebäude oft finanzielle Schwierigkeiten, da einerseits die energietechnischen Anforderungen laut EU-Taxonomie nur schwer erfüllen und sie andererseits nur begrenzt Einnahmen aus Mieten erzielen können. Hier wären begleitenden Sanierungsförderungen wünschenswert, um die Besitzer zu entlasten und die Erhaltung attraktiver zu machen.
Thema: Widmungen
Bauordnung Wien aktuell: Die bisherige Widmungspraxis führte dazu, dass Grundstücke »gehortet« wurden. Die Stadt Wien suchte nach Lösungen, um dem Anstieg von Grundstückpreisen sowie Spekulationen Einhalt zu gebieten
Neuerungen laut Gesetzesentwurf:Es wurde eine eigene Widmungskategorie für förderbaren Wohnbau geschaffen, und die Widmung als Bauland soll befristet gelten.
(Rechtliche) Einwände: Die AK möchte die Wirksamkeit der Widmungskategorie weiter verbessern und die Verpflichtung zur Errichtung von gefördertem Wohnbau von derzeit 2/3 auf mindestens 4/5 erhöhen.
Kommentar PHH: Der Wunsch der Arbeiterkammer ist rechtlich wohl kaum haltbar. Schon jetzt hat Wien einen hohen Anteil an geförderten Wohnungen. Es muss weiterhin legitim sein, privaten Wohnbau zuzulassen und diesem gute Rahmenbedingungen einzuräumen.
Die gesamte Übersicht finden Sie hier im PDF-Format: Wiener Bauordnungsnovelle im Überblick
Über PHH Rechtsanwält:innen
Julia Fritz, Partnerin bei PHH Rechtsanwält:innen. (Foto: PHH)
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