Samstag, Dezember 21, 2024
Frischer Impuls für das Welterbe

Mit dem neu erbauten Seerestaurant »Das Fritz« in Weiden am Neusiedler See ist den Architekten Halbritter & Hillerbrand die ideale Bühne zum Essen, Feiern, Genießen und Flanieren gelungen. Gebaut wurde vor allem mit Beton. Der sorgt für die perfekte Statik, eine umweltfreundliche Energieversorgung und in Form von Sichtbeton auch für optische Highlights. 

Nachdem die Pachtverträge des einstigen Seerestaurants ausliefen und dessen Betreiber sich zur Ruhe setzen wollte, hatte ein ortsansässiger Bauherr die Idee, ein neues Lokal zu errichten, das die regionale Entwicklung unterstützt und nachhaltig erhält. Den Zuschlag erhielt das Architekturbüro Halbritter & Hillerbrand für die Idee, das Gebäude »nicht nur als Seerestaurant zu sehen, sondern als multifunktionales, ganzjährig bespielbares Gebäude mit Räumen für Seminare, Kulturveranstaltungen, Firmenfeiern, Hochzeiten oder private Feste, das sowohl vom Land als auch vom Wasser zugängig ist«.

Schnell, flexibel, qualitätsvoll

Gerade einmal acht Monate war zwischen zwei Sommersaisonen Zeit für den Neubau der gesamten Anlage inklusive Abbruch des Bestandes und Aushub des Hafenbeckens. Eine besondere Herausforderung sowohl in Bezug auf die zu verwendenden Materialien als auch in Bezug auf die Koordination der Gewerke. »Alle massiven Außenwände sind mit Halbfertig-Stahlbetonwänden errichtet worden, nur so konnten wir den straffen Zeitplan einhalten«, betont Halbritter. Auch die Decken sind Halbfertigteile aus Beton, die Bodenplatte hingegen wurde vor Ort betoniert, duktile Pfähle eingesetzt, von unten gedämmt und in eine umlaufende Ortbetonfrostschürze gehüllt. Entstanden sind Räume mit großen Spannweiten für eine flexible Nutzung in höchster Qualität.
Wichtig war auch, dass der Eingriff in das Ökosystem so minimal wie möglich sein sollte. »Für uns stellte sich die Aufgabe, einen Baukörper mit ausgedehnten Flächen und umfangreichem Volumen so zu gestalten, dass er nicht imposant wirkt«, erklärt der Architekt. »Daher haben wir das zweigeschoßige Gebäude in ein Hauptgebäude und einen Bereich mit Nebenfunktionen unterteilt und somit die Fassadenlänge optisch reduziert.« Das verbindende Element ist ein verglastes Foyer, das direkt zur Terrasse im Erdgeschoß führt und auch das Obergeschoß erschließt. »Wesentlich für unseren Entwurf war, eine permanente Blickbeziehung zum See zu ermöglichen sowie die Sichtachse vom Ort kommend nicht zu beeinträchtigen.« Entsprechend wurden sowohl das Gebäude als auch die raumhohen Verglasungen positioniert.

Landseitig ist die Gebäudehülle dicht mit Schilf umspielt – eine traditionelle Anwendung bei Dächern, die hier erstmals in der Fassade zum Einsatz kommt – während sie sich zum Wasser hin durch großzügige Verglasungen im Wechselspiel mit vorpatinierten Zinkblechverkleidungen öffnet und den nahtlosen Übergang zu den ausgedehnten Terrassen ermöglicht. Diese finden ihre Fortsetzung über einen Steg mit 25 Anlegeplätzen zum See.

Innovativ & nachhaltig

Zum Heizen und Kühlen des Gebäudes sollte entsprechend der Nutzung die beste Technologie für effiziente Alternativenergien eingesetzt werden. »Unser Ziel war, die Energie aus dem Gebäude bestmöglich zu nützen und die Systeme mehrfach zu verwenden«, erklärt Projektleiter Peter Weinzettl von Woschitz Engineering. »In diesem Sinne haben wir uns den Beton als Speichermasse zunutze gemacht und die Decke im Erdgeschoß zum Heizen und Kühlen bauteilaktiviert, da die ›Stille Kühlung‹ ganz speziell für eine bessere Qualität des Raumklimas sorgt. Zusätzlich ist dieses System auch beim Einbau sehr unkompliziert.« Als Herzstück des energetischen Konzeptes gilt eine hocheffiziente Wärmerückgewinnung, die mittels Wärmepumpe betrieben wird. Dabei wird die komplette Abluft im Winter zur  Erwärmung des Heizungswassers und im Sommer zur Kühlung des Kühlwassers verwendet. Geheizt wird zusätzlich über eine Fußbodenheizung, im Obergeschoß auch über Konvektoren. 

Ästethisch, funktional, regional

Schlichte Funktionalität und eine präzise Wahl der Materialien bestimmen nicht nur Gebäudehülle und Außenbereiche, sondern auch die Atmosphäre der Innenräume. Hier sind die vorherrschenden Materialien Sichtbeton, Fibrolithplatten in unterschiedlichen Grauabstufungen für die optimale Raumakustik sowie Hanftaue und harmonisch abgestimmte, farbige Stoffe, die den 300 m² großen Restaurantbereich im Erdgeschoß optisch in verschiedene Bereiche unterteilen. Die Böden sind mit flügelgeglättetem Estrich, nur kleinere Bereiche mit Holz versehen. Im Erdgeschoß befinden sich auch Küche – mit allen erforderlichen Nebenräumen –, die Bar, welche ihre Fortsetzung auf der Terrasse findet, und eine »Speiseekammer«, wo lokale Spezialitäten – unter anderem auch der Honig von Bienenstöcken am Dach  – und Weine zum Verkauf angeboten werden. Der 290 m²  große Veranstaltungssaal im Obergeschoß kann durch mobile Trennwände unterteilt werden. Hier sind noch eine Satellitenküche und eine Bar sowie alle erforderlichen Nebenräume untergebracht. Alle Terrassen und Steganlagen mit einer Gesamtfläche von etwa 1.000 m² sind in Lärchenholz ausgeführt, bepflanzt wurde ausschließlich mit heimischen, ortstypischen Gewächsen.

Projektdaten:

  • Bauherr: PT Errichtungs- und Betriebs GesmbH
  • Architektur: DI Herbert Halbritter & DI Heidemarie Hillerbrand, Wien
  • Baufirma: Strabag AG, St. Pölten
  • Betonfertigteile: Franz Oberndorfer GmbH & CoKG, Gunskirchen
  • Planungsbeginn: August 2015
  • Baubeginn:  Oktober 2016
  • Fertigstellung: Juni 2017
  • Materialien: Stahlbetonhalbfertigteile, Ortbeton, bauteilaktivierte Decke im EG, Glas, Schilf, vorpatiniertes Zinkblech, flügelgeglätteter Estrich, Holzboden: Eiche geölt, Lärchenholz für die Außenbereiche
  • Kosten: EUR 5,5 Mio. Euro Gebäude inkl. Einrichtung, Außenanlagen und Hafenbecken

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