Das Forschungsprojekt »Gebäudeintegrierte Photovoltaik« soll eine Win-Win-Situation für Photovoltaik- und Fertighausindustrie schaffen. Auch in der Errichtung von mehrgeschoßigen Wohnbauten und im Objektbau sehen die Fertighausproduzenten Wachstumspotenzial.
Die österreichische Fertighausbranche hat keinen Grund zum Klagen. Die 24 Mitgliedsbetriebe des Österreichischen Fertighausverbands machten im Vorjahr einen Umsatz von 449 Millionen Euro, um 8 Millionen mehr als 2007. Und auch heuer können einige Unternehmen, entgegen den Hiobsbotschaften aus anderen Branchen, zufrieden sein. So berichtet Roland Suter, Direktor des Fertighausherstellers Hartl und Vizepräsident des Österreichischen Fertighausverbands, von einem boomenden Markt für Einfamilienhäuser in Fertigteilbauweise und von einer dreißigprozentigen Steigerung seines Unternehmens bei den Auftragseingängen gegenüber dem Vergleichszeitraum vom Vorjahr. »Wir sind bis Jahresende voll, wir müssen sogar im Sommer Urlaubssperren verhängen«, beschreibt Suter die Geschäftslage.
Auffallend ist allerdings, dass die Fertighausbranche, sowohl bei Leicht- als auch bei Massivbauweise, im letzten Jahr trotz gestiegener Umsätze weniger Häuser verkauft hat. Das heißt, die weniger werdenden Kunden, die es sich leisten können, zu bauen, wollen größere und qualitativ besser ausgestattete Häuser. Das bringt diejenigen Anbieter, die sich in den letzten Jahren auf den Billigsektor bei Fertighäusern konzentriert haben, in eine Zwickmühle: Nicht nur, dass ihnen dieser Trend zu »größer, besser« entgegenläuft, bekommt ihre Zielgruppe, die finanzschwache Klientel, zunehmend Finanzierungsprobleme wegen zu geringer Eigenmittelanteile.
Chance Export
Für die Fertighaushersteller eröffnen sich zwei Strategien als Ausweg aus diesem Dilemma: Export und Objektbau. 2008 stiegen die Exporte der im Verband organisierten heimischen Unternehmen mit 746 verkauften Fertighäusern um 41,5 % gegenüber 2007. Vor allem auf den Märkten Norditalien, Süddeutschland, Schweiz und Ungarn gebe es Wachstumschancen, ist Christian Murhammer vom Österreichischen Fertighausverband (ÖFV) überzeugt.
»Sehr stark im Kommen« sei seit einigen Jahren aber auch der Objekt-Fertigteilbau, so Murhammer. Während bei den Einfamilienhäusern die Marktanteile der Fertighäuser seit einigen Jahren mit rund einem Drittel stabil bleiben, finden sich mehrgeschoßige Wohnbauten, Reihenhausanlagen und auch Industriebauwerke zunehmend im Portfolio von Fertighausanbietern wie Hartl, Glorit, Elk, Vario oder Wigo. Hartl etwa realisierte Projekte wie ein Clubhaus für den Golfclub Föhrenwald, Wohnsuiten im Golfclub Haugschlag oder Reihenhausanlagen in Echsenbach und Getzersdorf für gemeinnützige Wohnbauträger. Im Vorjahr machte der älteste Fertighaushersteller Österreichs in diesem Segment einen Umsatz von 6 Millionen Euro. Eingestellt hat Hartl hingegen die vor einigen Jahren gestartete Kooperation mit dem damals noch gemeinnützigen Wohnbauträger Buwog zur Errichtung von Reihenhaussiedlungen in Fertigteilbauweise.
Dass vor allem der Objektbau nicht nur auf die Holzleichtbauweise beschränkt sein muss, zeigt etwa die Maba Fertighaus GmbH, die unter der Marke Egohaus auch Reihenhausprojekte mit vorgefertigen Großtafeln aus dem Massivbaustoff Ziegelit errichtet.
