Montag, Dezember 23, 2024
»Zwischen Vertragsunterzeichnung und Dienstantritt kam Corona«
Foto: Andreas Hafenscher

Nach nur zwei Jahren als Geschäftsführer hat Mike Bucher Wienerberger Österreich verlassen und bei Schöck angeheuert.  In seinem ersten Interview als neuer CEO spricht er über die schwierige Einarbeitungsphase und was von seinen ursprünglichen Plänen für Schöck übrigbleibt. Er kündigt neue Produkte und Markteintritte an und erklärt, warum er für die neue Aufgabe seine »Lebensplanung über den Haufen geworfen« hat.

Report: Sie übernehmen mitten in der schlimmsten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg den Vorstandsvorsitz von Schöck. Ihren Amtsantritt haben Sie sich vermutlich anders vorgestellt, oder?

Mike Bucher: Genau so ist es. Ich hab mir das völlig anders vorgestellt. Schöck ist ein kerngesundes Unternehmen mit hervorragendem Ruf und Marktpositionierung. Da war die Aufgabenstellung, die ich mit dem Aufsichtsrat diskutiert habe, natürlich eine komplett andere.

Als ich den Vertrag unterschrieben habe, war von Corona noch keine Rede. Zwischen Vertragsunterzeichnung und Dienstantritt kam Corona und plötzlich wird aus der Herausforderung eines neuen Starts und einer Einarbeitung, die ohnehin schon groß genug ist, ein Abenteuer.

Report: Wie hätten denn die Aufgaben und Schwerpunkte ausgesehen, die Sie mit dem Aufsichtsrat besprochen haben?

Bucher: Schöck ist gut positioniert und es geht dem Unternehmen den Umständen entsprechend gut. Wir haben nur in einem einzigen Werk Kurzarbeit angemeldet, das ist leider in Österreich. Alle anderen Werke produzieren voll. Die Märkte reagieren sehr unterschiedlich, das balanciert sich derzeit gut aus. Bislang haben wir uns nur ein paar blaue Flecken geholt.

Jetzt hängt alles davon ab, wie sich die Lockerungen auswirken und welche Langzeitwirkung es geben wird. An der grundsätzlichen Marschroute des Unternehmens ändert sich dadurch nichts. Natürlich gibt es derzeit Notfallpläne und wir prüfen jeden Tag die Auftragseingänge. Im Unternehmen selbst spürt man die Krise kaum. Wir sind in allen Märkten liefer- und beratungsfähig.

Report: Wie stark sind die Rückgänge bei den Auftragseingängen?

Bucher: Das ist sehr unterschiedlich. In Deutschland etwa verzeichnen wir sogar Zuwächse. Das liegt daran, dass die Bauindustrie annähernd normal weitergearbeitet hat und es zu Beginn der Krise sogar zu »Hamsterkäufen« gekommen ist. Das war auch in Polen sehr stark spürbar. Dafür sind Märkte wie Frankreich fast zum Erliegen gekommen.   

Report: Kommen wir noch einmal auf Ihre Aufgaben und Schwerpunkte zurück. Wie werden diese aussehen?

Bucher: Die Schwerpunkte bleiben dieselben, aber natürlich mit geänderten Vorzeichen und immer mit dem Thema Corona verknüpft. Es geht um die drei großen Themenblöcke Digitalisierung, Internationalisierung und Innovation. Das sind die Grundpfeiler, auf denen der gute Ruf des Unternehmens ruht und die von großer Bedeutung sind, um auch in Zukunft immer einen Schritt voraus zu sein.

Dafür braucht es Digitalisierung und dafür braucht es auch Innovation. Und man muss gewisse Produktgruppen in bestimmten Ländern neu positionieren und auch völlig neue Märkte erschließen. Die Geschwindigkeit bestimmt allerdings jetzt Corona. Das zeigt sich schon bei meiner Einarbeitung. Das Virus entscheidet, welche Märkte und welche Standorte ich besuchen und kennenlernen kann, keine strategischen Überlegungen.

