Mitte letzten Jahres rechneten viele Dämmstoffhersteller für das Gesamtjahr 2021 mit einem enormen Wachstum. Ganz so sensationell wie erhofft, ist es dann doch nicht gekommen. Prognosen für 2022 sind schwierig. Klar ist, einfacher wird es nicht und an unterjährigen Preiserhöhungen wird vermutlich kein Weg vorbeiführen.
Im Jahr 2020 ist der Dämmstoffmarkt laut GDI 2050 um 3,7 Prozent oder 230.000 Kubikmeter geschrumpft. Während die Schaumstoffe laut GDI noch mit einem Minus von 2,42 Prozent und alternative Dämmstoffe auf Basis von Zellulose, Schafwolle, Hanf etc. mit einem Minus von 3,51 Prozent relativ gut durch die Coronakrise kamen, verzeichnet die Mineralwolle einen Rückgang von 5,30 Prozent. Für die Hersteller bedeutete dies durch die Bank ein leichtes, aber verkraftbares Minus, waren die Erwartungen angesichts des Ausbruchs der Coronapandemie doch deutlich pessimistischer. Auch wenn die finalen Ergebnisse und Statistiken noch fehlen, eines kann man mit Sicherheit sagen: 2021 ist für die Dämmstoffhersteller wie für die gesamte Baubranche deutlich besser gelaufen.
Das zeigen schon die letzten verlässlichen Zahlen aus dem Branchenradar-Trend vom Juli 2021. Dabei wurde bei den Herstellern das erste Halbjahr 2021 abgefragt sowie ein Ausblick auf das Gesamtjahr erhoben. Demnach rechneten etwa die Unternehmen von Wärmedämmverbundsystemen mit einem Absatzplus von 13,3 Prozent (gewichteter Mittelwert) für das Jahr 2021 bei einem gleichzeitigen Preisanstieg von 11,0 Prozent (gMW).
»Alle Hersteller gingen zur Jahresmitte davon aus, das Geschäftsvolumen signifikant steigern zu können«, sagt Branchenradar-Chef Andreas Kreutzer. Etwas flacher als die Hersteller von WDVS schätzten zur Jahresmitte 2021 die Erzeuger von Dämmstoffen die Jahresbilanz 2021 ein. Demnach rechnete man mit einem Anstieg der Nachfrage um knapp neun Prozent und weiteren plus sieben Prozent an der Preisfront (beide gMW). »Infolge sollten die Erlöse um etwa 15 Prozent zulegen«, so Kreutzer.
Leichter Dämpfer
Ganz so euphorisch, wie zur Jahresmitte erhofft, ist das 2021 aber nicht gelaufen. »Bei den EPS-basierten Dämmstoffen ist nach einer Bestell-Rally 2021 in der 1. Jahreshälfte mit Beginn der Haupturlaubszeit ein deutlicher Rückgang des Bedarfs festzustellen gewesen«, erklärt etwa Synthesa Key Accounter Wolfgang Folie. Schließlich gab es Anfang des Jahres speziell im Hochbau noch einen starken Auftragsüberhang aus dem Vorjahr. Folie geht davon aus, dass sich der WDVS-Markt im Vergleich zu 2020 um sechs bis sieben Prozent nach oben bewegt hat.
Auch 2022 rechnen die meisten Hersteller mit einem Umsatzplus, eine Ergebnisprognose traut sich aber kaum jemand abzugeben.
Auch bei Austrotherm und Saint-Gobain Isover zeigt man sich zufrieden, aber nicht euphorisch. »Die Nachfrage nach Isover-Dämmstoffen war extrem gut, leider haben sich die eingeschränkten Lieferkapazitäten etwas dämpfend ausgewirkt«, sagt Geschäftsführer Michael Allesch. Mit Engpässen hatten auch andere Hersteller zu kämpfen. Davon konnte laut eigenen Angaben Rockwool profitieren. »Das Wachstum 2021 war eindrucksvoll. Das lag unter anderem an den Engpässen einiger Wettbewerbsprodukte. Durch die optimale Ausnutzung aller Produktionslinien konnten wir den kontinuierlich hohen Auftragseingang erfolgreich am Markt umsetzen«, so Geschäftsführer Manfred Wagner.
