Die schon seit längerer Zeit überfällige UVP-Novelle zur Anpassung des nationalen Gesetzes an die Vorgaben aufgrund eines gegen Österreich geführten EU-Vertragsverletzungsverfahrens ist nun endlich in Begutachtung. Das Ziel: UVP-Verfahren sollten nicht nur EU-konform, sondern schneller und effizienter werden und den Erfordernissen der Energiewende und des Klimaschutzes Rechnung tragen (der Report berichtete). Aber wird dies tatsächlich gelingen? Eine Analyse von Sandra Kasper und Stefanie Werinos-Sydow, PHH Rechtsanwälte.
Neue Fristen
Um UVP-Verfahren effizienter zu machen, sollen einerseits verstärkt Online- und Hybridveranstaltungen möglich sein, andererseits konkrete Fristen der bisher gängigen Praxis Einhalt gebieten, durch immer neue Beschwerden die Verfahren zu verlängern. Einwendungen sollen während der Auflage des Vorhabens nur noch binnen bestimmter Fristen zulässig sein. Wer zu spät kommt, wird zurückgewiesen, und diese Personen haben ihre Parteistellung im Verfahren verwirkt. Fristen zur Äußerung gibt es auch nach der öffentlichen Auflage und Kundmachung des Umweltverträglichkeitsgutachtens. Neue Tatsachen und Beweismittel sind in der mündlichen Verhandlung nicht mehr zulässig, auch ergänzende Vorbringen müssen innerhalb einer Woche vor der mündlichen Verhandlung eingebracht sein.
Zudem wird der Instanzenweg präziser geregelt. Missbräuchlich oder unredlich vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgebrachte Einwendungen werden als unzulässig abgewiesen. Das ist etwa der Fall, wenn es der Beschwerdeführer bewusst unterlassen hat, die Einwände bereits innerhalb der im Verwaltungsverfahren vorgesehenen Frist vorzubringen. Außerdem kann das Bundesverwaltungsgericht künftig angemessene Fristen für zulässige Beschwerdeergänzungen vorsehen. Und: Umweltorganisationen können künftig nur noch Revision an den VwGH erheben, sofern diese im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht Parteistellung hatten.
Stand der Technik
Ebenfalls eine Erleichterung für Projektwerber ist das »Einfrieren des Stands der Technik«. Bei langwierigen Verfahren werden keine Änderungen des Stands der Technik mehr notwendig sein, maßgeblich ist nunmehr der Zeitpunkt der vollständigen Einreichung der Einreichunterlagen.
Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen
Für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen kann im Rahmen der Bewilligung vorab ein Konzept bewilligt werden. Konkrete Maßnahmen müssen allerdings erst in einem Änderungsverfahren und spätestens bis zur Abnahme vorgelegt werden. Kompensationsflächen müssen zudem nicht mehr bindend am gleichen Ort sein, und auch finanzielle Ausgleichszahlungen sind vorgesehen. Dadurch wird mehr Flexibilität hinsichtlich der zeitlichen und örtlichen Fixierung ökologischer Kompensationsmaßnahmen geschaffen.
Technische Anpassung nur noch anzeigepflichtig
Immissionsneutrale Änderungen sowie Änderungen aufgrund technologischer Weiterentwicklungen des Vorhabens unterliegen gemäß der Novelle meist nur noch einer Anzeigepflicht. Zudem kann die Behörde im Rahmen des Abnahmebescheids »geringfügige Abweichungen« genehmigen, wie etwa technologische Weiterentwicklungen mit vernachlässigbaren Auswirkungen oder immissionsneutrale Änderungen Das betrifft bspw. geringfügige Lageänderungen oder eine Änderung der Verkabelung, bei Windparks auch eine geringe Erhöhung der Engpassleistung. Bei Zweifel kann die Behörde aber ein reguläres § 18b UVP-G Verfahren einleiten.
Energiewende im Fokus
Die Novelle definiert erstmals »Vorhaben der Energiewende«, also Projekte, die der Errichtung, der Erweiterung oder Änderung von Anlagen zur Erzeugung, Speicherung oder Leitung erneuerbarer Energien dienen. Damit sind die Erzeugung und Speicherung von erneuerbarer Energie eindeutig erfasst, aber auch Transportleitungen für erneuerbare Energien. Diese Vorhaben gelten künftig als Vorhaben von »hohem öffentlichen Interesse«. Das bedeutet, dass diese nicht aus Gründen der Beeinträchtigung des Landschaftsbilds versagt werden können.
Auch erfahren Vorhaben der Energiewende eine Besserstellung durch den künftigen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung. Dies ist möglich, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und die Beschwerde nicht durch Tatsachen belegt wurde. In der Praxis sind es nämlich vor allem Vorhaben der Energiewende, die aufgrund solcher Vorbringen massive Verzögerungen erleiden. Dies soll mit dem künftigen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung hintangehalten werden.
Eine Sonderstellung in der geplanten Novelle erlangen zudem Windkraftanlagen. Diese sollen künftig auch auf Flächen errichtet werden können, die in der örtlichen Raumplanung (Flächenwidmung) eine solche Errichtung grundsätzlich nicht vorsehen würden.
Kein Happy End
Die hier aufgezeigten Änderungen in Bezug auf Verfahrenseffizienz und Energiewende sind grundsätzlich als positiv zu werten und gehen jedenfalls in die richtige Richtung. Ein »Happy End« bescheren diese Änderungen derzeit jedoch – noch – nicht. Die Verwaltungspraxis in Verfahren zur Energiewende und vor allem Zeiten wie diese zeigen klar, dass der Gesetzgeber zu größeren Schritten gefordert ist. So sollte es »Widmungsblindheit« nicht nur für die Windkraft und nicht nur für UVP-Vorhaben, sondern für sämtliche Vorhaben erneuerbarer Energien (z. B. ist die Errichtung von 1-MW-PV-Anlagen nur bei Widmungskonformität zulässig) österreichweit verankert werden. Auch in Sachen Verfahrenseffizienz wären klarere Fristsetzungen, sowohl für die Beteiligten aber insbesondere für die Behörden, nach wie vor wünschenswert.
Über PHH
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