Die Baubranche sieht sich derzeit mit erheblichen Verzögerungen im behördlich-administrativen Bereich konfrontiert. Die Bauinnungen appellieren an die öffentliche Hand, die Genehmigungsverfahren rasch wieder aufzunehmen und zügig durchzuführen.
Die Bauinnungen sind seit Wochen intensiv damit beschäftigt, die Auswirkungen der Corona-Pandemie für ihre Mitgliedsbetriebe bestmöglich abzufedern. Einige gesetzliche Klarstellungen und eine von den Bau-Sozialpartnern in Zusammenarbeit mit dem Zentral-Arbeitsinspektorat erstellte »Handlungsanleitung« für sicheres Arbeiten auf Baustellen haben dazu beigetragen, dass die Bauwirtschaft nicht zum Erliegen gekommen ist und dort weitergearbeitet werden kann, wo es aus Sicht des Gesundheitsschutzes vertretbar und aus wirtschaftlicher Sicht sinnvoll ist.
Nunmehr gilt es, den Blick nach vorne zu richten und die Bautätigkeit wieder in Schwung zu bringen. Dafür ist es unabdingbar, dass sich die öffentliche Hand ihrer Verantwortung bewusst wird und eine aktive Rolle übernimmt: Behördenverfahren müssen dringend wieder aufgenommen und geplante Projekte zügig vergeben werden.
Verfahren liegen auf Eis
Derzeit ist leider vielfach das Gegenteil der Fall: die Vorbereitung geplanter Bauvorhaben stockt, da Genehmigungsverfahren ausgesetzt und Verhandlungen zu den eingereichten Verfahren nicht ausgeschrieben bzw. abgesagt wurden. »Wenn nichts geschieht, steuert der Bau nach Abarbeiten der laufenden Projekte flächendeckend auf einen zweiten – diesmal hausgemachten – Konjunktureinbruch zu. Keinesfalls darf jetzt der Grundstein für eine neuerliche Krise am Bau gelegt werden«, so Bundesinnungsmeister Hans-Werner Frömmel.
Es ist davon auszugehen, dass derzeit Bauvorhaben mit einem Volumen von mehreren Milliarden Euro mangels behördlicher Erledigung auf Eis liegen. Aus rechtlicher Sicht ist hier leider wenig Schützenhilfe zu erwarten: Der Gesetzgeber hat kürzlich ein verwaltungsrechtliches Covid-19-Begleitgesetz beschlossen, wonach die Rechtsmittelfristen und die behördliche Entscheidungsfristen unterbrochen bzw. gehemmt werden:
- Die Rechtsmittelfristen wurden unterbrochen. Das bedeutet, dass die Rechtsmittelfrist bei allen Entscheidungen, die nicht vor dem 22. März 2020 rechtskräftig wurden, mit 1. Mai 2020 neu zu laufen beginnen. Besonders relevant ist diese Regelung für den Baubeginn, da dieser grundsätzlich erst mit Rechtskraft des Bescheids zulässig ist.
- Die behördlichen Entscheidungsfristen sind für die Zeit vom 22. März 2020 bis zum Ablauf des 30. Aprils 2020 gehemmt. Dies bedeutet, dass dieser Zeitraum nicht in die Entscheidungsfrist der Behörde eingerechnet wird und sich die maximale Entscheidungsfrist um sechs Wochen verlängert.
Verfahrensstau wohl nicht mehr aufzuholen
Fakt ist aber: Die Verpflichtung der Behörde, gemäß § 73 Abs 1 AVG »ohne unnötigen Aufschub« zu entscheiden, bleibt trotz der Verlängerung der maximalen Entscheidungsfrist aufrecht. Hier ist die Politik gefordert, das Problembewusstsein in der Verwaltung zu schärfen: Bei anhaltender Verfahrenseinstellung bzw. Verzögerungen im Verfahrensverlauf würde mittelfristig ein massiver Verfahrensstau drohen, der aufgrund der beschränkten Ressourcen bei Amtssachverständigen und Verhandlungsleitern vermutlich auch nicht so schnell wieder aufzuholen sein wird.
»Die Baubranche kann nur dann ihrer Rolle als Konjunkturmotor gerecht werden, wenn ausreichend genehmigte Projekte umsetzbar sind«, so Frömmel. Die Bauinnungen appellieren daher an Politik und Verwaltung, Genehmigungsverfahren rasch wieder aufzunehmen und diese ggf. auch mit alternativen Verfahrensabläufen (z.B. unter Einsatz digitaler Hilfsmittel) zügig voranzubringen.
Corona-Virus: Aktuelle Informationen für die Bauwirtschaft
Angesichts der aktuellen Situation rund um die Corona-Pandemie sind fundierte und verlässliche Informationen für Baufirmen unabdingbar. Sicheres Arbeiten auf Baustellen, Kurzarbeit am Bau, bauvertragliche Aspekte – zu diesen und mehr Themen sind detaillierte, branchenspezifische Informationen auf der Website der Geschäftsstelle Bau unter www.bau.or.at/coronavirus abrufbar.