Der steinige Weg zurück
Die europäische Immobilienbranche befindet sich auf einem beschwerlichen Weg in Richtung Erholung. Die lang ersehnten Erleichterungen bei der Kreditvergabe sowie die Wertstabilisierung bei vielen Objekten sollten die Lage am Immobilienmarkt 2010 verbessern. Der Aufschwung wird aber nur langsam und stockend über die Bühne gehen. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie »Emerging Trends in Real Estate Europe 2010«, die von PricewaterhouseCoopers gemeinsam mit dem Urban Land Institute erstellt wurde. »Es geht langsam wieder bergauf. Inwieweit sich die Werte erholen werden, hängt davon ab, wo sich Europa wirtschaftlich im globalen Wettbewerb positionieren kann«, erklärt Wolfgang Vejdovsky, Leiter Real Estate Advisory bei PwC Österreich. Auch die überwiegende Mehrheit der insgesamt 640 befragten Branchenexperten mahnt zur Vorsicht. Neben den hohen Arbeitslosenzahlen und den niedrigen Konsumausgaben ist es vor allem das launische Verhalten der Banken, das für Unsicherheit sorgt. Ob die Banken die Immobilienbestände in die Bücher nehmen und Not leidende Kredite verkaufen oder ihre aktuelle Abwartestrategie fortsetzen, ist aus heutiger Sicht nicht seriös einzuschätzen.
In diesem unsicheren Umfeld vertrauen die Experten auf konservative Strategien, die Zeit abenteuerlicher Investments mit hohen Renditechancen ist vorbei. Der Trend geht zu Investitionen in vertraute Märkte. Die größten Ertragschancen werden in Deutschland gesehen. Dank der großen Wirtschaftskraft Deutschlands und eines transparenten Markts belegen Hamburg und München im Ranking der europäischen Immobilienstandorte die Plätze eins und drei. Ebenfalls hohe Ertragschancen bieten London und Paris. Zu den größten Verlierern im aktuellen Ranking zählt Moskau. Der enorme Leerstand in der russischen Hauptstadt, der vor allem auf das Abflauen des Ölbooms und die damit verbundenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Landes zurückzuführen ist, hat zu einem Absturz von Platz sechs auf Platz 23 geführt.
Deutlich erfreulicher ist die Entwicklung von Wien. Mit einem Sprung von 17 auf fünf hat die österreichische Hauptstadt Metropolen wie Mailand, Istanbul, Berlin oder Rom überholt.
Trendsetter UK
Die Preise für langfristig vermietete Gewerbeimmobilien ziehen in weiten Teilen Europas wieder an, vor allem in den sehr guten Lagen. »Dieser Trend setzt sich im Jahr 2010 fort, sofern es keine negativen konjunkturellen Überraschungen gibt«, sagt Stefan Wundrak, Research Manager Europe bei Henderson Global Investors. Die größten Chancen sieht Wundrak in Objekten aus der zweiten Reihe.
Als Trendsetter erweist sich einmal mehr Großbritannien. Den Beginn machte im vierten Quartal 2009 ein sprunghafter Anstieg der Nachfrage nach Top-Immobilien. Weil das Angebot an Top-Immobilien in besten Lagen mit sicheren Mietern und langen Mietverträgen aber naturgemäß begrenzt und die Preise schon deutlich gestiegen sind, schwappt die Investitionsbereitschaft jetzt auf Gewerbeimmobilien mit höherem Risiko über. Eine ähnliche Entwicklung erwartet Henderson-Experte Wundrak für viele kontinentaleuropäische Immobilienmärkte. In Paris sind die Renditen für Top-Immobilien bereits wieder von 6,5 Prozent auf 5,25 Prozent gefallen. »Investoren sollten ihren Blick auf Objekte aus der zweiten Reihe richten. Zwar gestaltet sich die Preisfindung aufgrund der geringen Transaktionsvolumina und der einzupreisenden Risiken sehr schwierig. Diese Unsicherheit bietet für erfahrene Marktteilnehmer aber hohe Renditechancen«, so Wundrak. Die Renditeabstände zwischen den gefragten Top-Immobilien und dem restlichen Gewerbeimmobilienmarkt steigen kontinuierlich. Lag die Differenz im Sommer 2007 noch bei etwa 100 Basispunkten, wird sie 2010 auf bis zu 250 Basispunkte ansteigen.
Die Top 10 Immobilienstandorte Europas
1 (1) München 5,61
2 (5) London 5,52
3 (2) Hamburg 5,38
4 (8) Paris 5,32
5 (3) Istanbul 5,14
6 (17) Wien 5,09
7 (9) Berlin 5,05
8 (18) Mailand 4,98
9 (10) Frankfurt 4,93
10 (13) Warschau 4,89