Heute entworfene Gebäude bestimmen, wie nachfolgende Generationen leben und arbeiten. Entscheidender Faktor ist die Fassade. VHF-Fassaden beweisen sich in einer Studie.
Fassadenunternehmen wissen um die Bedeutung der Gebäudehülle, arbeiten an neuen Konzepten. Eternit hat sogar eine interne Innovations-Challenge gestartet. Christof Pohn, Leiter Business Unit Fassade, erläutert: »Dieses Programm wurde im Frühjahr begonnen, jeder Mitarbeiter hatte die Möglichkeit, seine Ideen einzureichen.« Vier Projekte wurden ausgewählt und werden aktuell ausgearbeitet. Ende Juni erfolgen eine weitere Präsentation und die Ermittlung des besten Projektes. »Dieses wird dann weiterausgearbeitet, das Siegerteam mit einer Reise belohnt.« Schüco kooperiert mit Universitäten und Forschungseinrichtungen, darunter die Universität Bielefeld, das Fraunhofer-Institut und ift Rosenheim. Im Fokus stehen das Verhalten von Doppelfassaden im Hinblick auf Lüftung, Raumklima sowie Schallschutz, Erdbebensicherheit und die Entwicklung neuer Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen. Im Bereich der Werkstoffe werden kontinuierlich neue Materialien getestet. So sind über spezielle Legierungen Beschläge haltbarer und wartungsfreier, Kabel und Dichtmittel von gesundheitsbedenklichen Inhalten befreit, Dichtungen und Isolatoren zum Teil aus biologischen Grundprodukten gefertigt.
Bei Sto wird aktuell an Inhalten zum Thema aktive Energiefassade gearbeitet. Produktmanager Ewald Rauter: »Neuentwicklungen bei Sto haben immer die Themen Ressourcenschonung, Wiederverwendung und Recycling im Fokus.« Einen Blick in ein Forschungsprojekt, dessen Start in Kürze erwartet wird, ermöglicht Baumeister Simon Rümmele, Vorstand Kommunikation beim Österreichischen Fachverband für hinterlüftete Fassaden: »Das von eco.plus geleitete Projekt SCHALL.hoch.BAU soll verschiedene Untergründe und Fassadensysteme, Wärmedämmverbundsysteme (WDVS) und vorgehängte hinterlüftete Fassaden (VHF), mit variablen Aufbauten hinsichtlich Schallschutz untersuchen.« Der Fachverband der Fassadenbegrünung verantwortet eine neue Initiative für innovative Fassadenbegrünung in der Stadt.
Neue Außenhülle
Die Forschung der letzten Jahre hat zahlreiche Innovationen auf den Markt gebracht. »Wir sind mit vielen Siedlungsgenossenschaften im Gespräch, holen deren Bedürfnisse ein«, beschreibt Christof Pohn, Leiter Business Unit Fassade, die Eternit-Arbeitsweise. Nach wie vor gehe es vor allem um den Preis, leistbarer Wohnraum ist gefordert. Daher hat Eternit ein kostengüns-tiges Fassadensystem entwickelt, die vorgehängte hinterlüftete Fassade ORA, die vor allem im gewerblichen und öffentlichen Wohnbau eingesetzt wird. Die Dämmplatten mit einem Lambdawert von 0,031 W/(mK) sind fünfseitig oberflächenbearbeitet. Die Unterkonstruktion zur Verankerung der Fassadenplatten erfolgt mittels Holzprofilen. Das ORA-System ist freigegeben für die Gebäudeklassen 1, 2 und 3.
Ein weiteres innovatives Eternit-Produkt ist die neue Beschichtungstechnik für Swisspearl Großformat H2 – UV-gehärtete, funktionsbeschichtete, hochkratzfeste und antigraffitibeständige Tafeln, von supermatt bis hochglänzend. Swisspearl H2 ist v.a. eine Lösung für öffentliche Bereiche. Bei Schüco, in Österreich vertreten durch AluKönigStahl, stehen neben Nachhaltigkeit auch Form und Design im Blickfeld, etwa das Fassadensystem Schüco FWS 35 PD mit Profilansichten von 35 mm und das Schüco Parametric System. Sto will laut Rauter den Fassadenmarkt revolutionieren, u.a. mit StoSystain R, die über eine leis-tungsstarke Kletttechnik statt der klassischen Klebebefestigung angebracht wird.
