Facility Management ist mit einem Umsatz an der 4-Milliarden-Grenze zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor in Österreich geworden. Was allerdings FM genau ist, darüber ist sich die Branche selbst nicht ganz einig.
Fast vier Milliarden Euro wurden im letzten Jahr in Österreich mit ausgelagerten Gebäudedienstleistungen umgesetzt – das entspricht einem Anteil von 3,5 % am BIP. Und heuer soll dieser Markt die 4 Milliarden-Grenze sogar überschreiten, wie die Marktforscher von Interconnection Consulting (IC) errechnet haben. Mittelfristig soll dieser Markt um durchschnittlich 4,4 % jährlich wachsen, für heuer rechnet IC-Geschäftsführer Frederik Lehner mit einem Wachstum von 3,7 %. Knapp 6 % aller Beschäftigten in Österreich arbeiten in den Dienstleistungsbranchen rund um das Gebäude. Damit ist das, was allgemein als Facility Management (FM) bezeichnet wird, in den letzten Jahren zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor in diesem Land geworden.
Die Margen der FM-Anbieter gehen allerdings, wie überall in der Bau- und Immobilienbranche, zurück. Auch deshalb versuchen immer mehr Marktteilnehmer, sich als Komplettanbieter für FM-Dienstleistungen zu positionieren und so vielleicht ihre Margen zu erhöhen. Denn wer nicht nur Gebäudemanagement oder die Wartung technischer Anlagen anbietet, sondern sich ganzheitlich um die Bewirtschaftung eines Gebäudes oder eines Industriebetriebes kümmern könne, der habe heute einen klaren Startvorteil gegenüber Anbietern von Einzelleistungen, so Lehner. Derzeit macht der Anteil an Komplettverträgen allerdings erst 6,3 % des FM-Marktes aus.
FM im Gesundheitsbereich wächst
Dominant ist mit einem Anteil von 63 % das infrastrukturelle FM, also Dienstleistungen wie Gebäudereinigung, Sicherheitsdienste oder Catering. »Diese Leistungen werden als erste ausgelagert, weil dafür bei den Kunden das geringste Know-how vorhanden ist«, meint Lehner. 30 % der knapp vier Milliarden Euro gehen an die Anbieter von technischem FM, worunter die Wartung und Instandhaltung der technischen Gebäudeausrüstung oder das Energiemanagement verstanden wird. Lediglich 6 % macht das kaufmännische Facility Management aus. Vertragsangelegenheiten, Buchhaltung oder Budgetplanungen »außer Haus« zu geben, gilt nach wie vor als heikel und wird dementsprechend misstrauisch gesehen, der überwiegende Teil der Unternehmen lässt derartige Tätigkeiten noch von eigenen Mitarbeitern erledigen.
Nach Branchen gegliedert, zeige sich in der Studie von Interconnection Consulting, dass Industriegebäude mit 23,7 % und Bürogebäude mit 19,85 % die wichtigsten Faktoren im FM-Markt darstellen, so Lehner. Knapp dahinter liegt der Gesundheitsbereich mit 19,2 %, der allerdings am stärksten wachsen wird, wie die Marktforscher prophezeien. Die Bereitschaft der Klienten, alles rund um das Management ihrer Immobilien auszulagern, hat sich in den letzten Jahren nämlich kontinuierlich gesteigert – von 36 % externer Leistungen im Jahr 2004 auf rund 44 % im Vorjahr. Lehner ortet das Potenzial für die Vergabe an externe Facility Manager in den nächsten Jahren bei rund 46 %.
Regional gesehen ist, wenig überraschend, die Bundeshauptstadt Wien mit knapp 35 % Anteil an ausgelagerten Dienstleistungen der größte Markt für FM-Anbieter und die Region mit dem größten Wachstumspotenzial: Für heuer rechnet Lehner mit einem Zuwachs von 5 %.
Weniger gut schaut es in fünf CEE-Staaten Polen, Slowakei, Tschechien, Kroatien, Slowenien und Ungarn aus. Nach einem Gesamtumsatz von 11,8 Milliarden Euro und Zuwächsen von rund 8 % im letzten Jahr werde der Markt heuer lediglich um 2,8 % und im nächsten Jahr nur mehr um 1,3 % wachsen. In Summe gesehen sei das anfänglich starke Marktwachstum seit 2006 beinahe zum Erliegen gekommen, so Lehner. Am besten läuft es noch in Polen, wo im FM-Markt im Zeitraum von 2007 auf 2008 ein Wachstum von 9 % und von 2008 auf 2009 ein Wachstum von 6,2 % zu verzeichnen war.
