Die Bauwirtschaft hat mit enormen Gegenwind zu kämpfen. Immer mehr Verbände und Interessenvertretungen stellen konkrete Forderungen an die Regierung. Ein Forderungspaket kommt von den Baupakt-Partnern und soll die schwächelnde Sanierung stützen. Die Politik hat die Dringlichkeit der Lage erkannt. An einer konkreten und raschen Umsetzung der einen oder anderen Forderung wird dem Vernehmen nach eifrig gebastelt.
Die Zahlen zum österreichischen Wohnbaumarkt sprechen eine deutliche Sprache. Laut der Wohnbauförderstatistik, die der Fachverband Steine-Keramik alljährlich mit dem Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen erstellt, ist die Zahl der bewilligten Wohneinheiten stark rückläufig. Lagen die Höchstwerte für baubewilligte Wohneinheiten 2019 noch bei über 85.000, so waren es 2022 nur mehr 63.000. Für 2023 werden nur noch 51.000 baubewilligte Einheiten prognostiziert. »Die verschärften Kreditvergaberichtlinien, das gestiegene Zinsniveau und die hohe Inflation sorgten dafür, dass der Neubau praktisch zum Erliegen gekommen ist«, sagt Fachverband-Obmann Robert Schmid. Eine Aufhebung der Schuldendienstquote oder eine Refundierung der Mehrwertsteuer auf Neubau oder Sanierung wären Möglichkeiten, den Bau und damit Arbeitsplätze und das Angebot an leistbaren Wohnungen zu stabilisieren.
Schon im Juni forderten die Baupakt-Partner Gewerkschaft Bau-Holz, Fachverband Steine-Keramik, Bundesinnung Bau und Global 2000 konkrete Maßnahmen, um den Abwärtstrend am Bau zu stoppen. Dazu zählen die Erhöhung und Zweckwidmung der Wohnbauförderung, die Anpassung der Wohnbauförderrichtlinien, höhere Anreize für Sanierungs-Investitionen, Zinszuschüsse bei Wohndarlehen sowie eine Verlängerung und Erhöhung der Schwellenwerteverordnung. Gespräche mit der Regierung laufen hinter den Kulissen bereits seit Frühjahr.
Allerdings war der Politik bislang die Dringlichkeit der Lage offenbar nicht bewusst. »Das liegt auch daran, dass die Prognosen nicht von so einem starken Einbruch ausgegangen sind«, erklärt der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Bau-Holz, Josef Muchitsch. Mittlerweile sehen aber auch IHS und WIFO Unterstützungsbedarf für die schwächelnde Bauwirtschaft.
Fokus auf Sanierung
Im Zuge der Präsentation des Erneuerbare-Wärme-Pakets stellte die Regierung auch ein erstes, kleines Bau-Konjunkturpaket vor. ÖBB, BIG und Asfinag sind aufgefordert, Projekte aus den Schubladen zu holen und vorzuziehen. Das zusätzliche Projektvolumen für 2024 soll bei rund 640 Millionen Euro liegen. Für die Baupakt-Partner ist dies zwar ein Schritt in die richtige Richtung, er reiche aber bei weitem nicht aus. Denn wie der schwächelnde Neubau kommt auch die Sanierung nicht in Fahrt. »Alle Experten sind davon ausgegangen, dass die Sanierungsnachfrage steigt, wenn der Neubau nachlässt. Aber das ist nicht passiert«, sagt Robert Schmid. Noch immer sei man von der Drei-Prozent-Sanierungsrate weit entfernt. Um die Klimaziele zu erreichen, müssten jährlich mehr als acht Milliarden Euro in die Gebäudesanierung investiert werden. Zwar hat die Bundesregierung mit der Sanierungsinitiative »Raus aus Öl und Gas« und dem höher dotierten »Sanierungsbonus« einige Vorschläge der Baupakt-Partner aus dem Frühjahr 2023 bereits aufgegriffen, es zeige sich aber, dass die Maßnahmen nicht ausreichend sind. Eine umfassende Sanierung kann schnell 65.000 bis 100.000 Euro kosten. Der aktuelle Förderanteil von 14.000 Euro sei deshalb ein zu schwacher Anreiz.
Aus diesem Grund haben die Baupakt-Partner ein neues Paket mit fünf Punkten präsentiert. So sollen die Förderungsraten beim Sanierungsbonus für alle Sanierungsvorhaben verdoppelt werden, zudem sollen jährlich 500 Millionen in die Wohnbauförderung fließen und diese wieder zweckgewidmet werden. Die KIM-Verordnung solle fallen oder deutlich entschärft werden. Andernfalls fordern die Baupakt-Partner die Gründung einer Sanierungsbank. Und schließlich soll ein One-Stop-Shop für alle Bundes-, Landes-Gemeindesanierungsförderungen eingerichtet werden und die Sanierung öffentlicher Gebäude forciert werden.
Die Gespräche laufen. Wie aus gut informierten Kreisen zu hören ist, wird schon an einem oder mehreren Konjunkturpaketen gebastelt. Die Politik habe die Zeichen der Zeit erkannt, heißt es.
Die 5-Punkte im Überblick:
1. Verdoppelung der Förderungsraten beim Sanierungsbonus für alle Sanierungsvorhaben: Die Förderung sollte mit den deutlich gestiegenen Gesamtkosten der Sanierung mithalten. Wie sich beim Heizkesseltausch gezeigt hat, ist eine erhöhte Förderrate ausschlaggebend für eine Investitionsentscheidung. Daher sollte bei allen Förderstufen (Umfassende Sanierung, Teilsanierung, etc.) die Förderung verdoppelt werden.
2. Erhöhung und Zweckwidmung der Wohnbauförderung: 500 Millionen Euro jährlich zusätzlich zu den Beitragseinnahmen und Rückflüssen – damit würden jährlich 1,1 Milliarden Euro zusätzlich in den Wohnungsneubau und in die Sanierung fließen. Die
Länder könnten zusätzlich günstige Wohnbaukredite und Sanierungskredite vergeben.
3. Sanierungsbank: Gründung einer »Sanierungsbank« unter anderem mit EU-Mitteln, damit leistbare öffentliche Sanierungskredite vergeben werden können.
4. One-Stop-Shop für alle Bundes-, Landes- und Gemeindesanierungsförderungen: Ein Ansprechpartner, der berät, eine Vorausberechnung der möglichen Förderhöhe durchführt und dann die Anträge für Förderungen bei allen Gebietskörperschaften für die Antragsteller abwickelt.
5. Sanierung öffentlicher Gebäude: Die Sanierung öffentlicher Gebäude leistet einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele und zur langfristigen Senkung der Energiekosten. Deshalb ist rasch ein Sanierungsplan mit entsprechenden budgetären Mitteln notwendig.