Von August 2017 bis Februar 2020 ist in Deutschland das Forschungsprogramm »Zukunft Bau« des Bundesministeriums des Inneren, für Bau und Heimat gelaufen. Inhaltlicher Schwerpunkt waren »Alternative Vertragsmodelle zum Einheitspreisvertrag für die Vergabe von Bauleistungen durch die öffentliche Hand«. Jetzt liegt der 311 Seiten starke Abschlussbericht vor. Fazit: Alternative Vertragsmodelle können den Defiziten traditioneller Verträge wirksam entgegenwirken.
Anlass für die Untersuchungen waren die berühmt berüchtigten Kosten- und Terminüberschreitungen bei einigen Großprojekten wie der Elbphilharmonie, Stuttgart 21 oder allen voran dem Flughafen Berlin Brandenburg. Im Rahmen des Forschungsvorhabens wurde nun untersucht, ob durch andere als die bislang gängige Vertragsgestaltung die angetroffenen Probleme vermieden bzw. reduziert werden können. Dabei ging es vor allem um »kooperative Planung«, das »Bestbieterprinzip« und eine »partnerschaftliche Projektzusammenarbeit«.
Da bei klassischen Vertragsmodellen die Individualinteressen im Vordergrund stehen, fokussiert die Untersuchung auf Mehrparteienverträge, wie sie in Australien, Neuseeland, USA oder Finnland zum Einsatz kommen. Dabei zeigt sich, dass »das Potenzial zur verstärkten Einbringung kooperativer Elemente im Vergleich zu den bilateralen Vertragsstrukturen größer ist und dadurch auch erhöhte Termin- und Kostensicherheit erreicht werden kann«.
Ein weiterer Vorteil ist, dass Mehrparteienverträge im Vergleich zu den traditionellen Vertragsmodellen bessere Grundlagen zur Umsetzung von Methoden des Lean Construction und Building Information Modeling bieten. Auch die frühzeitige Integration des Know-hows der bauausführenden Unternehmen wird positiv hervorgehoben. Als größter Anreiz für den Einsatz von Mehrparteienverträgen und den Kooperationsgedanken wurde vor allem »die Ausrichtung der ökonomischen Interessen der Partner auf gemeinsame Projektziele« identifiziert.
Ergebnis der Analyse sind drei verschiedene alternative Vertragsmodelle (siehe Kasten).
Fazit
Die Studie kommt zum Schluss, dass den Defiziten traditioneller Vertragsmodelle mit Mehrparteienverträgen wirksam begegnet werden kann. Damit lasse sich auch die »als wesentliche Problemursache identifizierte klassische Trennung von Planung und Ausführung vermeiden und die frühzeitige Integration der Expertise von ausführenden Unternehmen wird systemisch ermöglicht«.
Drei Modelle von Mehrparteienverträgen
Modell 1: Der Mehrparteienvertrag ist ein Rahmenvertrag, der im Wesentlichen kooperative Elemente regelt. Dieser Rahmenvertrag ersetzt nicht traditionelle bilaterale Vertragsverhältnisse, sondern ergänzt diese.
Modell 2: Der Mehrparteienvertrag ersetzt die üblichen bilateralen Vertragsstrukturen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Das Modell sieht ein eigenes Vergütungssystem auf Selbstkostenerstattungsbasis vor und ersetzt hiermit auch in dieser Hinsicht herkömmliche Preise wie Einheitspreise und Pauschalpreise.
Modell 3: Wie Modell 2, zusätzlich sind jedoch nach Abschluss der Planungs- und Entwicklungsphase verbindliche Preise für die von den Planungs- und Bauausführungspartnern ab diesem Zeitpunkt zu erbringenden Leistungen vorgesehen.