Begriffsverwirrung
Was eigentlich genau Facility Management ist, darüber herrschen allerdings immer noch Begriffsunklarheiten. Zwar hat die »Facility Management Austria« (FMA), eine Informations- und Kommunikationsplattform der heimischen Anbieter, vor fünf Jahren versucht, den großen und relativ jungen Markt, in dem sich interne und externe Facility Manager, Facility Services-Anbieter, Caterer sowie FM-Planer und -Berater tummeln, zu strukturieren. Entsprechende Interessensgemeinschaften innerhalb der FMA sollen dafür sorgen, dass sich etwa Anbieter von »Total FM« nicht mit einem Cateringservice und Auftraggeber mit Auftragnehmern nicht auf einer Plattform wiederfinden. Aber mit der Abgrenzung tun sich selbst Insider manchmal schwer. »Wo fängt FM an, wo hört es auf?«, frägt sich beispielsweise Gerhard Schenk, Geschäftsführer des FM-Anbieters HSG Zander. Die Antwort darauf fällt unterschiedlich aus, je nachdem, welches Unternehmen sie gibt und aus welcher Branche dieses ursprünglich kommt: Für Zander Österreich, das zu 36 % der Immobilien Holding und zu 64 % der HSG Zander GmbH in Deutschland gehört, beinhaltet FM das, was Zander selbst anbietet, nämlich technisches und infrastrukturelles FM, Property Management (auch kaufmännisches FM genannt) und Services wie Wartung, Störungsdienst und Überprüfungen von Anlagen – unter dem Begriff Infrastrukturelles FM bekannt.
Für Norbert Pleyer wiederum, Geschäftsführer der aus der Gebäudereinigung kommenden ISS Facility Services GmbH, ist Facility Management gar nur ein Teil des Geschäftsfeldes Facility Services (FS). Er versteht unter »Integrierten Facility Services« sämtliche Dienstleistungen rund ums Gebäude. Laut Definition der FMA umfasst FS allerdings lediglich die technische Instandhaltung eines Gebäudes, Reinigung, Winter- und Grünflächenbetreuung, Hausverwaltung, Entsorgung und Catering. Thomas Kiss, Geschäftsführer der zum Baukonzern Strabag gehörende Facility Management GmbH, teilt Facility Management in das strategische und das operative FM ein. Wer operativ tätig ist, müsse nicht unbedingt auf der strategischen Ebene mittun, meint Kiss: »Lieber ein guter Hausmeister als ein schlechter Facility Manager!«, bringt er es auf den Punkt und meint damit die Teile der Konkurrenz, die billig in den Markt gehen.
Diese unterschiedlichen Sichtweisen seien durchaus ein Problem für die gesamte Branche, meint Ralf Hempel, Geschäftsführer der Wisag Service Holding Austria. »Wir müssen in der Differenzierung schärfer werden« fordert er eine Begriffsbestimmung (Interview S. 14).
»FM kann nicht ausgelagert werden«
Die Begriffsverwirrung rund um Facility Management und Facility Services ist auch für den FM-Experten Alexander Redlein nichts Neues. Der an der TU Wien lehrende Professor für FM und Vorstand des Österreich-Chapters der International Facility Management Association (IFMA) versucht seit einiger Zeit, auch im deutschsprachigen Raum darzulegen, was FM seiner Meinung nach nicht ist: Nämlich das Auslagern sämtlicher Dienstleistungen rund um eine Immobilie. FM sei vielmehr eine Managementtätigkeit, die ein Unternehmen intern mit Hilfe eines professionellen Nutzervertreters erledigen müsse, so Redlein. Denn dort müssen auch die unternehmensrelevanten, strategischen Entscheidungen getroffen werden. »Deshalb kann ich Facility Management nicht outsourcen. Dafür braucht man interne Manager, die durch Full Service Provider auf der anderen Seite ergänzt werden müssen«, meint Redlein, der deshalb von »Integrated Facility Services« spricht, wenn andere Facility Management meinen. Dass ein Unternehmen Einsparungspotenzial aktivieren kann, wenn es bestimmte Dienstleistungen auslagert, streitet er nicht ab: »Durch Bündelung von Services entstehen durchaus Synergien.« Bis zu welchem Grad diese Bündelung gehen kann, werde daran liegen, wie sich die Anbieter aufstellen. Da sie sich heute üblicherweise als Dienstleister präsentieren, die ihren Kunden nicht nur Services anbieten, sondern ihnen bis zum Budgetcontrolling alles abnehmen und auch gleich die Entscheidungen über interne Prozesse treffen wollen, werden Komplettanbieter heute nur von wenigen Unternehmen angenommen, ist Redlein überzeugt. Große Firmen beschäftigen vielmehr im Schnitt mehr als zehn Serviceanbieter, wie eine von Redleins Institut durchgeführte Umfrage ergeben hat. Deren Argument: Warum sollen wir einen Komplettanbieter mit allen seinen Dienstleistungen kündigen, nur wenn etwa die Gebäudereinigung nicht funktioniert? Zugleich haben der Studie zufolge aber 80 % der großen Unternehmen bereits internes Facility Management implementiert. »Das Unternehmen bestimmt, was es braucht, nicht der Dienstleister«, bringt es Redlein auf den Punkt. Die FM-Branche müsse das allerdings erst lernen, meint der Experte.
