Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report spricht der neue Facilitycomfort-Geschäftsführer Thomas Angerer über neue Geschäftsfelder, das Potenzial ergebnisorientierter Ausschreibungen und gelebte Partnerschaften.
Report: Welche Ziele verfolgen Sie als neuer Geschäftsführer der Facilitycomfort? Was wollen Sie anders als Ihr Vorgänger machen, wo setzen Sie auf Kontinuität?
Thomas Angerer: Mir ist es wichtig, dass wir ein solides Wachstum hinlegen, aufbauend auf der Basis, die mir hinterlassen wurde. Ich möchte neue Dienstleistungen ins Portfolio aufnehmen. Dazu zählen kleine Bereiche wie die Fassadenbegrünung ebenso wie unser neues Bauträgergeschäft. Wir haben unsere Kunden gefragt, was sie sich von uns wünschen und werden einige dieser Ideen und Anregungen in naher Zukunft umsetzen. Mehr kann ich dazu leider noch nicht sagen (lacht). Ganz wichtig ist mir auch das Thema Nachhaltigkeit und der Bereich Innovation.
Report: Was erwarten sie sich vom Projekt Bauträgergeschäft?
Angerer: Es geht jetzt natürlich einmal darum, Know-how aufzubauen. Ich bin aber überzeugt, dass das Bauträgergeschäft sehr gut in die gesamtheitliche Betreuung und Betrachtung von Gebäuden passt. Hinter dem Namen WSTW-Immo stehen mehrere Unternehmen, wo jedes sein individuelles Know-How beiträgt. Unsere Kernkompetenz im Projekt ist das Facility Management. Zusammen eröffnet das eine Spielwiese, wo man sehr innovativ sein kann. Und natürlich wollen wir diese Gebäude, die wir errichten, später dann auch betreiben.
Das ist auch der Vorteil für die späteren Eigentümer. Wenn ich ein Gebäude nicht nur errichte, sondern auch betreue, habe ich natürlich großes Interesse, dass es auch funktioniert und qualitativ hochwertig ist.
Report: Der »Alles-aus-einer Hand-Gedanke« spielt in der FM-Branche schon länger eine Rolle. Mit dem Bauträgergeschäft fassen Sie diesen Gedanken aber deutlich weiter als der Mitbewerb.
Angerer: Ich richte mich nach den Kundenwünschen und Kundenbedürfnissen. Das Schubladendenken ist heute nicht mehr gefragt. Die Kunden wünschen sich eine ganzheitliche Betrachtung. Da hilft uns auch der technische Fortschritt. Dank der Sensorik können einzelne Bereiche viel stärker miteinander verknüpft werden. Mit all diesen Möglichkeiten ändert sich auch der Kunde. Die Interaktion mit der Technik wird immer mehr zur Selbstverständlichkeit. Wenn ich heute etwas optimiere, will der Kunde sofort die Ergebnisse sehen und ich will das Nutzerverhalten sehen.
Report: Wie wirkt sich die Coronakrise abgesehen von Homeoffice auf die Facilitycomfort aus?
Angerer: Das ist eine große Herausforderung. Gerade auch in der Kundenbeziehung. Es gibt Kunden, die in dieser Zeit eher niemanden sehen wollen und andere, wo der Bedarf deutlich größer wird, etwa im Pflegebereich. Da sind die Anforderungen an den Facility Manager deutlich gestiegen. Darauf musste man sich in kürzester Zeit einstellen.
Report: Lässt sich dieser Mehraufwand einpreisen?
Angerer: Gerade in Zeiten wie diesen ist das eher ein Geben und Nehmen. Es gibt Bereiche, da ist der Aufwand jetzt höher und Bereiche mit geringerem Aufwand.
Report: Funktioniert dieser Partnerschaftsgedanke?
Angerer: Das hängt davon ab, welches Verhältnis man vor der Krise hatte. Wenn das Verhältnis gut war, dann funktioniert in der Krisensituation vieles besser. Da wird der Teamgedanke groß geschrieben.
Report: Es ist immer wieder die Rede davon, dass durch die Coronakrise und das damit einhergehende Homeoffice auch in Zukunft weniger Büroflächen gebraucht werden. Teilen Sie diese Einschätzung und welche Auswirkungen hat das auf den FM-Markt?
