Bei 24 Hausdurchsuchungen in Wien, Niederösterreich und Oberösterreich gelang Einsatzkräften der Finanzpolizei und des Landeskriminalamts Wien ein beeindruckender Coup im Kampf gegen internationalen Steuer- und Sozialbetrug.
Eine hoch kriminelle Tätergruppe aus dem ehemaligen Jugoslawien hatte laut Finanzpolizei insgesamt mehr als 755 Arbeitnehmer in einem internationalen Netzwerk aus mehr als 30 Scheinfirmen beschäftigt. Durch illegale Preisabsprachen, Steuerhinterziehung sowie Hinterziehung von Sozialabgaben beläuft sich die vorläufig angenommene Schadenshöhe auf mehr als 55 Mio. Euro. Sechs Männer wurden festgenommen und in Untersuchungshaft übergeben.
Rund drei Jahre dauerten die Ermittlungen eines zehnköpfigen Teams der Finanzpolizei und eines zwölfköpfigen Teams des Landeskriminalamtes Wien gegen einen internationalen Ring im Baugewerbebetrug. Bei Baustellenkontrollen und Observationen sammelten die Beamten genug belastendes Material, um in den frühen Morgenstunden des 26. Septembers 2017 zu einer großangelegten Aktion von 24 zeitgleich stattfindenden Hausdurchsuchungen auszurücken. 19 davon in Wien, zwei in Oberösterreich und drei in Niederösterreich.
Die rund 60 Einsatzkräfte der Polizei und Finanzpolizei, darunter auch mehrere Forensiker für die Spurensicherung vor Ort, kamen mit Festnahmeanordnungen für die Hintermänner und Drahtzieher. Von der Staatsanwaltschaft ebenso ausgestellt wurde ein Abschöpfungsantrag für die gesamten Vermögenswerte der Hintermänner und deren Familien. Soweit bisher bekannt, betrifft dies neben diversen Immobilien im In-und Ausland auch Schmuck- sowie Geldvermögen.
In das internationale Betrugsnetzwerk involviert waren neben inländischen Auftraggebern, ausländische sowie inländische Betrugs-und Scheinfirmen. Vorgegeben wurden Entsendungen von Arbeitern aus Billiglohnländern wie Bulgarien, Rumänien, Tschechien, Ungarn und der Slowakei, die bei inländischen Scheinfirmen gemeldet wurden. Die An-bzw. Ummeldung der Arbeiter, sowie die Auftragsvergabe und Rechnungsabwicklung erfolgte über Mittelsmänner in Österreich. Die Rechnungsgelder wurden auf ausländische Konten überwiesen, dort allerdings von den Betrügern abgehoben und teils wieder in Form von Bargeld nach Österreich rückübermittelt („Kickbackzahlungen“). Die Sozialbetrugsermittlungen ergaben zudem, dass die Arbeiter in den Entsendestaaten nicht sozialversichert waren bzw. gefälschte Dokumente vorlegten.
Die Arbeiter im Alter zwischen 20 und 60 Jahren lebten zu einem großen Teil ganzjährig in Wien. Gegen sehr geringen Lohn arbeiteten die Männer auf diversen Baustellen und wohnten unter menschenunwürdigen Umständen in Massenquartieren oder direkt auf den Baustellen.
Die vorläufig errechnete Schadenshöhe beträgt rund 55 Mio. Euro und setzt sich wie folgt zusammen:
- 14 Mio. Euro aus hinterzogenen Sozialabgaben (Sozialversicherungsbeiträge sowie Beiträge der Bauarbeiter-Urlaubs-und Abfertigungskasse (BUAK))
- 20 Mio. Euro aus illegalen Preisabsprachen und
- 20 Mio. Euro aus hinterzogenen Steuern
Bei diesen Zahlen handelt es sich vorläufig nur um Schätzungen, da der tatsächliche Schaden aufgrund von Schein- bzw. Deckungsrechnungen in den Buchhaltungen vermutlich wesentlich höher ausfallen wird. Beschlagnahmt wurden bei den Hausdurchsuchungen deshalb alle entsprechenden Unterlagen: Laptops, Handys und einige Terabyte an EDV-Datenmaterial. Darüber hinaus wurde Bargeld in Höhe von 110.000 Euro sowie ein PKW sichergestellt.
Einsatzleiter Ewald Engel von der Finanzpolizei zeigte sich mit dem Einsatz zufrieden: „Die Zusammenarbeit mit dem Landeskriminalamt hat ausgezeichnet funktioniert. Gemeinsam ist uns ein wichtiger Schlag gegen ein internationales Bau-Betrugsnetz gelungen“.