Sonntag, Dezember 22, 2024

Der Baustoff Beton ist weiter auf dem Vormarsch. Er kommt dort zum Einsatz, wo man damit rechnet, und auch dort, wo man ihn nicht vermutet.

Er ist Fahrbahnbelag für Autobahnen und zuständig für angenehm temperierte Gebäude. Jede Menge Geld und Know-how fließt in die Forschung, etwa in die effizientere Verarbeitung von Betonplatten.

Beton ist der meistverwendete Baustoff der Welt. Die Einsatzgebiete sind breit gefächert, reichen vom Straßenbau bis zur bauteilaktivierten Gebäudekühlung. Rund 40 % der insgesamt 2.000 Kilometer Autobahnkilometer in Österreich bestehen aus Beton. Die größten Vorteile sind die hohe Widerstandsfähigkeit und eine lange Nutzungsdauer von 40 Jahren und mehr.
Auch in Sachen Sicherheit kann Beton punkten. Die helle Oberfläche sorgt bei Regen und Dunkelheit für bessere Sichtverhältnisse, die gute Entwässerungswirkung für trockenere Fahrbahnen. Während im Straßenbau mechanische Kriterien des Baustoffs Beton im Vordergrund stehen, setzen Architekten im Gebäudebau auf die Möglichkeiten der Betonteilaktivierung als Wärmeverteil- und Kühlsystem und nutzen Beton als Energiespeicher. »Beton bietet mit seiner hohen Temperaturspeicherfähigkeit ideale Voraussetzungen, um ein angenehmes Raumklima sicherzustellen. Decken, Wände oder Fußböden aus Beton dienen als Energiespeicher und geben bei gleichmäßigem Temperaturverlauf eine angenehme Strahlungswärme ab. Das niedrige Temperaturniveau spart Energie und damit CO2-Emissionen«, erläutert Felix Friembichler, Geschäftsführer der Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie. Deshalb nutzen in Österreich auch schon zahlreiche fertiggestellte oder in Planung befindliche Gewerbebauten den Baustoff Beton als Energiespeicher und Klimaelement.

 

Besser bauen
Jede Menge Geld und Know-how wird derzeit auch in Forschung und Entwicklung investiert. So zeigt etwa ein aktuelles Projekt des Forschungsinstituts der Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie, dass künftig allein bei der Produktion des Grundstoffes Zement bis zu 400.000 Tonnen CO2 pro Jahr in Österreich eingespart werden können.
Auch an der TU Wien beschäftigt man sich mit dem Baustoff Beton. Am Institut für Tragkonstruktionen will eine Forschergruppe unter der Leitung von Anton Schweighofer den Betonbau in Zukunft weniger störanfällig machen. »Bei allen Bauteilen, die in direktem Kontakt zum Untergrund stehen, ergeben sich durch die Kopplung mit dem Baugrund und die Reibung zwischen Bauteil und Baugrund Verformungsbehinderungen«, erklärt Schweighofer. Das führt zu hohen Beanspruchungen und es entstehen sogenannte Trennrisse. Dem wollen die Wiener mit einer Entkopplung der Betonbodenplatte vom Untergrund entgegenwirken. Besteht keine Interaktion zwischen der Bodenplatte und dem Untergrund, so können keine Zwangsspannungen infolge einer behinderten Verformung auftreten, so die theoretische Überlegung. Die Entkopplung soll über die Kompensation des Eigengewichts der Bodenplatte sichergestellt werden. Kompensiert wird mittels Luftdruck. Dafür haben die Forscher ein Luftkissen hergestellt, das aus Bauvlies umgeben von zwei Folienschichten besteht. Dieser Aufbau entspricht noch der  herkömmlichen Gleitlagerung. Der neue Lösungsansatz sieht nun vor, die untere Lage der Folie an den Rändern einzuschlagen und mit der oberen Lage zu verschweißen. Dadurch entsteht unter der Platte ein Luftkissen. Nach dem Betonieren wird ein Innendruck im Luftkissen erzeugt, der das Eigengewicht der Platte kompensiert. Dieser Luftdruck kann nun beliebig lange aufgebaut werden. Im Anschluss daran kann die Luft wieder abgelassen werden.
 
Großer Aufwand, hoher Nutzen
Der Aufwand bei der Herstellung ist bei der Luftkissenlösung etwas höher als bei herkömmlichen Gleitlagerungen. Dafür punktet sie aber durch einfache Umsetzbarkeit und Steuerung, ist Schweighofer überzeugt. So kann etwa die Anzahl der Fugen, die immer einen Schwachpunkt in einer Konstruktion darstellen, erheblich verkleinert werden. Außerdem kann bei  Anwendung von Vorspannung zur Rissvermeidung bei Betonplatten mit der neuen Luft–Gleitlagerung laut Schweighofer sichergestellt werden, dass die Vorspannung nicht durch Interaktion mit dem Baugrund reduziert wird oder verloren geht. Damit kann die Effektivität der Vorspannung sichergestellt werden. Außerdem soll durch die Verwendung der neuen Methode auch bei der Bewehrung eingespart werden können. »Wir können Rissefreiheit garantieren und die Plattenstärke verringern. Das ist ressourcensparend und reduziert die CO2-Belastung«, entlockt Schweighofer seiner Entwicklung auch noch einen grünen Aspekt.
Als Industriepartner mit an Bord sind die Alpine, Porr, Strabag, Bilfinger Berger, G.Hinteregger & Söhne, Östu-Stettin und Swietelsky. Weitere Partner sind die Grund- Pfahl- und Sonderbau GmbH, die Wien 3420 Aspern Development AG und natürlich auch die Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie.

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