Die Österreichische Bautechnik Vereinigung veranstaltete mit Heid & Partner über den Dächern Wiens ihre vierte Jahrestagung PARTNERSCHAFT MIT BAUPRAXIS. Dabei wurde der Ruf laut nach mehr Allianzprojekten, Einbindung des Planers in die Allianz und geringere Vorlaufzeiten bis zur Vergabe.
Peter Krammer (SWIETELSKY) spannte in seiner Keynote den Bogen von den 90er-Jahren, mit dem Beginn des Claimings, bis in die Jetztzeit, wo für das Bauen das Ziel gilt, Risiko und Kosten gemeinsam niedrig zu halten. Das soll erreicht werden durch folgende drei Punkte:
1. Wir wissen, dass die Menschen der wichtigste Faktor sind. Offene Kommunikation und Transparenz sind die Grundpfeiler von Partnerschaftsmodellen.
2. Alternative Vertragsmodelle, welcher Art auch immer, bringen uns erst in die Lage unsere Leistungserbringung zu optimieren und die digitalen Möglichkeiten sowie Lean Management umfangreicher zu nutzen und Geld einzusparen.
3. Risikomanagement heißt auch Kostenersparnis. Wenn beide Seiten nur einen Risikotopf haben, dann werden sie alles tun, um diesen am Ende nicht aufgebraucht zu haben.
Steffen Hantschick (DEUTSCHE BAHN) sprach von den Chancen des Allianzmodells (PM-Schiene) und dem Willen, durchzuhalten. Derzeit laufen acht DB-Projekte mit integrierter Projektabwicklung (IPA) auf Deutschland gesamt verteilt. Die Projektgrößen dabei gehen jeweils bis über 1 Milliarde EURO. 10 weitere Pilotprojekte sollen noch für 2024 genannt werden, um Erfahrungen darin sammeln zu können.
Klaus Mitteregger (TIWAG) beschreibt anhand des Kraftwerks Imst Haiming mit Allianzvertrag die Bieterauswahl: Bieter reichen beim AG die Unterlagen zur Qualitätsbewertung, die Optimierung zum von der TIWAG vorgegeben Bauzeitplan und eine unverbindliche Kostenschätzung ein. AG prüft kommissionell die Qualität und fixiert die Bewertung soweit möglich und öffnet nach der Qualitätsbewertung die unverbindliche Kostenschätzung des Bieters.
Markus Frühwirth (ASFINAG) kann bereits einen positiven Zwischenbericht vom Projekt S31 Talübergang Sieggraben geben: Der Baubeginn stellte sich sehr effizient dar, da Vieles bereits geklärt war. Das Zusammenarbeiten zwischen den Beteiligten und auch mit dem Planer erfolgt konstruktiv und lösungsorientiert. Verbesserungsbedarf sieht Frühwirth in der Straffung des Verfahrens, ohne jedoch zu Lasten der Qualität und eine Standardisierung für ASFINAG- und ÖBB-Allianzverträge für mehr Bieterfreundlichkeit.
Frederic Heil (ÖBB) und Roland Arnold (BEMO) gaben ein positives Zwischenresümme zum ÖBB-Pilotprojekt mit Allianzvertrag Rohbaustollen Angath: Eine Personalauswahl erfolgt bereits im Vergabeprozess, Ausführungsfestlegung folgt dem Best-for-Project-Grundsatz. Weitere Vorteile sind eine offene Kommunikation, volle Transparenz und eine tiefe Einbindung des Auftraggebers in die operative Abwicklung.
Ein überarbeitetes ÖBV-Merkblattes „Alternative Vertragsmodelle“ kündigt Andreas Fromm (ASINAG), als Vorsitzender dieses ÖBV-Arbeitskreises, bereits für Mitte 2024 an. Nach dem Sammeln aller Erfahrungen aus den österreichischen Allianzprojekten von ASFINAG, ÖBB, TIWAG und dem Land Vorarlberg sollen folgende Punkte behandelt werden:
• Möglichkeiten der Einbindung des Planers bei alternativen Vertragsmodellen
• Umgang Kostenveränderungen / Lieferengpässe bei Allianzverträgen
• Möglichkeiten der Anwendung von ECI (early contractor involvement) bei Hochbau- und Tiefbauprojekten
• Lean Construction – Synchronisation der Inhalte mit der bestehenden ÖBV – Richtlinie
• Vergütung von Angebotslegungskosten bei „besonderen Ausarbeitungen“ im Zuge des Vergabeverfahrens
• „Cap“ für Bonus-Malus bei Allianzverträgen
• Wie/kann sichergestellt werden, dass es durch die Anwendung von alt. Vertragsmodellen zu keiner Einschränkung des Bietermarktes kommt
• Stärkere Berücksichtigung dieses wichtigen Aspekts Nachhaltigkeit in den einzelnen Kapiteln.
• Braucht BIM Allianzverträge?
Die Podiumsdiskussion mit maßgebenden Vertretern aus den Sphären der Auftraggeber und Auftragnehmer rundeten den Vortragstag ab. Einige Statements davon:
Siegfried Wanker (STRABAG): "Wir werden die jungen BauingenieurInnen für den langen Vorlauf bei einem Projekt mit Allianzvertrag nicht mehr bekommen, da sie endlich bauen wollen."
Andreas Fromm (ASFINAG): "Eine Standardisierung im Verfahren ist notwendig, damit die Auftragnehmer effizienter arbeiten können.
Judith Engel (ÖBB): Der Vergabezeitraum ist lang und ressourcenintensiv. Die Hoffnung liegt darin, dass bei weiteren Projekten die dafür notwendige Zeit verkürzt werden kann."
Steffen Hantschick (DB): "Die Vorbereitungsphase soll auf bestimmte Zeitfenster komprimiert werden, damit der Bauleiter auch weiteren Leistungen bei Baustellen nachkommen kann."
Tobias Rem (DEUTSCHE BAUINDUSTRIE): Der kürzere Vorlauf bei den Projekten mit Partnerschaftsverträgen in Österreich wäre auch für Deutschland wünschenswert.