Geschäftsführer Erwin Platzer hat Meva verlassen. Seine Position übernimmt zumindest vorläufig der Region Director für Meva Europa und Afrika, Thomas Graf. Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report spricht er über die Rolle von lokalen Geschäftsführern, inhaltliche Schwerpunkte und strategische Neuausrichtungen. Außerdem erklärt er, wie er es ausgerechnet in der schwersten Krise der 2. Republik schaffen will, für Dienstleistungen bessere Preise zu erzielen.
Was waren die Gründe für den für viele doch überraschenden Abgang von Erwin Platzer?
Thomas Graf: So überraschend war der Abgang nicht. Es hat vielleicht den Anschein, aber aufgrund der Coronakrise mussten wir in der Kommunikation etwas umstrukturieren. Da haben sich Prioritäten verschoben. Erwin Platzer und ich haben uns um den Jahreswechsel intensiv unterhalten. Wir hatten zum Teil unterschiedliche Auffassungen und sind gemeinsam zu dem Schluss gekommen, dass sich unsere Wege mit Anfang April einvernehmlich trennen werden. Er hat drei Jahre lang ordentliche Arbeit für uns geleistet und möchte sich nun beruflich neu orientieren. Dem haben wir Rechnung getragen.
Es gibt vermutlich angenehmere Zeitpunkte, um die Geschäftsführung einer Landestochter zu übernehmen. Welche Pläne haben Sie für Österreich? Ist reines Krisenmanagement angesagt oder bleibt auch Raum für strategische Überlegungen?
Graf: Ich mache meine Arbeit im Normalfall nicht vom Büro aus, sondern bin mit allen Auslandsgesellschaften in meiner Verantwortung für Europa und Afrika in regem Austausch. Ich bin regelmäßig vor Ort, kenne die handelnden Personen und Strukturen. Ich bin auch überall eingetragener Geschäftsführer. Das gilt auch für Österreich.
Natürlich war der Zeitpunkt nicht ideal. Wir haben die Übergabe aber schon vor Corona über die Bühne gebracht. Insofern sind wir diesbezüglich von nichts überrascht worden. Dazu kommt, dass ich in sehr engem Kontakt mit den handelnden Personen vor Ort bin.
Planen Sie, die operative Geschäftsführung in Österreich länger auszuüben oder suchen Sie einen neuen Geschäftsführer?
Graf: Natürlich brauchen wir in der Tochtergesellschaft einen lokalen Geschäftsführer. Aber die Rekrutierung von Führungspersonal ist in der aktuellen Situation herausfordernd. Das geht nicht ohne persönlichen Kontakt. Deshalb übernehme ich vorerst die Leitung. Nachdem ich seit vielen Jahren im Schalungsgeschäft tätig bin und auch unsere Strukturen sehr gut kenne, ist das auch kein Problem. Ich bin aktuell zudem auch operativer Geschäftsführer für unsere Benelux-Aktivitäten. Das sind aber keine Dauerlösungen, dafür sind die Märkte zu wichtig. Der lokale Geschäftsführer ist mit seinen Kontakten und Netzwerken immer auch der erste Vertriebsmitarbeiter. Das kann man nicht von der Zentrale aus steuern.
Die aktuelle Phase hat aber auch den Vorteil, dass wir Prozesse und Schnittstellen durchleuchten und analysieren können. Ich nutze diese Zeit, um Abläufe neu aufzusetzen und Optimierungen durchzuführen.
Als Erwin Platzer die Geschäftsführung übernahm, strebte er auch einen Strategiewechsel an – weg vom prestigeträchtigen Projektgeschäft hin zum Flächengeschäft. Wo sehen Sie die größten Optimierungspotenziale?
Graf: Diese Neuausrichtung war gut und richtig. Wir brauchen in der Gesamtbetrachtung einen gesunden Mix. Vom Baumeister über den Mittelstand bis zu den Großfirmen sind alle Bauunternehmen für uns wichtig. Wir haben zum Glück die richtigen Partner, mit denen wir große und sehr komplexe Projekte umsetzen. Hochwertige Schalungslösungen für komplexe Strukturen und sichtbar bleibende Oberflächen zählen ja zu den Kernkompetenzen von MEVA. Aber auch bei Dienstleistungen sind wir sehr gut aufgestellt. Da werden wir in Zukunft auch stärker den Fokus legen, dass wir diese Dienstleistungen auch bezahlt bekommen möchten (lacht). Da ist die Erwartungshaltung oft die, dass man alles Mögliche gratis dazu bekommt. Das gilt aber nicht nur für Österreich, das ist in Deutschland nicht viel anders. Wir sind sehr stark in den Themen Digitalisierung und 3D-Planung. Wir können Bauprojekte und Abläufe simulieren und Schalungsvorhaltungen optimieren. Somit können wir mögliche Störstellen mit BIM-Modellierungen antizipieren. Da waren wir sehr früh dran. Ich denke, das ist eine Riesenchance, dem Kunden den Mehrwert aufzuzeigen und als Lösungsgeber zu agieren. Aber natürlich müssen diese Leistungen auch entsprechend vergütet werden.
Diese Erwartungshaltung, Dienstleistungen als gratis Add-on zu bekommen, ist zumindest teilweise aus den Folgen der letzten großen Wirtschaftskrise 2008/2009 entstanden, als es darum ging, Marktanteile und Umsätze zu verteidigen. Jetzt stecken wir in einer viel schwereren Krise. Wie soll es ausgerechnet jetzt gelingen, für Dienstleistungen vernünftige Preise zu bekommen?
Graf: Das ist natürlich eine Aufgabe und Herausforderung. Im Prinzip geht es darum, unseren Kunden und Partnern den Mehrwert in der Zusammenarbeit mit Meva aufzuzeigen. Meva hat bereits vielfach, insbesondere auch in Österreich bewiesen, leistungsstarker und verlässlicher Partner der Bauunternehmen zu sein. Dabei ist das Learning and Library Center der WU Wien nur eines der Leuchtturmprojekte der Vergangenheit, die wir von Meva erfolgreich mit begleitet haben. Im Zuge der Digitalisierung der Baustelle geht es nun ebenfalls darum, unseren Kunden die Möglichkeiten, die Meva bietet, aufzuzeigen und diese Mehrwerte für unsere Partner darzustellen. Basierend auf diesen Mehrwerten, bin ich mir sicher, dass unsere Kunden auch bereits sind, dass wir diese Dienstleistungen vergütet bekommen. Ansonsten haben wir uns für eine selektive Vorgehensweise entschieden.
Wo liegen den aktuell die Schwerpunkte von Meva abseits der Krisenbewältigung?
Graf: Wir arbeiten aktuell sehr intensiv daran, uns in einem sehr frühen Projektstadium einzubringen und mitzuhelfen, die Bauplanung zu optimieren. Mit dem Joint Venture BIM² können wir digitale Dienstleistungen anbieten, um das Schalungsmaterial so kostengünstig wie möglich einzusetzen und Störstellen zu vermeiden.
Auch die papierlose Baustelle ist ein Riesenthema. Bei einem Pilotprojekt in der Schweiz haben wir ausschließlich mit digitalen Plänen gearbeitet, da gab es gar kein Papier mehr.
Seit der Bauma begleitet uns auch das Thema Augmented Reality. Da können wir Firmen in virtuellen Räumen begleiten und auf eine sehr transparente Art und Weise Möglichkeiten aufzeigen. Da sind wir sehr aktiv und das wird auch von den Firmen sehr positiv angenommen.