StoColor Lotusan und StoColor Dryonic beweisen, dass Fassadenschutz auch ohne bioziden Filmschutz möglich ist. Bei StoColor Lotusan werden Schmutzablagerungen reduziert und Algen sowie Pilzbefall auf natürliche Weise verhindert, indem der Selbstreinigungseffekt der Lotuspflanze kopiert wird. Regenwasser perlt in Tropfen ab und nimmt Schmutzpartikel von der Oberfläche mit. Bei StoColor Dryonic trocknet die Fassade so schnell ab, dass Algen und Pilze keine Chance haben. Jansen, ebenfalls durch AluKönigStahl in Österreich vertreten, setzt auf Transparenz und Sicherheit. Neue hochstatische Stahlfassadenprofile mit Ix-Werten bis zu 1.965 cm4 ermöglichen montagefreundliche Fassadenkonstruktionen mit großen Spannweiten und sorgen für größtmöglichen Lichtdurchlass. Mit Jansen VISS Fire stehen geprüfte Brandschutzfassaden bis zu Klasse EI90 zur Verfügung. Die Systemlösung VISS RC4 erfüllt höchste Ansprüche an den Einbruchschutz. Das Thema Glasfassade wird v.a. von Schott präferiert, da sie nicht nur ästhetisch, sondern auch robust gegenüber äußeren Einflüssen ist. »Glasfassaden haben auch Nachteile«, sagt Helmut Floegl, stv. Leiter des Departments Bauen und Umwelt der Donau-Universität Krems, » sie sind aufgrund der aufwendigen Reinigung in den Folgekosten teurer als Lochfassaden«.
1:0 für VHF
Nach wie vor entscheiden vor allem die Errichtungskos-ten über Ausführung, Materialien und Bauteile von Fassaden – Wärmedämmverbundsysteme beherrschen den großvolumigen Neubau. Von der Fassade verursachte Folgekosten sind in der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung nicht mitberücksichtigt. Eine Studie der Donau-Universität Krems bestätigt das.
Helmut Floegl: »Vorgehängte hinterlüftete Fassaden sind bei näherer Betrachtung finanziell sehr attraktiv. Auf 50 Jahre gesehen ist die VHF nicht teurer als die WDVS.« Bei einer mängelfreien Ausführung ohne starke Verschmutzung liegen die Lebenszykluskosten der untersuchten VHF-Systeme im Studien-Szenario in der gleichen Größenordnung wie jene der WDVS. Qualitativ gewinnt die vorgehängte Fassade ohnehin – muss also Trend der Zukunft sein. Baumeister Simon Rümmele: »Heutige Anforderungen an die Fassade wie optische Attraktivität und Wertbeständigkeit, Wartungsfreiheit, aber auch optimale Bauphysik wie Brandschutz, integrierter Blitzschutz, sommerlicher Hitzeschutz, Wärmebrückenfreiheit und niedrige Lebenszykluskosten werden von der VHF optimal realisiert.«
Ausblick
Die Innovations-Challenge von Eternit ist nur eine Forschungsschiene für praktikable Fassaden der Zukunft. Die Donau-Universität arbeitet u.a. an Modellen zur Lebenszykluskostenberechnung grüner Fassaden mit Pflanzen. »Es gibt neue Erkenntnisse aus den USA, wie man Pflanzen mit der Fassade in Verbindung bringen kann – boden- bzw. wandgebunden. Wir untersuchen die Systeme nun lebenszyklisch.« Zum Stichwort »gebunden« spricht Baumeister Simon Rümmele einen wesentlichen Schritt im Fassadenwesen an, der in der gemeinsamen und integrativen Planung von Unterkonstruktion, Befestigung und Fassadenplatten sowie der damit einhergehenden Vorfertigung der Komponenten liegt.