Samstag, Dezember 21, 2024

In der letzten Ausgabe des Bau & Immobilien Report haben die Wirtschaftssprecher der Parteien ihre Pläne präsentiert, wie sie die Baukonjunktur weiter ankurbeln und für fairen Wettbewerb sorgen wollen. In der aktuellen Ausgabe beantworten die Bautensprecher Fragen zum Thema Wohnbau.

Die Fragen:

1. Schon im letzten Wahlkampf wurde eine Wohnbauoffensive versprochen, im Herbst 2015 wurde sie formal beschlossen und die WBIB gegründet. Umgesetzt wurde bislang aber noch nichts. Mit welchen konkreten Maßnahmen wollen Sie/Ihre Partei sicherstellen, dass in Zukunft genügend leistbarer Wohnraum zur Verfügung steht?

2. Soll die Wohnbauförderung in ihrer jetzigen Form erhalten bleiben oder braucht es Anpassungen, um sowohl Neubau als auch Sanierung anzukurbeln? Könnte/sollte das Modell der WBIB die klassische Wohnbauförderung langfristig ersetzen?


Gabriela Moser (Die Grünen)

1. Es braucht unserer Ansicht nach Maßnahmen in zwei Bereichen – zum einen sollte vorhandener Wohnraum gesichtet und saniert werden, zum anderen müssen wir Neubau forcieren. Dafür haben wir ein Zehn-Punkte-Programm erstellt: Erheben, wo Wohnungen leer stehen, diese sanieren, eventuell mit Eigenleistung der möglichen NachmieterInnen; Aufstocken von erdgeschoßigen Gebäuden, Adaptieren von ungenütztem Altbestand; Vergabe von billigen ausgezahlten Wohnungen an Einkommensschwache; Bauland schaffen durch Umwidmung;  50 % von umgewidmeter Fläche für sozialen Wohnbau reservieren; Bauordnung vereinfachen; Bundesfinanzierungsagentur auf Wohnbau ausdehnen und Wohnbausparen und Pensionsvorsorge mit staatl. Prämie stärken; Verbilligende Änderungen der Garagenordnung, weil Abstellplätze und Garagenplätze rund 15 % der Baukosten von Wohnungen erfordern. Wohnbauförderung neu – Zweckbindung, auch der Darlehensrückflüsse, neue Einkommensgrenzen, Förderungen von Mietwohnungen, Förderung von Energieeffizienz.

2. Die Wohnbauförderung ist zwar zu erhalten, aber nicht in der jetzigen Form. Eine Neuorientierung der Wohn­bauförderung an ökologischen und klimapolitischen Zielsetzungen muss einen zentralen Beitrag zur österreichischen Klimaschutzpolitik leisten. Das bringt auch neue innovative Arbeitsplätze. Das Modell der WBIB ist ungeeignet, die Wohnbauförderung abzulösen, weil die Investitionsbank zu stark von der Zinsentwicklung abhängig ist.


Philipp Schrangl (FPÖ)

1. Wir bewegen uns im Bereich des geförderten Wohnbaus in einem Sektor, der viele Querschnittsmaterien aufzuweisen hat. Entscheidend wird sein, die handelnden Akteure an einen Tisch zu bringen, um gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Es zeugt von Problemen, wenn etwa der Dachverband der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft vor den Folgen überhöhter Standards warnt und diese in Wien noch weiter angezogen werden. Wir brauchen ein klares Ziel. Für uns Freiheitliche besteht das darin, ökologische und soziale Aspekte der Wohn­bauförderung wieder in ein vernünftiges Gleichgewicht zu bringen. Mindestpensionisten und Familien können nicht gezwungen werden, mit ihrer Miete das Klimaproblem zu lösen. Hier brauchen wir vernünftige Zugänge.

2. Die Wohnbauförderung ist ein bewährtes Instrument der Wohnversorgung. Ihr Wert darf nicht unterschätzt werden – das zeigt etwa der Vergleich mit Deutschland. Aber natürlich müssen auch – und gerade – entscheidende Instrumente konstruktiv angepasst werden. Zentral ist die Frage, was mit der Wohnbauförderung erreicht werden soll. Für uns Freiheitliche stehen hier ganz klar soziale Aspekte im Vordergrund. Ob wir von Eigentum oder Miete sprechen, ist für uns keine ideologische, sondern eine pragmatische Frage. Die Wohnformen divergieren von Bundesland zu Bundesland. Ich denke, dass die Wohnbauförderung bei den Ländern gut aufgehoben ist und eine zentrale Instanz wie die WBIB dieses gewachsene System ergänzen kann, aber nicht ersetzen soll.