Potenzial im Objektbau
»Bauträger und Architekten haben die Vorteile der Fertigteilbauweise auch für den mehrgeschoßigen, kommunalen Wohnbau kennengelernt«, so Murhammer. Die Wettbewerbsfähigkeit der Fertigteilbauweise im Objektbau sei auch im Bauträgergeschäft mittlerweile erreicht, ist er überzeugt. Im vergangenen Jahr haben die Mitgliedsunternehmen des Verbands bereits 115 Reihenhausanlagen, 51 mehrgeschoßige Wohnhausanlagen und 31 Objekte wie Kirchen in der Fabrik vorproduziert und errichtet. Damit hat sich das Volumen in diesem Bereich von 2007 auf 2008 um 3 % erhöht. Murhammer rechnet damit, dass sich diese Zahl in den nächsten Jahren durchaus verdoppeln kann. Denn durch die lauter werdende Forderung nach mehr Verdichtung im Wohnbau zur Schonung von Ressourcen werde auch der Fertighausbranche nichts anderes übrig bleiben, als auf diesen Zug aufzuspringen.
Photovoltaik im Raster
Aktuell ist die Fertighausbranche aber auch dabei, ein neues Geschäftsfeld zu entdecken: »Gebäudeintegrierte Photovoltaik« lautet das Zauberwort. Gemeinsam mit der Forschungs- und Prüfanstalt Holzforschung Austria und dem Photovoltaikhersteller Ertex Solar hat der Fertighausverband unter diesem Titel ein Forschungsprojekt gestartet, mit dem eine Win-Win-Situation für die Fertighaus- und die Photovoltaikbranche geschaffen werden soll. Anlässlich der Eröffnung diesjährigen Fertighaus-Forums wurde das Forschungsprojekt erstmals öffentlich vorgestellt. Ausgangspunkt für die Kooperation: Das Phänomen, dass es in Österreich zwar das Knowhow zum Thema Photovoltaik (PV) gibt, die in diesem Land produzierte Technologie aber zu 90 % in den Export geht. Sich darauf zu berufen, dass andere Länder bessere Fördersysteme und Ökostromgesetze hätten, sei zu einfach, meint Murhammer. Vielmehr sollten die Potenziale untersucht werden, die sich mit der Integration dieser Technik in die Fertigteilbauweise ergeben. Werden Photovoltaikelemente in definierten Rastergrößen in der Fabrik in die Gebäudeelemente integriert, lasse sich PV-Technik viel günstiger produzieren als im herkömmlichen, individuell geplanten und nachträglichen Einbau. Werden solche PV-Elemente massenweise produziert, sinken deren Preise für die Fertighaushersteller und damit für die Konsumenten, wie Roland Kuras, Geschäftsführer des Energieconsulters power solution, der das Forschungsprojekt begleitet, ergänzt. Und noch einen Effekt hat die gebäudeintegrierte Photovoltaik: PV-Elemente am Dach ersetzen Teile der Dachdeckung, was weniger Ausgaben dafür bedeutet.
Intelligentes Bauen
»Die beiden hoch innovativen Industrien können mit diesem Projekt zusammengebracht werden. Damit kann, ungeachtet des Ökostromgesetzes, eine Verbreitung der Photovoltaik erreicht werden«, so Murhammers Resümee. Im Herbst soll es erste Prototypen geben, bei denen Fragen der Befestigung oder der Dichtheit der PV-Module an Dach und Fassade in der Praxis umgesetzt sind. Gefördert wird das Forschungsprojekt von der niederösterreichischen Technologiefinanzierungsgesellschaft tecnet capital im Rahmen der Ausschreibung »Intelligentes Bauen«, bei der das Projekt den dritten Platz belegte, mit rund 40.000 Euro. Die tatsächlichen Kosten für das Forschungsprojekt »Gebäudeintegrierte Photovoltaik« würden aber jenseits der 100.000 Euro liegen, die Differenz werde vom Fertighausverband und von der PV-Industrie aufgebracht, so Murhammer.