Report: Sie haben das Thema Innovation angesprochen. Schöck ist ein sehr spezialisiertes Unternehmen. Gibt es Überlegungen für völlig neue Produkte oder geht es eher um die Weiterentwicklung von bestehenden Produkten?

Bucher: Es geht um beides. Ich will jetzt noch nicht zu viel vorwegnehmen. Aber wir planen auf der Bau in München Anfang nächsten Jahres die Präsentation von völlig neuen Produkten. Da sind wir derzeit in der Finalisierungsphase. Das wird auch Corona nicht aufhalten. Natürlich geht es auch immer um Produktweiterentwicklungen.

Die Märkte sind auch sehr unterschiedlich. In Österreich kennt wohl jeder, der mit Bau zu tun hat, den Isokorb. Dafür ist ein Produkt, das in Deutschland schon gut eingeführt ist, in Österreich noch eher unbekannt: Das ist die Tronsole für die Trittschalldämmung von Beton­treppen. Da war Deutschland normativ früher dran und einfach schneller.

Report: Welche neuen Märkte wird Schöck im Rahmen der Internationalisierungsstrategie ins Visier nehmen?

Bucher: Auch da kann ich noch nicht allzu viel sagen. Aber es gibt schon sehr konkrete Marktstudien. Die weiteren Schritte sind aber auch da von Corona abhängig. Wir sind aktuell in 30 Märkten aktiv. Es spricht nichts dagegen, dass daraus bald 35 oder 40 werden. Man wird in diesen neuen Märkten aber nicht morgen starten, sondern eher übermorgen. Jetzt geht es darum, die bestehenden Märkte gut zu versorgen und aus der Krise zu kommen.

Report: Sie waren gerade einmal zwei Jahre Geschäftsführer von Wienerberger Österreich. Ihr Abgang kam für viele überraschend. Wie blicken Sie auf diese Zeit zurück?

Bucher: Die Zeit bei Wienerberger war für mich sehr spannend. Und der Abgang war für alle überraschend, auch für mich (lacht). Das war so nicht geplant, aber als der Anruf von Schöck kam und die ersten Gespräche geführt wurden, reizte mich diese neue Herausforderung so sehr, dass ich meine eigene Lebensplanung einfach über den Haufen geworfen habe. Meine aktuelle Planung ist wieder deutlich längerfristig angelegt.

Report: Was haben Sie bei Wienerberger hinterlassen? Wo denken Sie, dass Ihre Handschrift länger sichtbar sein wird?

Bucher: In diesen zwei Jahren ist sehr viel passiert. Es ging darum, eine neue Unternehmenskultur zu schaffen, die die drei Unternehmen Wienerberger, Tondach und Ziegelwerk Brenner unter einem Dach vereint. Aus drei Unternehmen wurde eines. Das braucht Zeit, aber den Grundstein für diese neue Kultur hab ich, glaub ich, hinterlassen.

Wir haben die Digitalisierung auf Schiene gebracht und im Produktbereich mit dem Porsche V11 Dachziegel wirklich Großes geschafft. Auch wenn die Zeit kurz war, blicke ich stolz darauf zurück. Report: Wenn wir uns in einem Jahr wieder unterhalten: Was muss passiert sein, damit Sie von einem erfolgreichen ersten Jahr als CEO von Schöck sprechen?

Bucher: Wir sollten mit einem blauen Auge aus der Coronakrise gekommen sein. Da glaube ich auch fest daran. Die Baustellen werden sich weiter öffnen und es zeigt sich, dass auch im Krisenmodus mit den entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen weiter gebaut werden kann. 

Für mich persönlich wird es wichtig sein, in diesem ersten Jahr das Unternehmen Schöck nicht nur zu begreifen, sondern zu durchdringen. Und in einem Jahr soll eine klare Strategie für die nächsten fünf Jahre definiert sein. Wir sollten im Laufe dieses Jahres so viel Sicht haben, dass wir eine Strategie bis 2025 formulieren können.

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