Samstag, Juli 06, 2024
Bauen 2050: Reale Perspektiven mit visionärem Charakter

Nur mit gebündelter Kompetenz lassen sich die Herausforderungen des zukunftsfähigen Bauens bewältigen. Forschung und Industrie werden enger als bisher zusammenarbeiten. Die Politik kann diese nötigen Kooperationen forcieren. Zu diesen Ergebnissen kam eine prominent besetzte Expertenrunde der Forschungsplattform ReConstruct mit Bundesministerin Leonore Gewessler. 

Ein sauberer Planet für alle: Das herausfordernde EU-Ziel einer klimaneutralen Gesellschaft bis 2050, zu dem sich Österreich bereits für 2040 bekannt hat, erfordert radikale Veränderungen. Im Fokus stehen dabei Baustoffe, deren Funktionalitäten entlang der gesamten Wertschöpfungskette sowie ein evolutionäres Management. Um all das zu verwirklichen, wurde ReConstruct ins Leben gerufen. Als Forschungsplattform zur Zukunft des Bauens in Partnerschaft von WIFO, Sustainserv Zürich - Boston, Center for European Policy Studies Brüssel, Wegener Center an der Universität Graz, gefördert vom Fachverband der Stein- und keramischen Industrie.

Schlüsselrolle der Baustoffindustrie
Der Gebäudebereich ist eine besondere Herausforderung für den Klimaschutz. Einerseits haben wir einen gewaltigen Gebäudebestand der saniert und „klimafit“ gemacht werden muss. Andererseits ist die Bauaktivität enorm hoch und wir müssen sicherstellen, dass neue Gebäude keine Hypothek für die nächsten Jahrzehnte, sondern ein Asset sind. Wesentlich dafür sind neue Energiekonzepte und die Beachtung von Faktoren, die über das Bauen hinausgehen, wie etwa neue Geschäftsmodelle und soziale Fragen. Mit den sich abzeichnenden Innovationen kann die Baustoffindustrie zu einem Enabler für zukunftsfähige Wirtschaftsstrukturen werden. Die komplexe Aufgabe verlangt intensive Kooperation. „Erst die Verknüpfung von praktischer und wissenschaftlicher Kompetenz, wie sie die Plattform ReConstruct herstellt, erlaubt es, den umfassenden Herausforderungen des Systemwandels zu begegnen - hin zu mehr Nachhaltigkeit“, erklärte Leonore Gewessler, Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie.

Reale Projekte als Leitbild
Empirische Forschung liefert die Basis für zukunftsfähiges Bauen. In der Diskussion wurden wegweisende Projekte aus der Schweiz vorgestellt, in deren Planung die zukunftsorientierten Konzepte bereits einfließen. In Risch Rotkreuz entsteht auf einem ehemaligen Industriegelände das Quartier Suurstoffi, ein „Dorf im Dorf“, wo 7.000 Menschen leben und arbeiten sollen. Bauen und Mobilität gehen Hand in Hand mit interessanter Architektur und viel Grün. Beim Faktor Energie im Betrieb setzt man auf Selbstversorgung und Effizienz, dafür werden solare Elektrizität, Erdsonden sowie rezyklierte Abwärme eingesetzt.

I-Mindset erweitert Perspektiven
„Nicht mehr der Baustoff, sondern die Ansprüche an dessen Funktionalität sollten der Startpunkt für weitere Entwicklungen - von Produkten bis zu Geschäftsmodellen - sein. Die Baustoffindustrie kann so zu Gesamtlösungen beitragen“, erklärte Stephan Lienin, Managing Partner von Sustainserv, das Zusammenspiel von Innovation, Integration und Inversion unter dem Titel „I-Mindset“. Dieser Ansatz bedingt eine verbesserte Zusammenarbeit aller Mitwirkenden entlang der Wertschöpfungskette. So können Synergien und Innovationspotenziale erkannt werden. Als Orientierung dienen die von den Endkunden geforderten Funktionalitäten.

Knackpunkt Energie
Noch stärker in den Fokus rückt die energetische Transformation des Gebäudesektors und dessen Integration in lokale Multienergienetze sowie die Schließung der Baustoffkreisläufe. Das sind zentrales Features des Projektes NEST, das nahe Zürich als Experiment im Maßstab 1:1 abläuft. Unter Verwendung moderner Technologien werden Einzelgebäude über Gas-, Strom-, Wärme- und Informationsnetze miteinander verbunden. „Damit kann ein Maximum an erneuerbarer Energie lokal gewonnen und verwendet werden. Zudem wird die motorisierte Individualmobilität mit einbezogen - so wird auf eine Neuordnung der gesamten Energiedistribution hingearbeitet“, führte Peter Richner aus, stellvertretender Direktor des interdisziplinären Forschungsinstituts EMPA.

Transformation im Bauen
Bisher sind die Netze darauf ausgelegt, zentral erzeugte Energie zu verteilen. Wenn sich zukünftig immer mehr Gebäude selbst versorgen und sogar Energie liefern können, entstehen viele dezentrale Quellen. Wie lässt sich ihr Potenzial sammeln und nützen? Diese Frage führt scheinbar weg von den Baustoffen und kann doch im Sinne der Zukunftsfähigkeit nicht ausgeblendet werden. Zahlreiche weitere Potenziale stecken in den neuen Gebäudekonzepten: Etwa die positive ökosoziale Bilanz durch Zusammenleben und Kooperation, zB kurze Wege und damit weniger Verkehr, weil Leben und Arbeit nebeneinander liegen. Der gesellschaftliche Benefit geht durch die positive Außenwirkung weit über das einzelne Bauprojekt hinaus. Gesetzliche und finanzielle Anreize sollten die Entwicklung energieautonomer Gebäude und Areale begünstigen, denn über den langen Lebenszyklus betrachtet, relativieren sich die höheren Kosten bei der Errichtung.

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