In Zeiten der Hochkonjunktur können sich Fachkräfte ihren Arbeitsplatz aussuchen. Umso wichtiger ist es für Unternehmen, sich im Kampf gegen den Fachkräftemangel als attraktive Arbeitgeber zu positionieren. Der Bau & Immobilien Report zeigt, worauf es beim Employer Branding ankommt, welche Fehler gemacht werden und was eine starke Arbeitgebermarke ausmacht.
Laut einer aktuellen Schnellerhebung der Industriellenvereinigung leiden acht von zehn Industrieunternehmen gegenwärtig unter Rekrutierungsproblemen in den Bereichen Technik und Produktion sowie Forschung und Entwicklung, von der Fachkraft bis zu akademisch Graduierten. Auch in der Bauwirtschaft greift der Fachkräftemangel weiter um sich. Laut UniCredit Bank Austria Branchenüberblick war der Fachkräftemangel in den ersten vier Monaten 2018 bereits für ein Drittel der befragten Bauunternehmen ein zentrales Produktionshindernis, ein höherer Anteil als je zuvor im Rahmen der Konjunkturbefragung gemessen wurde. Alleine die Strabag hat derzeit konzernweit 2.300 offene Stellen zu besetzen. »Schwierig ist es vor allem, qualifiziertes und berufserfahrenes Personal zu finden, aber auch im Bereich Lehrlinge ist es nicht immer einfach«, erklärt Daniela Bacher, Fachgruppenleiterin Human Resource Development bei der Strabag.
Bild oben: Murexin-Geschäftsführer Bernhard Mucherl setzt auf Employer Branding, um gezielt junge Mitarbeiter anzusprechen. »Wir haben festgestellt, dass unsere Mitarbeiter im Durchschnitt immer älter werden. Wir wollen verhindern, dass wir in zehn bis 15 Jahren ohne Nachwuchs dastehen.«
Dabei matchen sich die Unternehmen längst nicht mehr nur branchenintern um Personal, in Zeiten der Hochkonjunktur kommen die Mitbewerber aus allen Bereichen de Wirtschaft. »Wenn Magna in Graz ein neues Werk eröffnet, spüren wir das«, sagt Porr-CEO Karl-Heinz Strauss. Umso wichtiger ist es, dass sich die Unternehmen als attraktive Arbeitgeber positionieren und dieses Versprechen auch einhalten. »Es ist heute essentiell, sich als Unternehmen am Markt mit einer starken, einzigartigen Marke zu positionieren und seine Werte und Botschaften nach innen und außen zu transportieren«, erklärt Silke Kurtz, Director Employer Branding beim HR-Spezialisten Iventa. Dabei ist es wichtig, die richtige Employer Value Proposition herauszuarbeiten. Ist die Arbeitgebermarke glaubwürdig, differenzierend und zukunftsweisend ausgerichtet, kann sie auch am Markt überleben. »Nur wer ein authentisches Bild von sich als Arbeitgeber definiert, das sich von anderen Unternehmen differenziert, hat die Chance, eine glaubwürdige Employer Brand zu werden«, so Kurtz.
Worauf es ankommt
Damit ein Unternehmen ein glaubwürdiges Arbeitgeberimage am Markt erzeugen kann, muss zu Beginn das gewünschte Zielbild definiert, eine gemeinsame Identität herausgearbeitet und ein gemeinsames Werteverständnis geschaffen werden. »Employer Branding richtet sich nicht nur nach außen, sondern stets auch nach innen aus, um die Marke intern authentisch herauszubilden und zu verankern«, sagt Kurtz. Hierbei geht es nicht nur um intern relevante Themen des Unternehmens und seine Marke, sondern vor allem um das Erleben des Unternehmens als Arbeitgeber. Für Daniela Bacher sind »zufriedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die beste Werbung für ein Unternehmen«. Deshalb setzt man bei der Strabag unter anderem auf Maßnahmen im betrieblichen Gesundheitsmanagement, flexible Arbeitszeitmodelle und Potenzialmanagement. Man schafft Entwicklungsmöglichkeiten, ermöglicht konzerninterne Wechsel und fördert die berufliche Weiter- und Höherqualifizierung.
Laut einer aktuellen Employer-Branding-Studie des Recruiting-Unternehmens StepStone haben vor allem »softe« Faktoren einen großen Einfluss darauf, wie anziehend ein Arbeitgeber von außen wahrgenommen wird. Demnach sind der respektvolle Umgang mit Mitarbeitern, eine angenehme Arbeitsatmosphäre, nette Kollegen und kompetente Führungskräfte die wichtigsten Elemente eines attraktiven Arbeitgebers. Erst danach kommt das Geld ins Spiel. »Hohe Gehälter wirken auf den ersten Blick verlockend, aber sie halten Menschen nicht auf Dauer im Unternehmen«, sagt Rudi Bauer, Geschäftsführer von StepStone Österreich.
