Donnerstag, Juli 18, 2024

Die Ermittlungen im Fall der österreichischen Baukartelle fördern neue Verantwortliche zutage: Gegen Pittel + Brausewetter wurde nun vor dem Kartellgericht ein Bußgeld von 4,81 Millionen Euro beantragt. Das Bauunternehmen war in die österreichweiten illegalen Preisabsprachen und Marktaufteilungen verwickelt. 

Die Bundeswettbewerbsbehörde stellte am 16.02.2023 einen Antrag auf Verhängung einer Geldstrafe gegen das Unternehmen Pittel + Brausewetter. Bereits September letzten Jahres hatte die BWB dem Baukonzern ihre Beschwerdepunkte mitgeteilt. Inzwischen zeigte sich das Unternehmen kooperativ: im Interesse einer schnellen Verfahrensbeendigung gab Pittel + Brausewetter vor dem Kartellgericht ein umfassendes Schuldanerkenntnis ab. Dies als auch die Einrichtung eines internen Compliance-Systems wurden vom BWB und dem Bundeskartellanwalt bei der Bemessung der Geldstrafe positiv berücksichtigt. 

Kostmann wird Kronzeuge

Gegen das Unternehmen Kostmann wurde ein Antrag auf Feststellung einer Zuwiderhandlung gestellt. Kostmann stellte bereits zu Beginn der Baukartell-Ermittlungen im Frühjahr 2017 einen Kronzeugenantrag und legte als eines der ersten Unternehmen Informationen und Beweismittel vor. Dank dieser Kooperation sieht die BWB hier von einer Geldbuße ab. „Kronzeugen helfen uns geheime Absprachen von innen heraus aufzudecken. Mit Stand heute hat die BWB seit 2006 rund 120 Kronzeugenanträge erhalten“, so die interimistische Generaldirektorin Natalie Harsdorf-Borsch.

Kostmann gab indes vor dem Kartellgericht bereits zu, am Baukartell beteiligt gewesen zu sein. Auch habe man ein zertifiziertes Compliance-System eingeführt und weitere Maßnahmen gesetzt, um zukünftigen Zuwiderhandlungen gegen das Kartellverbot vorzubeugen.

Hintergrund

Anfang 2017 hatte die BWB aufgrund des Verdachts auf Absprachen in der Bauwirtschaft gemeinsam mit der WKStA Hausdurchsuchungen durchgeführt. Am aufgedeckten Kartell beteiligt waren nahezu sämtlichen Sparten des österreichischen Baugewerbes, insbesondere aber der Straßenbau. Betroffen sind zahlreiche öffentliche, aber auch private Auftraggeber in einer großen Anzahl an Bauvorhaben. Gegen eine Vielzahl der mutmaßlich beteiligten Unternehmen laufen die Ermittlungen der BWB noch, andere Verfahren konnten bereits rechtskräftig abgeschlossen werden.

Im Rahmen der Zuwiderhandlung wurden zwischen den beteiligten Unternehmen Absprachen getroffen, um sich gegenseitig zur Erteilung von Aufträgen zu verhelfen und so unter anderem Marktanteile zu sichern und eine entsprechende Kapazitätsauslastung zu erhalten. Um dieses gemeinsame Ziel zu erreichen, kam es zu Preisabsprachen, dem Austausch wettbewerbssensibler Informationen wie etwa Abstimmungen über Angebotsabgaben, sowie vereinzelt zur Bildung kartellrechtswidriger Arbeits- und Bietergemeinschaften. Unter anderem wurde etwa der Ausschreibungsgewinner, der abzugebende Preis und die Abgabe von „Deckangeboten“ vereinbart, sodass bestimmte Mitbewerber beispielsweise überhaupt kein Angebot legen sollten. Abgesprochen hatten sich die Unternehmen entweder über bilaterale Kontakte oder gar ganze Gesprächsrunden.

Nach dem Kartellgesetz können solche Verstöße mit Geldbußen bis zu 10 Prozent des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes geahndet werden. Dabei werden Schwere und Dauer der Rechtsverletzung, des Verschuldens, der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Kooperation des beschuldigten Unternehmens berücksichtigt. 

(Titelbild: iStock)

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