Mittwoch, Juli 17, 2024

Qualitätsmanager Thomas Koraimann, Berichtswesen der Bonaventura Straßenerrichtungs-GmbH, über die Vorteile einer internetbasierten Projektplattform im Rahmen des PPP-Projekts »Ypsilon«.

Report: Das jüngste und erste PPP-Projekt Österreichs, das Projekt Ypsilon, wurde soeben fertiggestellt. Wenn Sie das PPP-Projekt mit einem konventionellen Bauprojekt vergleichen, wo liegen für Sie die größten Unterschiede?
Thomas Koraimann: Auf jeden Fall einmal die Größe des Projekts. Bei konventionellen Infrastrukturprojekten werden bei der Vergabe von einzelnen Baulosen selten Auftragssummen von 100 Millionen Euro überschritten, der Barwert des Projektes PPP – Ostregion liegt hingegen bei 933 Millionen Euro. Außerdem sind konventionelle Bauprojekte auf die reine Bauausführung fokussiert, bei PPP-Modellen hingegen wird das gesamte Spektrum der Planung, Finanzierung, Bauausführung und in weiterer Folge der Betrieb vom Konzessionär übernommen.

Report: Mit welchen Herausforderungen sehen Sie sich als Qualitätsmanager im Rahmen eines PPP-Projekts konfrontiert?
Koraimann: Vor allem das knappe Zeitfenster spielt eine große Rolle. Nach der Zuschlagserteilung musste sehr schnell ein Qualitätsmanagement-Handbuch erstellt werden, das alle Forderungen des Vertrages und die für eine erfolgreiche Projektrealisierung notwendigen Prozesse abbildete. Die größte Herausforderung war, dieses Qualitätsmanagement-System mit Leben zu erfüllen.

Report: Sie haben sich für die internetbasierte Projektplattform »think project!« entschieden. Was sind die Vorteile?
Koraimann: Eine internetbasierte Projektplattform ist für ein derart komplexes Projekt mit vielen internationalen Beteiligten unverzichtbar. Die hohe Datenmenge, die bei einem derartigen Projekt in kurzer Zeit anfällt, könnte in Papierform nicht mehr adäquat verteilt und verwaltet werden.
Wichtig ist, dass die Projektplattform von den Beteiligten gut angenommen wird. Dafür ist eine gründliche Einschulung aller Projektbeteiligten erforderlich, weiters sollte die Plattform einfach aufgebaut sein, wichtig ist auch eine leistungsfähige Internetverbindung, insbesondere bei den Endnutzern, den Baubüros.

Report: Ab welchem Zeitpunkt haben Sie erkannt, dass der Einsatz einer Projektplattform für dieses Projekt unabdingbar wurde und welche Prozesse waren für Sie besonders wichtig?
Koraimann: Es war allen Beteiligten in der Projektleitung von Beginn an klar, dass eine Projektplattform erforderlich ist. Die wichtigsten über den Projektraum umgesetzten Prozesse sind aus meiner Sicht das vertraglich vereinbarte Berichtswesen, das Planmanagement sowie die Verteilung und Dokumentation von vertraglich relevantem  Schriftverkehr, Protokollen und Aktenvermerken.

Report: Wie hat sich die Verwendung dieses Tools konkret ausgewirkt?
Koraimann: Ohne virtuellen Projektraum wäre das Projekt in der relativ kurzen zur Verfügung stehenden Zeit nicht umsetzbar gewesen. Der Ersatz des virtuellen Projektraumes durch höheren Personaleinsatz wäre allenfalls theoretisch denkbar, bei den heutigen Personalkosten wirtschaftlich aber nicht vertretbar gewesen.
Auch für die Einhaltung des Terminplanes war der virtuelle Raum wichtig. Insbesondere der Optimierungs- und Freigabeprozess der Bauplanung hätte sich um ein Vielfaches verlängert.

Report: Wie war die Akzeptanz innerhalb der Bonaventura und bei den externen Projektpartnern, als Sie think project! obligatorisch für alle Kommunikationsvorgänge eingeführt haben?
Koraimann: Das Verständnis für die Notwendigkeit dieser Festlegungen war innerhalb der Bonaventura, aber auch bei unseren unmittelbaren Projektpartnern von Beginn an vorhanden, die Akzeptanz aller Beteiligten war dementsprechend hoch.
Fallweise gab es natürlich auch kritische Stimmen, aber die sind relativ rasch verstummt. Die Lehre für mich für künftige Projekte lautet, auf entsprechend leistungsfähige Internetanbindungen zu achten, sowie auch das »Handling« im Projektraum zu vereinfachen und möglichst »selbsterklärend« zu gestalten.

Das Projekt Ypsilon
Die 51 km lange Strecke der PPP Ostregion, Paket 1, ist als Projekt »Ypsilon« bekannt. Der Name symbolisiert die optische Anordnung der drei Straßenverbindungswege, die ein umgedrehtes Ypsilon bilden. Das »Ypsilon« umfasst den südlichen Teil der A5 von Eibesbrunn bis Schrick, die S1 West, Wiener Außenring Schnellstraße von Eibesbrunn nach Korneuburg, die S1 Ost, Wiener Außenring Schnellstraße von Süßenbrunn nach Eibesbrunn sowie die S2 Nordrand Schnellstraße, Umfahrung Süßenbrunn. Lange Zeit stellte das Ypsilon Projekt die größte Baustelle Mitteleuropas dar. Mehr als zehn Millionen Kubikmeter Erde wurden während der 37 Monate Bauzeit bewegt. Für die Errichtung der Strecke, inklusive vier Tunneln mit modernster Sicherheitstechnik, 14 Anschlussstellen, 76 Brücken, 18 Unterführungen, 81 km Lärmschutzwänden sowie Dämmen waren 13.500 Pläne notwendig. Zwei Raststätten befinden sich noch im Bau und werden bis 2011 fertiggestellt sein.
Die Strecke wird durch die Bonaventura Straßenerrichtungs-GmbH finanziert, gebaut und über die nächsten drei Jahrzehnte betrieben. Für die Errichtung der Strecke war die Arge PPP Ostregion zuständig. Die Arbeitsgemeinschaft setzte sich zu jeweils 50 Prozent aus der Alpine Bau GmbH und der Hochtief Construction AG zusammen.

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