Entlastung für Energienetze
Der Energiebedarf steigt ständig, seit dem Jahr 2000 importiert Österreich mehr Strom, als es exportiert. Im Vorjahr waren es 4,8 Terawattstunden oder 4.800 Gigawattstunden. Die erzeugte Menge an Strom aus Photovoltaik macht derzeit in Österreich aber lediglich 25 GWh aus. Und der Strombedarf steige vor allem im Sommer wegen der auch im Privatbereich immer beliebteren Klimaanlagen immer stärker, so Kuras. Gleichzeitig würden kalorische Kraftwerke im Sommer weniger Strom liefern. Die Photovoltaik habe also ein sehr hohes Potenzial, das allerdings aufgrund der derzeit noch hohen Investitionskosten und der unbefriedigenden Förderungssituation hierzulande nicht ausgeschöpft werden kann. Gebäudeintegrierte PV-Anlagen, deren Herstellung optimiert wurde, könnten daher einen Beitrag zur Wirtschaftlichkeit dieser Technologie liefern, meint Kuras.
Die Photovoltaik könne aber nur einen Teil des notwendigen Lösungsmixes aus verschiedenen Energieformen darstellen, konventionelle Energieträger können damit in der Versorgung nicht vollständig ersetzt werden, zeigt sich der Energieexperte überzeugt. Selbst auf dem Dach des Einfamilienhauses erzeugter Strom kann aber dazu beitragen, die Energienetze zu entlasten. Und Gebäude, die sich selbst mit Strom aus Sonnenkraft versorgen, reduzieren den CO2-Ausstoß. Würden jährlich 6.000 Fertigteilhäuser mit PV-Anlagen ausgerüstet, würde das 60.000 Tonnen weniger CO2 und ein Stromeinsparpotenzial von 270 Gigawattstunden pro Jahr bedeuten, rechnet Kuras vor.
Energiepolitik fehlt in Österreich
Theoretisch könnte der nicht benötigte und ins Energienetz eingespeiste Solarstrom aus Privathaushalten auch als Beitrag zum EU-Ziel angesehen werden, den Anteil erneuerbarer Energieformen in Österreich auf 34 % zu erhöhen. Dem stehen allerdings das »Förderwirrwarr« (Kuras) der Bundesländer sowie die unsichere Lage bezüglich der Einspeisetarife für Strom aus erneuerbaren Energieträgern im immer noch nicht in Kraft getretenen neuen Ökostromgesetz im Weg, die nicht nur die Industrie betreffen. »Auch Häuslbauer wollen eine langfristige Preisabsicherung bei der Einspeisung von Solarstrom. Da steht Österreich leider auf der Bremse. Zum Unterschied von Deutschland, wo es 500-mal so viele Photovoltaikanlagen gibt, hat Österreich seit 20 Jahren keine langfristige Energiepolitik«, stellt Kuras trocken fest. Seiner Meinung nach fehlen langfristige Rahmenbedingungen, damit sich die Photovoltaik wie in Deutschland als wirtschaftlich sinnvolle Ergänzung des Energiemixes entwickeln kann. Allerdings, so Kuras, dürfe die Politik nicht erwarten, dass sich eine solche Technologie sofort rechne und andernfalls die Strategien sofort geändert werden. Der fehlende Mut zu langfristigen Investments werde der Gesellschaft im nächsten Jahrzehnt auf den Kopf fallen, weil es dann zu wenig Energie und da vor allem zu wenig Strom geben werde, prophezeit der Energieexperte.
