Viele laufende Projekte wurden durch den Shutdown gestoppt. Für Unternehmen stellen sich in diesem Zusammenhang zahlreiche Fragen, wie Projekte fortgeführt, neu gestartet oder erfolgreich abgeschlossen werden können. Dabei ist zwischen jenen Projekten zu unterscheiden, die derzeit noch vorbereitet (geplant) werden, jenen, die in laufenden Genehmigungsverfahren stehen und jenen, die bereits umgesetzt werden. Unter Berücksichtigung einiger Stolpersteine steht einer Fortführung der Projekte nichts im Weg.
Ein Beitrag von Berthold Lindner, Heid und Partner Rechtsanwälte
Vorweg ist festzustellen, dass die aktuell angekündigten, schrittweisen Lockerungen der Regierung eine deutliche Entspannung der Situation ermöglichen. Mehrere Einschränkungen werden aber weiter bestehen und Genehmigungsverfahren müssen wieder zum Laufen gebracht werden. Im Folgenden werden Möglichkeiten zum Umgang mit der Krise dargestellt.
Planungsphase
Auf Grundlage des Covid-19-Maßnahmengesetzes wurde durch Verordnung ein Betretungsverbot für öffentliche Orte festgelegt. Dieses wurde der Öffentlichkeit durch den Satz »Es gibt nur vier Gründe hinauszugehen« bekannt. Einer dieser Gründe waren »unaufschiebbare berufliche Tätigkeiten«. Zu diesen Zwecken dürfen unter folgenden Voraussetzungen Arbeiten im Freien durchgeführt werden:
- am Ort der beruflichen Tätigkeit wird zwischen den Personen ein Mindestabstand von 1 m eingehalten, sofern nicht durch entsprechende Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden kann;
- allenfalls Tragen von MNS-Masken (nur im Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und -nehmer zulässig);
- berufliche Tätigkeit hat vorzugsweise außerhalb der Arbeitsstätte zu erfolgen (Home-Office bzw Telearbeit).
Diese gesetzlichen Vorgaben ermöglichen daher die für Projektvorbereitungen erforderlichen Arbeiten. Es können Vermessungsarbeiten und Bodenerkundungen ebenso durchgeführt werden wie allenfalls notwendige ökologische Erhebungen.
Sollten für das Vorhaben Verkehrsuntersuchungen bzw. Lärm- und Luftschadstoffmessungen erforderlich sein, so erscheint deren Durchführung zurzeit jedoch problematisch.
Erhebungen, die in diesen Bereichen derzeit erhoben werden, können als verfälscht beurteilt werden. Dies teilweise sogar zulasten des Projektwerbers, wenn etwa die ermittelte Bestandsituation besonders leise ist und dadurch eine Genehmigung erschwert wird.
Besonderes Augenmerk ist bei Außenarbeiten auf die Einhaltung der Abstandsvorschriften bei der Anreise zu legen. Gegebenenfalls ist diese nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder durch getrennte PKW möglich.
Stillstand im Genehmigungsverfahren
In den ersten Tagen der Ausgangsbeschränkungen herrschte bei vielen Projektwerbern große Unsicherheit, wie lange die Genehmigungsverfahren verzögert werden. Diese Verzögerung ist jedoch nicht zwingend, weil viele Schritte im Genehmigungsverfahren ein Zusammenkommen von Personen nicht erfordern. Betrachtet man den Ablauf von Genehmigungsverfahren, so ist zu erkennen, dass die Prüfung der Unterlagen und Erstellung der Gutachten die längste Zeit in Anspruch nimmt.
Zahlreiche Sachverständige arbeiten derzeit im Homeoffice und haben Zeit, unbelastet von sonstigen Terminen Gutachten zu erstellen. Auch die Verbesserung von Unterlagen bei allfälligen Mängeln kann derzeit durchgeführt werden.
Es ist daher durchaus empfehlenswert, mit der Behörde Kontakt aufzunehmen, um das Weiterlaufen der Genehmigungsverfahren zu ermöglichen.
