Das deutsche Forschungsprojekt SmartSite zeigt, wie durch die Vernetzung von Baumaschinen, Anlagen, Prozessen und Akteuren die Effizienz und Qualität im Straßenbau deutlich gesteigert werden können. Ein erster Praxistest liefert den Beweis, dass es sich dabei nicht mehr um reine Zukunftsmusik handelt.
Lesetipp - Internet of Things: Wie die Strabag die Zukunft des Facility Managements mitgestaltet
Drei Jahre lang hat ein Forschungskonsortium, an dem unter anderem die Strabag, Topcon, Amann Verdichtung und das Beratungsunternehmen Drees & Sommer beteiligt waren, an dem Projekt SmartSite gearbeitet. Ziel war es, die Qualität des Asphaltstraßenbaus zu verbessern und gleichzeitig die Bauzeiten zu reduzieren. Dafür wurde eine cloudbasierte Plattform entwickelt, die eine intelligente Steuerung automatisch agierender Baumaschinen und Anlagen ermöglicht. Diese SmartSite-Plattform führt die Maschinensteuerung mit den 5D-Planungsdaten, den Baugeräte-IST-Daten mit der über Netzwerke angebundenen digitalen, modellbasierten Bauprozesssteuerung zusammen. Zudem werden Daten von externen Anlagen wie dem Asphaltmischer, von der Baustellenumgebung und von externen Faktoren wie beispielsweise Staus gespeichert und allen Akteuren der Baustelle zur Verfügung gestellt.
Intelligente Baumaschinen können dadurch selbstständig und auch untereinander agieren und sich auf die Anforderungen einstellen. »Durch die Vernetzung aller Maschinen, Anlagen, Prozesse und Bauakteure über die Cloud kann die Bauqualität der Straßen wesentlich gesteigert werden«, erklärt Konsortialführer Burkhard Seizer von Drees & Sommer. Denn mit der intelligenten Steuerung, der Logistikautomation sowie den autonomen, zum Teil fahrerlosen Maschinen kann der Asphalt-Einbauprozess kontinuierlich mit der erforderlichen Asphalttemperatur und Verdichtung erfolgen. »Das hebt die Lebensdauer der Asphaltschichten um 30 Prozent und auch die Herstellungskosten können in der Größenordnung von 25 Prozent reduziert werden«, so Seizer.
Eine der zentralen Herausforderungen des Projekts bestand laut Seizer darin, die Datenschnittstellen zu den verschiedenen Akteuren herzustellen: von der Maschinensteuerung über das Asphaltmischwerk zu Lkws beziehungsweise Spedition bis hin zu Baufirma und Auftraggeber. Darüber hinaus galt es, über die automatisierte Prozesssteuerung auch Mehrwerte für alle Akteure zu generieren. »SmartSite hat mit der Entwicklung der autonom fahrenden Walze und des Fertigers Neuland betreten. Es wurden neue Algorithmen ausgearbeitet und in mehreren Schritten praktisch erprobt, was sehr aufwendig war«, so Seizer.
Umsetzung in die Praxis
Im Rahmen des sogenannten »Final Demonstrators« wurden die Ergebnisse des Projekts SmartSite Ende letzten Jahres anhand einer realen Baustelle in Baden-Württemberg präsentiert. Mit einem Asphaltfertiger, einem Beschicker, drei Asphaltwalzen und einer Flotte Thermomulden LKW wurden 4,7 km Landstraße gebaut. Das SmartSite-System hat dabei von der Planung der Einbautaktung über die Logistiksteuerung der Lkw-Flotte bis hin zur automatisierten 3D-Steuerung des Asphaltfertigers und der Asphaltwalzen die Steuerung aller Prozessschritte im Asphaltstraßenbau abgebildet.
Von einem Leitstand in der Nähe der Baustelle aus wurde das SmartSite-System gesteuert. Die Lkw-Flotte wurde über Navigationsgeräte automatisiert über ihre Fahraufträge informiert, der Fertigerfahrer hat über ein mobiles Endgerät eine zu fahrende Geschwindigkeitsempfehlung erhalten, den Walzenfahrern wurden über ein Display die idealen Walzpfade und ihre derzeitige Abweichung davon angezeigt und der Prozessmanager und Bauleiter konnten über ein beliebiges mobiles Endgerät alle diese Informationen jederzeit abrufen und sich über das Baugeschehen informieren.
Dieser Praxistest zeigt, dass es sich bei SmartSite um keine reine Zukunftsmusik mehr handelt. Das bestätigt auch Alexander Bickle, Projektleiter SmartSite bei der Strabag. »Aus unserer Sicht wird BIM.5D in wenigen Jahren auch im Straßenbau eine wichtige Rolle spielen und den Planungs- sowie Ausführungsprozess unterstützen. Die Automatisierung und 3D-Steuerung von Baumaschinen wird Schritt für Schritt Anwendung finden.« Durch die Echtzeiterfassung des Bauprozesses und die digitale Dokumentation aller am Projekt beteiligten Maschinen, Anlagen und Personen können zukünftig tiefergehende Analysen über den Bauprozess erfolgen und Erkenntnisse gewonnen werden. Dies erhöht laut Bickle langfristig die Qualität und die Kostensicherheit aller Beteiligten.
Ab sofort finden die Ergebnisse des Projekts in verschiedenen Projekten Anwendung und kommen vor allem den Straßenbau- sowie Maschinenbauunternehmen zugute. Die Cloudlösung soll helfen, Baumaßnahmen besser planen und schneller auf Störungen oder Änderungen reagieren zu können. Denn die Nutzer können den gesamten Prozess von der Asphaltmischanlage über den Transport bis zur Verarbeitung durchgehend überwachen und steuern. Das soll sich positiv auf den gesamten Straßenbau auswirken und den Energie- und Ressourcenverbrauch minimieren.