In der Krise hören Investoren zu.
Die Marktforscher von IC haben auch die Anbieterstruktur erhoben, die heute den Markt für das ausmacht, was sie Facility Management nennen und laut Redlein »Integrated Facility Services« heißen sollte: Entweder handelt es sich bei den Marktteilnehmern um Industrieunternehmen, die ihre internen Leistungen nun auf dem externen Markt anbieten. Prominentestes Beispiel dafür ist der Technologiekonzern Siemens, der mit »Siemens Gebäudemanagement und Services« (SGS) als Komplettanbieter technisches, kaufmännisches und infrastrukturelles Facility Management für Immobilien oder Liegenschaften und Gebäudemanagement im Programm hat. Große Bauunternehmen wie Strabag nutzen ihre Erfahrungen im Bauprozess und betreuen nicht nur ihre eigenen Immobilien, sondern bieten sie anderen Auftraggebern, Investoren und Nutzern, an. Oder die Porr: Sie bietet im Rahmen der Porr Solutions Immobilien- und Infrastrukturprojekte GmbH neben der Projektentwicklung auch das FM für die von ihr errichteten Immobilien an.
»Früher haben uns Investoren nicht zugehört«, erzählt Thomas Kiss über seine Erfahrungen mit dem Thema FM. Nun, in der Krise, tun sie das, vor allem dann, wenn Investoren zu Eigentümern werden und sich dann plötzlich für Betriebskosten zu interessieren beginnen. Ziel seines Unternehmens sei es, zum Komplettanbieter zu werden, der wirklich alles rund um das Thema Gebäude in Eigenregie leisten kann. Aus diesem Grund hat die Strabag auch Anfang 2009 die Firma Putzteufel übernommen, die sich auf die Reinigung von Bürogebäuden, Hotels, Krankenhäusern, Verkehrsmitteln und Fassaden spezialisiert hat.
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Was ist FM?
<Unter Facility Management (FM) versteht man die Bewirtschaftung und Steuerung von Gebäuden, Anlagen, Einrichtungen, Maschinen, Installationen und Infrastrukturen. Laut Önorm ist FM »ganzheitliches Management der Immobilie und der materiellen/immateriellen Infrastruktur einer Organisation mit dem Ziel der Verbesserung der Produktivität des Kerngeschäftes«. In einem interdisziplinären Prozess, der sich über die gesamte Lebensdauer einer »Facility« erstreckt, sollen Technik, Ökonomie, Ökologie und Recht miteinander verbunden werden. FM wird allgemein als ausgelagerte Dienstleistung verstanden, große Unternehmen betreiben selbst auch internes Facility Management.
<FM wird heute gemeinhin in drei Bereiche gegliedert:
1. Infrastrukturelles FM (auch Facility Services genannt) – dazu gehören Gebäudereinigung, Sicherheitsdienste, Hausmeisterdienste bis zu Catering und Gärtnerdiensten.
2. Technisches FM – Technische Gebäudeausrüstung, Modernisierung, Wartung und Instandhaltung von technischen Anlagen, Energiemanagement.
3. Kaufmännisches FM – Vertragsmanagement, Beschaffungsmanagement, Kostenverfolgung und -optimierung, Buchhaltung, Budgetierung, Flächenmanagement, Mieter- und Vermieterbetreuung.