Kaum möglich ist dagegen die Durchführung von Verhandlungen und Ortsaugenscheinen. Diese sind nach den Erläuterungen zum Verwaltungsrechtlichen Covid-19-Begleitgesetz nur zulässig, wenn diese »unbedingt erforderlich« sind. Dies wird nur bei besonderer Dringlichkeit für die Umsetzung eines Bauvorhabens (etwa eine dringend benötigte Krankenanstalt) zu begründen sein. Ortsaugenscheine können allerdings eigenständig durch Sachverständige durchgeführt werden. Hier gilt Gleiches wie in der Projektphase.
Sollte eine rasche Umsetzung erforderlich sein, so kann anhand des konkreten Projekts geprüft werden, ob diese in einzelne Teile »gestückelt« werden kann. Sind einzelne Projektbestandteile »anzeigefähig«, können also in Form einer Zurkenntnisnahme der Behörde konsentiert werden, so können zumindest diese Projektteile vorab genehmigt und mit deren Umsetzung begonnen werden. Diese Lösung scheidet für UVP-pflichtige Projekte aus. Bei allen anderen Projekten ist eine dahingehende Prüfung jedoch durchaus sinnvoll.
Baubeginn und Baustelleneinstellung
Wurde die Baustelle eingestellt und soll nun fortgeführt werden, müssen dabei die allgemeinen Covid-19-Schutzmaßnahmen (etwa Mindestabstand) berücksichtigt werden. Positiv hervorzuheben ist die von den Sozialpartnern erstellte Handlungsanleitung für den Umgang mit Baustellen aufgrund von Covid-19 vom 26.3.2020, durch die die Fortführung von Baustellen ermöglicht wird, gleichzeitig aber auch Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer definiert werden. Auf deren genaue Regelungen kann an dieser Stelle nur verwiesen werden.
Meldepflichten und Fristen
Bei allen Bauprojekten sind gesetzliche und bescheidmäßig festgelegte Fristen zu beachten. So muss der Baubeginn ebenso fristgerecht gesetzt werden, wie der Bau innerhalb bestimmter Fristen abgeschlossen werden muss. Werden Fristen nicht berücksichtigt, droht das Erlöschen von Bewilligungen.
Durch zahlreiche Bundes- und Landesgesetze wurden Fristenunterbrechungen vorgesehen. Allerdings sind diese Regelungen auf Bundes- und Landesebene extrem unterschiedlich ausgefallen. Insbesondere die Regelungen der Länder weichen erheblich voneinander ab. Teilweise beginnen Fristen mit 1.5.2020 neu zu laufen, teilweise wurden Fristen nur unterbrochen und teilweise wurde für laufende Fristen (etwa Baubeginn!) überhaupt keine Regelung getroffen. Um ein Fristversäumnis zu vermeiden, muss jede Frist anhand der konkreten Regeln neu geprüft und – so weit möglich – gegebenenfalls eine Verlängerung beantragt werden. Werden Fristen versäumt, kann ein Verlust der Genehmigung drohen.
Sonderfall Altlastenbeiträge
Bei zahlreichen Bauvorhaben fallen Abfälle an (Aushub, Baustellenabfälle etc). Auch ohne eine Krise kommt es hier oft zu Problemen bei der Berechnung von und fristgerechten Erklärung über die Höhe von Altlastenbeiträgen. Auch hier laufen Fristen etwa für die Zwischenlagerung (drei Jahre, wenn Abfälle verwertet, ein Jahr, wenn diese beseitigt werden sollen). Diese Fristen können nicht verlängert werden! Ein rasches Handeln ist gegebenenfalls geboten, um Altlastenbeiträge zu vermeiden.
Die Covid-19-Krise führt auch bei der Umsetzung von (Bau-)Vorhaben zu großen Herausforderungen. Die Krise bedeutet jedoch nicht das Ende des Projekts. Unter Beachtung der Stolpersteine ist eine Fortführung der Projekte möglich.