Fehler im Employer Branding
Bild oben: »Ein Beispiel für gutes Employer Branding ist die Strabag mit dem Claim ›Teams Work‹«, sagt Silke Kurtz, Director Employer Branding beim HR-Spezialisten Iventa.
»Viele Firmen verwenden allgemein-gültige Slogans, um als Arbeitgeber auf sich aufmerksam zu machen«, nennt Kurtz einen klassischen Fehler im Employer Branding. Die eigentliche Stärke des Employer Brandings, eine klare authentische Differenzierung, finde nicht wirklich statt. Dabei schafft erst diese klare Differenzierung einen Wiedererkennungswert und hebt Unternehmen am Arbeitsmarkt ab. Arbeitgeber sollten laut Kurtz den Kandidaten ein authentisches, differenzierendes Nutzenversprechen bieten können, damit diese sich über die Werte und die Unternehmenskultur ein Bild machen können. So kann bereits vor der Bewerbung ein Abgleich stattfinden und Erwartungshaltung sowie Realität stimmen überein. »Was heute gar nicht mehr geht, ist ein Effekt von ›außen hui, innen pfui‹«, bestätigt auch Karin Krobath vom Employer-Branding-Spezialisten Identitäter im Kurzinterview. Dafür würden schon Arbeitgeberbewertungsplattformen und die sozialen Medien sorgen.
Erfahrungen aus der Branche
Auch bei Murexin steht Employer Branding weit oben auf der Agenda. »Wir haben bei uns im Unternehmen festgestellt, dass im Durchschnitt aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter immer älter werden und wir bemühen uns nun, junge Leute zu finden, um zu vermeiden, dass wir in zehn bis 15 Jahren ohne Nachwuchs dastehen«, erklärt Geschäftsführer Bernhard Mucherl. Dafür hat man erst einmal den Blick nach innen gerichtet und die Mitarbeiter gefragt, was sie von Murexin als Arbeitgeber halten. »Aus den Ergebnissen der Umfrage haben wir unsere Positionierung und in weiterer Folge unsere Strategie für eine starke Arbeitgebermarke definiert«, so Mucherl.
Punkten will man bei potenziellen Bewerbern vor allem mit der Marke, der Unternehmensphilosophie und Glaubwürdigkeit. Deshalb müsse auch laufend abgeglichen werden, ob die Werte, die man nach außen transportiert, auch nach innen gelebt werden. »Das Schöne daran ist, dass wir das alles bereits seit vielen Jahren tun, aber mit Employer Branding hat es nun auch einen Namen bekommen.«
Schon früh mit dem Thema Employer Branding auseinandersetzen musste sich Gerald Hanisch, CEO von Rubble Master. Im Industrieland Oberösterreich zählten Big Player wie die Voest oder KTM zu seinen Mitbewerbern um die besten Köpfe. »Employer Branding ist wichtig, um als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden, und wie jeder Markenauftritt ein kontinuierlicher Prozess.« Ein wesentliches Differenzierungsmerkmal ist laut Hanisch Flexibilität. »Auf der einen Seite erwarten wir, dass unsere Mitarbeiter flexibel und kreativ arbeiten. Diese Flexibilität geben wir aber auch gerne in Form von Home-Office und flexiblen Arbeitszeiten wieder zurück. Diese positiven Erfahrungen der Mitarbeiter sprechen sich in der Region herum«, sagt Hanisch.
Punkten will man unter anderem auch mit einer offenen, familiären und eigenverantwortlichen Unternehmenskultur, einem sicheren Arbeitsplatz, zusätzlichen Urlaubstagen, modernen Arbeitsmethoden und Mitarbeiterevents. Als besonders wertvoll hat sich laut Hanisch auch die Zusammenarbeit mit Universitäten und Schulen erwiesen. »Da wir diese Kooperationen wirklich leben und uns in den Unis und FHs engagieren, konnten wir durch Ferialjobs, Praktika oder die Betreuung von Diplomarbeiten in den vergangenen Jahren immer wieder hochqualifizierte Mitarbeiter an Bord holen.«
Glossar
Employer Branding: Unter Employer Branding, übersetzt in etwa »Arbeitgebermarkenbildung«, versteht man unternehmensstrategische Maßnahmen, um ein Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber darzustellen und von anderen Wettbewerbern positiv abzuheben. Geprägt wurde der Begriff 1996 von den Wirtschaftsexperten Simon Barrow und Tim Ambler in einem Artikel im englischen Magazin Journal of Brand Management. Sie verstehen unter Employer Branding »die Summe an funktionellen, wirtschaftlichen und psychologischen Vorteilen durch eine Anstellung, die dem anstellenden Arbeitgeber zugeschrieben wird«. Es geht also vor allem darum, was mit einem bestimmten Arbeitgeber assoziiert wird.