Passiv trotz Krise
»Der Krise zum Trotz« – unter diesem Motto stand heuer das 29. Fertighaus-Symposium, das von Baustoffunternehmen veranstaltet wurde, die viel mit dem Thema Fertighaus zu tun haben, weil ihre Produkte in diesem Segment stark vertreten sind: der Dachziegelhersteller Bramac, der Gipskartonplattenproduzent Knauf und der Dämmstofferzeuger Isover. Eröffnet wurde das Symposium von Knauf-Geschäftsführer Otto Ordelt, der die wirtschaftliche Bedeutung der Fertighausbranche, die rund ein Drittel des privaten Wohnbaus besetzt, unterstrich und die gute Exportentwicklung einiger Unternehmen hervorhob. Wolfgang Feist von der Universität Innsbruck, Gründer des Passivhaus-Instituts in Darmstadt und einer der Pioniere in Sachen Passivhaus, sprach über die Leistbarkeit und über die Energieeffizienz im Wohnbau. Gerade die Energieeffizienz biete den Unternehmen eine Chance zur Bewältigung der Wirtschaftskrise, der Passivhausstandard treffe bezüglich dieser Energieeffizienz das Optimum der Lebenszykluskosten. Auch die Energiebilanz fällt laut Feist bei der Wärmedämmung, dem Um und Auf bei der Niedrigenergie- und Passivhaustechnologie, positiv aus: Feist rechnete vor, dass eine Dämmung mit 27,5 cm Stärke zwar eine Investition von Primärenergie in der Größe von 44 kWh/m2 (Kilowattstunden pro Quadratmeter) erfordert, dafür aber 5620 kWh/m2 oder das 128-fache an Primärenergie einspart. Die Passivhaus-Technologie sei nahe am Menschen, bringe neben Behaglichkeit hohes Verständnis und Zufriedenheit, behauptete Feist. Die aktuelle Stimmungslage in der Bevölkerung präsentierte Birgit Starmayr vom Linzer Market Institut: so gab ein Drittel an, angesichts der Krise bei den Ausgaben für Haus, Wohnung und Einrichtung sparen zu wollen.
Auch small is beautiful
Wenn es einmal nicht so richtig laufen sollte mit den großen Hochbauprojekten, möchte die Porr vorgebaut haben: Österreichs zweitgrößter Baukonzern versucht zaghaft, in den Markt für modular geplante Einfamilienhäuser einzudringen. Vor kurzem hat Porr Steiermark das Pilotprojekt »PORR.living« gestartet. Der normalerweise auf industrielle Großprojekte spezialisierte Baukonzern bietet Hausbauern ein in Modulbauweise geplantes Einfamilienhaus mit Fixpreis- und Terminzusage. Die Planung überlässt die Porr dabei dem Kunden: Über ein im Internet verfügbares Planungstool kann, ausgehend von mehreren Haustypen, das Wunschhaus in verschiedenen Grundrissen und mit allen in der Datenbank vorhandenen Ausstattungsdetails konfiguriert werden. Der potenzielle Bauherr sieht dabei die Baukosten parallel mitlaufen. Auf dieser Basis erstellt das Bauunternehmen ein konkretes Angebot samt Plänen und Bauleistungsbeschreibung. Bei Vertragsabschluss übernimmt die Porr Steiermark als Generalunternehmer alle Baumeister- und Nebenarbeiten bis zur schlüsselfertigen Übergabe des Hauses. Diese Arbeiten finden dann vor Ort statt – es handelt sich also, auch wenn die Planung modular erfolgt, um kein klassisches Fertighaus, das per Definition industriell produziert und vor Ort nur mehr zusammengesetzt werden muss. Nicht im Fixpreis inkludiert seien Erschließungskosten, die nach den Gegebenheiten vor Ort extra kalkuliert werden müssten, wie der Projektverantwortliche Karl Lorber erläutert. Die Errichtungskosten für ein von der Porr errichtetes Einfamilienhaus liegen bei denen für ein konventionelles Baumeisterhaus – durchschnittlich 1.800 Euro pro Quadratmeter für ein Haus mit Bodenplatte ohne Keller und 2.200 Euro für ein unterkellertes Haus, so Lorber. Ob sich das im Herbst vorgestellte Konzept durchsetzen kann, muss sich erst zeigen. Noch kann die Porr kein Referenzobjekt vorweisen, erst bei Erfolg soll das PORR.living-Konzept österreichweit angeboten werden.