Montag, Juli 01, 2024

In Deutschland fehlen in den kommenden Jahren 43.000 IT-Fachleute und auch Österreich muss mit einer Verschärfung des Fachkräftemangels, vor allem im IKT-Bereich, rechnen. Mit der Informationskampagne »IT-Offensive 2020« will die Wirtschaftskammer Österreich mehr Jugendliche und besonders Frauen für diese Berufssparte begeistern.

Vor zwei Jahren warb T-Systems Austria, einer der führenden IKT-Dienstleister Österreichs, in großflächigen Inseraten um Interessenten für IT-Ausbildungsplätze. Das Echo war bescheiden: Gerade mal 20 Jugendliche meldeten sich, vier wurden genommen. »Eigentlich ein Hohn«, sagt Philipp Huber, Leiter der Human Resources, »aber es ist extrem schwierig, qualifizierte Bewerber für technische Bereiche zu finden.«

Interesse rückläufig
Die Nachwuchsprobleme von T-Systems sind symptomatisch für die gesamte Branche. Zwar hat sich die Lage krisenbedingt vorübergehend etwas entspannt, trotzdem können laut Wirtschaftskammer 47 Prozent der heimischen IT-Unternehmen vakante Stellen nicht qualifiziert besetzen. Gelingt es schon kaum, Lehrlinge für diese Berufe zu gewinnen, ist das Interesse in den höheren Ausbildungsebenen verschwindend gering. Während Studienrichtungen wie Jus, Medizin, Betriebswirtschaft oder Psychologie aus allen Nähten platzen, wählen nur 13 Prozent der Studierenden ein technisches Studium, 20 Prozent davon entscheiden sich für Informatik. 2001 inskribierten 1.200 Studienanfänger an der TU Wien Informatik, seither ist der Zulauf stark rückgängig.
Dabei sind die Berufsaussichten nach wie vor vielversprechend. »Wir sind in Österreich der Konjunkturmotor«, meint Alfred Harl, Obmann des Fachverbandes Unternehmensberatung und Informationstechnologie (UBIT). Die IT-Unternehmen schaffen 45 Prozent der Produktivitätssteigerung der Wirtschaft, so Harl. Mit einem Gesamtumsatz von 30 Milliarden Euro zeichnen sie für sechs Prozent des BIP verantwortlich.

Frauen gesucht
Mit der Kampagne »IT-Offensive 2020« will der Fachverband UBIT der Wirtschaftskammer verstärkt Nachwuchs anwerben. Hintergrund der Aktion ist die um das Jahr 2020 erwartete Pensionierungswelle der ersten, geburtenstarken IT-Generation, spätestens dann wird sich die Situation erneut zuspitzen. Nach Meinung der Experten würde sich die Personalmisere großteils von selbst lösen, könnten endlich mehr Frauen für IT-Berufe begeistert werden. Von Musterländern wie Indien, wo die Hälfte der IT-Fachleute Frauen sind, ist Österreich noch sehr weit entfernt. 54 Prozent der Studierenden sind hierzulande weiblich, in technischen Berufen ist ihr Anteil jedoch marginal. Veraltete Klischees vom einsamen, schrulligen Programmierer, der sich hinter Bildschirmen versteckt, gestalten das Berufsbild nicht unbedingt attraktiver.
Längst erfordert eine IT-Karriere aber nicht nur technisches Verständnis und analytisches Denken, zunehmend sind auch Marketingkompetenzen, Kreativität, Kommunikations- und Teamfähigkeit gefragt – jene Soft Skills, die gerne Frauen zugeschrieben werden. »IKT ist eine Querschnittmaterie«, sagt UBIT-Obmann Harl, »diese Vielfalt des Berufsfeldes – von Medizin über Medien bis zur Industrie – konnten wir bisher nicht vermitteln.« Um eine tief sitzende Abneigung gegen »Angstfächer« wie Mathematik zu vermeiden, die vielfach der Grund für die Berufswahl und hohe Drop-out-Raten ist, müsse man jedoch schon in den Schulen mit praxisnahem Unterricht ansetzen. Erstklassiges, hochmodernes Equipment sollte eigentlich selbstverständlich sein – stattdessen würden die Klassenzimmer meist mit ausrangierten Computern ausgestattet.
»Österreich hat das Potenzial, das IT-Herz Europas zu werden«, so Harl. Ziehen Politik, Bildung und Wirtschaft aber nicht bald an einem Strang, wäre »eine wichtige Lebensader des Wirtschaftsstandortes Österreich jedoch gefährdet«. n

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