Angerer: Büros sind für uns ein sehr wichtiges Geschäftsfeld. Ich denke, es ist noch zu früh, über langfristige Auswirkungen zu spekulieren. Natürlich bietet Homeoffice für alle Beteiligten ein höheres Maß an Flexibilität, aber die Frage der persönlichen Interaktion muss noch geklärt werden. Das fehlt sowohl dem Mitarbeiter als auch dem Unternehmen. Nicht alles kann man mit Videokonferenz effektiv besprechen. Der Bedarf an Büroflächen wird sicher bleiben, es werden sich aber die Anforderungen ändern. Büros schaffen auch Bindung zum Mitarbeiter.
Report: Welche aktuellen FM-Trends sehen Sie?
Angerer: Das wichtigste Schlagwort ist sicher »predictive Maintenance«. Da gibt es technologisch sicher noch einiges zu tun, aber das Potenzial der vorausschauenden Wartung ist enorm. Informationen in Echtzeit zu bekommen wird in Zukunft ein Must-have sein.
Report: Die »predictive Maintenance« könnte auch die Vergabepraxis ändern. Sehen Sie ein steigendes Interesse an ergebnisorientierten Ausschreibungen?
Angerer: Nein, derzeit noch nicht. Wir sind aber gerade in konkreten Gesprächen mit einem Kunden, wo wir genau das versuchen. Da werden wir einige Dinge ausprobieren, um zu zeigen, dass es funktioniert. Es ist ja auch nicht sinnvoll, ein Büro täglich zu reinigen, wenn es nicht benutzt wird. Aktuell dominiert aber das klassische Leistungsverzeichnis.
Report: Warum halten sich diese Vorbehalte gegenüber einer ergebnisorientierten Vergabe so hartnäckig?
Angerer: Gute Frage. Warum gab es Vorbehalte gegen das Homeoffice? Weil in vielen Köpfen der Gedanke ist, das könnte ausgenutzt werden. Ich habe gute Beispiele bei der Wien Energie gesehen. Da ging es um Anlagenbetreuung. Wir garantieren die Verfügbarkeit, aber wie wir diese sicherstellen, ist unsere Entscheidung. Da hat das gut funktioniert. Energie lässt sich aber auch besser messen als eine Reinigungsdienstleistung. Wenn es kalt ist, merkt man das sofort.
Report: Mit der Fassadenbegrünung ist Facilitycomfort in ein neues Geschäftsfeld eingetreten. Was waren die Überlegungen dahinter und welche Erwartungen haben Sie?
Angerer: Mit dem Thema beschäftigen sich aktuell sehr viele. Es ist für mich persönlich auch sehr wichtig, dass man sich als Unternehmen mit dem Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit beschäftigt.
Report: Nachhaltigkeit ist ein Schlagwort, das oft nur als Deckmäntelchen ohne viel Substanz dient. Wie wollen Sie sicherstellen, dass Nachhaltigkeit auch gelebt wird?
Angerer: Das geht heute gar nicht mehr anders. Die nächste Generation wird uns an den Ergebnissen messen. Sie haben recht, nur zu kommunizieren reicht nicht. Es braucht auch die Umsetzung. Wir spüren das auch beim Kundenverhalten. Natürlich spielt der Preis eine große Rolle. Aber wenn der Preis halbwegs vergleichbar ist, entscheidet sich der Kunde heute für das nachhaltigere Produkt.
Report: Wenn wir uns in einem Jahr wiedersehen, was muss passiert bzw. umgesetzt sein, damit Sie von einem erfolgreichen ersten Jahr als Geschäftsführer sprechen?
Angerer: Natürlich müssen die Ergebnisse stimmen. Es wird aber auch wichtig sein, dass wir unsere Strategie in die Umsetzung gebracht haben und ein neues Geschäftsfeld auf die Beine gestellt haben. Wir wollen uns auch messbare Umweltziele stecken, die wir in den nächsten Jahren monitoren können. Und ich will jeden Mitarbeiter persönlich kennen lernen. Das war in den letzten Monaten leider covidbedingt nicht möglich.