Die Gemeinnützigen Bauvereinigungen haben 2017 um 11 % mehr Wohnungen errichtet als im Jahr davor. In der Sanierung nehmen sie weiterhin eine einsame Vorreiterrolle ein. Sorgen bereiten die steigenden Baukosten und Entscheidungen der Politik. Ein interessanter Ansatz zur Baukostensenkung kommt aus Niederösterreich.
Mit einem Neubauvolumen von 2,8 Milliarden Euro konnten die Gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBV) im Jahr 2017 ihre Bauleistung gegenüber dem Vorjahr um mehr als 11 %
auf 17.010 Wohneinheiten gegenüber dem Vorjahr steigern. »Wir liegen damit auch deutlich über dem langjährigen Schnitt von jährlich 15.200 Wohnungen«, erklärt GBV-Obmann Karl Wurm. Dieses Niveau dürfte auch 2018 annähernd gehalten werden, 2019 könnte es aus heutiger Sicht ein weiteres Plus auf knapp 17.300 Einheiten geben. Anfang 2018 waren rund 30.600 Wohnungen in Bau, das sind um 4.000 mehr als vor einem Jahr.
Den größten Zuwachs verzeichnete Salzburg mit einer Verdoppelung der Bauleistung, was allerdings in erster Linie an einer ordentlichen Delle im Vorjahr lag. Verglichen mit 2015 beträgt das Wachstum 13,3 %. Zuwächse verzeichnen auch das Burgenland, Niederösterreich, Tirol und die Steiermark. Ein minimales Plus von 0,5 % gab es in Wien. Damit liegt die Bundeshauptstadt rund 5 % unter dem 10-Jahres-Mittelwert.
Dies ist dem gerade in Wien bestehenden Mangel an erschwinglichen Grundstücken und den stark gestiegenen Baukosten geschuldet. »Das macht eine Projektrealisierung im Rahmen des geförderten Wohnbaus immer schwieriger«, kritisiert Wurm.
Hohe Kosten, kreative Lösungen
Die Baupreise haben seit Anfang 2014 gegenüber dem Verbraucherpreisindex deutlich angezogen. Im 4. Quartal 2017 betrug die Jahressteigerung der Baupreise 3,2 % gegenüber jener des VPI mit 2,2 %. Die Immobilienplattform Adeqat, die Bauprojekte zwischen privaten Investoren und Bauträgern vermittelt, berichtet von einem Anstieg der Baukosten im letzten Jahr um 20 bis 30 %. Dies bestätigt auch David Breitwieser, Leiter der Abteilung Wohnimmobilien beim Immobiliendienstleister EHL. »Wir kennen einen konkreten Fall, bei dem sich die Kosten für ein verschobenes Bauprojekt innerhalb eines Jahres um fast 30 % erhöht haben.«
Auch Wurm berichtet, dass die Angebote der Bauunternehmen um bis zu 60 Prozent über den kalkulierten Kosten liegen. Im starren Finanzrahmen des geförderten Wohnbaus sind diese Kosten kaum mehr unterzubringen. Und das hat Folgen: In Wien etwa warten baureife Projekte für mehr als 1500 Wohnungen auf akzeptable Kostenangebote. Laut Wurm nehmen Bauunternehmen aufgrund des Baubooms aktuell auch verstärkt einfache Projekte an, was wiederum zu Lasten der personalintensiven Sanierung geht. »Der boomende Neubau verteuert die Sanierung, das lässt langfristig die Mieten steigen«, erklärt der stellvertretende GBV-Obmann Alfred Graf. Dabei würden schon jetzt pro Jahr rund 7.000 leistbare Wohnungen fehlen. Dass die Bundesregierung vor diesem Hintergrund die geplante Wohnbauinvestitionsbank WBIB auf Eis legt, stößt bei den Gemeinnützigen auf wenig Verständnis.
»Auch wenn die Zinsen aktuell niedrig sind. Das wird sich wieder ändern. Die WBIB wäre ein perfektes Finanzierungsinstrument gewesen, das noch dazu über Lenkungseffekte verfügt hätte«, sagt Wurm. Schließlich plant die Regierung eine Senkung des Endenergieverbrauchs. Dass dies wie angekündigt ohne Zwang funktionieren soll, hält Wurm für illusorisch. »Laut Experten sind dafür 100 bis 150 Millionen Euro nötig. Das wird man mit gutem Zureden nicht erreichen.«
Ein interessanter Ansatz zur Baukostensenkung kommt aus Niederösterreich. »Wir versuchen vor allem bei kleineren Bauvorhaben gleich mehrere Bauprojekte im Paket an einen Auftragnehmer zu vergeben«, erklärt Graf. Das führt zu Synergien und reduziert die Overhead-Kosten deutlich.
Vorreiter in der Sanierung
Während die Gesamtsanierungsrate bei 0,4 % stagniert, liegen die Gemeinnützigen konstant bei rund 3 %. Dieser Sanierungsboom hatte zur Folge, dass der vor 1980 errichtete gemeinnützige Mietwohnungsbestand nahezu zur Gänze thermisch-energetisch verbessert werden konnte.