Johann Singer (Die neue Volkspartei)

1. Die Frage der Leistbarkeit stellt sich dann nicht mehr, wenn es gelingt, der steigenden Nachfrage nach Wohnraum ein ausreichendes Angebot gegenüberzustellen. Um die Angebotsseite zu stärken, braucht es zum einen steuerliche Anreize, die Investitionen in die Schaffung von neuem Wohnraum fördern. Bei der Mietzinsbildung soll in Zukunft nicht auf das Alter, sondern auf die Qualität einer Wohnung abgestellt werden. Die Bereitschaft, in Qualität zu investieren, soll daher mit einem höheren Mietzins »belohnt« werden. Primär braucht es aber Rechtssicherheit für die Vermieter, damit leer stehende Wohnungen wieder auf den Markt kommen. Um den hohen Grundstückspreisen entgegenzuwirken, muss das Instrument des Baurechts derart ausgestaltet werden, dass es für die Bauträger auch wirtschaftlich attraktiv ist.

2. Eine Reduzierung der Anforderungen in der WBF könnte sowohl den Neubau als auch Sanierungsmaßnahmen fördern. Generell sollte die WBF aber nicht in Frage gestellt werden, zumal sie dem Grunde nach über die Darlehensrückflüsse ein sich selbst erhaltendes System darstellt, das außerdem besser als jedes andere Lenkungsinstrument auf unterschiedliche regionale Bedürfnisse eingehen kann.
Ich hoffe, dass die noch ausstehende Zustimmung der EU-Kommission betreffend Haftungsübernahme seitens des Bundes bald erteilt wird und die WBIB somit operativ tätig werden kann. Zum jetzigen Zeitpunkt über die Zukunft eines noch nicht praxiserprobten Instruments zu spekulieren, ist aus meiner Sicht jedenfalls nicht sinnvoll.


Ruth Becher (SPÖ)

1. Die WBIB sollte nun, nachdem komplexe gemeinschaftsrechtliche und formelle Fragen geklärt sind, zeitnahe ihre Tätigkeit aufnehmen und langfristige Finanzierungen sicherstellen. Nachdem im Bereich der Normen Maßnahmen zur Kostensenkung auf den Weg gebracht wurden, gibt es auch bei der Bereitstellung leistbarer Grundstücke breite politische Zustimmung. Die größte Reform des WGG seit Jahrzehnten hat überdies für den Bereich des mehrgeschoßigen Wohnbaus einen verbesserten Rahmen geschaffen.

2. Die Wohnbauförderung ist ein elementarer Bestandteil des Erfolgsmodells Österreichischer Wohnbau. Die Ökologisierung und die neue 14a-Vereinbarung stehen für erhöhte Treffsicherheit. Die WBIB füllt, um einen wesentlichen Aspekt herauszugreifen, die Finanzierungslücke bei Wohnbaukrediten mit Laufzeiten über 25 Jahre.


Gerald Loacker (NEOs)

1. Die öffentliche Hand kommt mit der Wohnbauleistung nicht nach. Um private Wohnbauleistung anzukurbeln, müssen die Rahmenbedingungen so umgestaltet werden, dass sich Investitionen in Wohnraum auszahlen. Das verlangt liberale Reformen im Mietrecht. Ein Abgehen vom Richtwert eröffnet in diesem Segment mehr Anreiz für Investitionen. Die leichtere Kündbarkeit von unbefris­teten Mietverträgen und die radikale Einschränkung von Eintrittsrechten in Mietverträge erhöht die Bereitschaft von Eigentümern, ihr Eigentum in Form von Vermietung zur Verfügung zu stellen. Wohnbau ist derzeit eine Investitionsform, die viel stärkeren Restriktionen unterliegt als andere Investitionsformen. Dadurch lenkt der Staat privates Geld vom Wohnbau weg.

2. Den Arbeitenden wird der WBF-Beitrag vom Lohn und Gehalt abgezogen, die Unternehmen zahlen WBF-Beitrag in Form von Lohnnebenkosten. Aber viele Bundesländer lassen dieses Geld in alle möglichen Kanäle fließen, nur nicht in Wohnbau. Daher wäre es besser, die Arbeitskosten zu senken, den Menschen mehr Nettolohn zu lassen und die Landeswohnbauförderung aus den Darlehensrückflüssen zu bestreiten. In ihrer jetzigen Form dienen die WBF-Beiträge der Budgetsanierung für verschwenderische Landesfürsten, und kaum dem Wohnbau. Das Modell WBIB ist ein Politmarketinggag, dessen Sinn sich auch dem Finanzministerium nicht erschließt, wie dies das BMF in der Gesetzesbegutachtung erklärt hat.

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