Keine erwartungstechnische Achterbahnfahrt hat Steinbacher hingelegt. Geschäftsführer Roland Hebbel will auch nicht von einem Bauboom sprechen. »Ja, es kam 2021 je nach Gewerk zu massiven Wachstumsraten, die sich gegen Ende des Jahres auf ein Plus von drei bis fünf Prozent eingependelt haben. Hier wollen wir aber nicht von einem Boom sprechen«, so Hebbel. Diese Entwicklung habe man frühzeitig antizipiert und schon von vornherein die Meinung vertreten, dass sich über das Jahr verteilt kein derart massives Wachstum, wie noch zur Jahresmitte erwartet, ergeben wird. »Unser Auftragsvolumen befand sich Ende 2021 annähernd wieder auf Vorjahresniveau«, so Hebbel.
Erwartungen 2022
Für 2022 gehen die meisten Hersteller von steigenden Umsätzen aus, eine Ergebnisprognose will aber kaum jemand abgeben (siehe Word-Rap). Die geopolitische Lage lässt auch kaum seriöse Annahmen zu und die Preise für Energie und Rohstoffe kennen schon zu lange nur noch den Weg nach oben. Zynischerweise könnte das der Branche sogar in die Karten spielen. »Die explodierenden Energiepreise werden die Umsetzung der Themen Dämmen und thermische Sanierung stark beschleunigen«, ist Allesch überzeugt.
Auch für Austrotherm-Geschäftsführer Klaus Haberfellner ist die »konsequente und nachhaltige Reduktion des Energieverbrauchs eine der größten Herausforderungen der Zukunft«. Innovative, klimaschützende Dämmstoffe würde dabei eine zentrale Rolle spielen, speziell auch in der Sanierung. »Die Fördergelder sind da, sie müssen nur abgeholt werden«, appelliert Haberfellner, der für 2022 eine weiterhin gute Bautätigkeit und anhaltend starke Nachfrage nach Dämmstoffen erwartet.
Für Rockwool-Chef Wagner besteht sogar die Möglichkeit, dass die Branche über den allgemeinen Erwartungen wächst. »Nachdem die Politik aufgrund der CO2-Ziele ihren Fokus wieder stärker auf die Renovierung gerichtet hat, zeigt sich bereits eine spürbar positive Entwicklung am Dämmstoffmarkt.« Mit der Debatte um Energieabhängigkeit, nachhaltige Energieträger und Energieeffizienz wachse auch das Bewusstsein für thermische Gesamtkonzepte von Gebäuden.
Das heikle Thema der unterjährigen Preiserhöhungen wird 2022 ein treuer Begleiter der Branche sein. Ausschließen könne man sie seriöserweise aus heutiger Sicht nicht, so Klaus Haberfellner. »Allein die Inflationsrate zeigt, wohin wir uns bewegen.« Ähnlich auch die Einschätzung von Roland Hebbel: »Es wäre unseriös zum derzeitigen Zeitpunkt einen klaren Ausblick hinsichtlich möglicher Preisanpassungen zu geben. Aufgrund bestehender politischer Entwicklungen ist momentan davon auszugehen, dass es zu massiven Energie- und Rohstoffverteuerungen kommen wird.«
Ganz ähnlich fällt die Einschätzung bei Rockwool und Synthesa aus. Isover hat bereits für 1. April Anpassungen angekündigt und schließt auch nicht aus, dass weitere folgen müssen.
Fokus Kreislaufwirtschaft
Das Thema Kreislaufwirtschaft steht in der Dämmbranche ganz oben auf der Themenliste (siehe Word-Rap). Dass es sich dabei um mehr als ein Lippenbekenntnis handelt, stellen unter anderem Rockwool und Austrotherm unter Beweis.
Bereits 2020 hat Rockwool mit Rockcycle ein Rücknahme- und Recycling-Service für Rockwool Dämmstoffe auf den Markt gebracht. Dabei werden die Steinwolleabfälle in eines der Werke in Deutschland geliefert, aufbereitet und sukzessive dem Produktionsprozess wieder zugeführt. Ein weiteres Angebot zur Rücknahme von Kleinmengen steht kurz vor Markteinführung.
Austrotherm hat im März 2021 das erste österreichweite klimaneutrale Abholservice für XPS-Baustellenverschnitte gestartet, das laut eigenen Angaben sehr gut angenommen wird und auch 2022 forciert werden soll. Die Baustellenverschnitte werden nicht wie bisher der thermischen Verwertung zugeführt, sondern wie produktionsbedingte Verschnitte im Werk Purbach in einem Brecher zerkleinert, gemahlen und aufbereitet, damit XPS-Dämmstoff wieder zu XPS-Dämmstoff wird.