Donnerstag, Juli 04, 2024

Thema des jüngsten StahlbauDialoges des Österreichischen Stahlbauverbandes war dessen neue Richtlinie zur Revitalisierung historischer Stahlbauten. Diese ist wichtig für den Erhalt des kulturellen Bauerbes, der in Österreich eine tragende Rolle spielt.

Die industrielle Revolution wirkte als Triebkraft für den Einsatz von Eisen und Stahl im Bauwesen. Eine breite Palette an Stahlbauten entstand. »Unser großes Anliegen ist es, die sachgerechte Sanierung wertvoller Stahlbaukunst zu unterstützen«, begründet Georg Matzner, Geschäftsführer des Österreichischen Stahlbauverbandes, die neue Richtlinie. Sie stellt für Revitalisierungen wesentliche Normen und Vorschriften dar, gibt einen Überblick über historische Materialien sowie Herstellungstechnologien und zeigt technologische Möglichkeiten der Revitalisierung auf.

Revitalisierung in der Theorie …

»Die Richtlinie ist als Unterstützung bei der Bearbeitung von Ausschreibungen für die Sanierung historischer Stahlkonstruktionen gedacht«, betonen die beiden Autoren Meinhard Roller und Friedrich Münzker. Sie ist in zwei Teile gegliedert. Teil 1 bietet einen Überblick über historische Materialien und Herstellungstechnologien, Teil 2 nennt die kaufmännischen sowie rechtlichen Vertragsbedingungen und umfasst eine Musterausschreibung unter Einbeziehung der LB-HB (Leistungsbeschreibung Hochbau), da laut Friedrich Münzker immer wieder Probleme bei der Ausschreibung auftreten. Gusseisen, Nietverbindungen und Korrosionsschutz bilden eigene Kapitel in der Richtlinie.

U.a. werden Maßnahmen für den Ersatz beschädigter Gusseisen-elemente genannt. Hingewiesen wird auf Bemessungs- und Ausführungsnormen bei Nietverbindungen, die klassischen Verbindungen im historischen Stahlbau. Beim Korrosionsschutz wird auf aktuelle Beschichtungsstoffe und deren Applikationen eingegangen. Die neue Richtlinie des ÖSTV verweist auch auf Materialien, die zu den Problem- bzw. Gefahrenstoffen zählen: Bleimennige, Bleiweiß sowie Bitumen- und Teeranstriche. Wegen des bei Revitalisierungen unvermeidlichen Kontakts mit diesen Materialien wird auf entsprechende Arbeitnehmerschutzverordnungen hingewiesen. Für die Entsorgung von anfallendem Restmaterial und Strahlschutt nennt die Richtlinie v.a. die Deponieverordnung 2008.

>> … und in der Praxis

»Bei einer zeitgemäßen Nutzung darf nicht auf den Denkmalschutz vergessen werden«, so ÖSTV-Präsident Thomas F. Berr. Dieses Thema griff Walter Breitfuß von wernerconsult ziviltechniker auf und berichtete von Revitalisierungsarbeiten am Dach des Salzburger Hauptbahnhofes. Wie wird ein Denkmal in ein modernes Stahldach verwandelt? Die Frage stellte sich vor einigen Jahren. Wie gut kann historische Substanz mit moderner Verkehrstechnik verbunden werden? In Salzburg ist das Projekt geglückt. Die his­torische Stahlhalle, der Mittelteil der ursprünglich dreischiffigen Stahlfachwerkkonstruktion auf Gusseisen-Stehern, kann ihre Aufgabe weiterhin erfüllen. Dazu wurde die Konstruktion wissenschaftlich untersucht, abgetragen und in rund 2.500 Einzelteilen auf 22 Tiefladern nach Polen transportiert.

Nieten wurden durch Nietkopfschrauben bzw. gedrehte Nietpassschrauben ersetzt, Rost und Anstriche abgenommen und die elfenbeinfarbene Erstfassung konserviert. Neue Querstreben verstärken die Konstruktion. Die neue Tonne, so der Name der Stahlhalle, betont die historische Hallenwirkung der Konstruktion. Dem Thema Korrosionsschutz widmete sich Stefan Kobor von Akzo Nobel Coatings, der über die Korrosionsschutz-Sanierung des 1882 fertiggestellten Palmenhauses in Wien Schönbrunn berichtete. Mit der Frage, wie gut historische Substanz mit moderner Verkehrstechnik verbunden werden kann, befasste sich auch Andreas Oberhauser, Stabstellenleiter der Wiener Linien. »Ich finde die Richtlinie sehr gelungen. Wir beschäftigen nicht nur gelernte Stahlbauer. Mit der Richtlinie des ÖSTV kann man sich sehr schnell in die Thematik einlesen.«

Die Aufzeichnung des StahlbauDialogs kann unter http://www.stahlbauverband.at/b1138m280 bezogen werden.

Die Richtlinie selbst ist unter http://www.stahlbauverband.at/richtlinien-revitalisierung/ kostenfrei verfügbar.

Hintergrund: die Ausnahme

Gemäß der harmonisierten EN 1090-1 wird die Anbringung eines CE-Zeichens an tragenden, im Werk vorgefertigten Bauteilen des Stahlbaus gefordert. Die Lieferteile für Revitalisierungen werden normalerweise individuell und nicht in Serie gefertigt, an den Bestand angepasst und meist in einem nicht industriellen Verfahren nach nationalen Vorschriften gefertigt. Daher entfällt die CE-Kennzeichnungspflicht.

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