Normen machen Bauen und Wohnen teurer, klagen Politik und Interessenverbände. Ab sofort gibt es auf Einladung von Austrian Standards und in enger Kooperation mit der Bundesinnung Bau die Möglichkeit, über das Internet wirksam Vorschläge zur Vereinfachung von baurelevanten Normen einzubringen.
Vorgestern fand die Auftaktveranstaltung in Wien statt, zu der rund hundert Fachleute gekommen sind. Sie begannen gleich in Workshops damit, die Normen zu durchforsten. Das Ziel: klarere und einfachere Bauregeln. Begonnen wird mit den 600 rein nationalen Baunormen. Der weitaus größte Teil der geltenden Normen sind europäische und/oder internationale Standards. Insgesamt gibt es 3000 baurelevante Normen in Österreich. Über die für alle offene Online-Plattform dialogforumbau.at können alle Betroffenen Vorschläge einbringen.
Der Vorsitzende des Dialogforums Bau, Bundesinnungsmeister Hans-Werner Frömmel, nennt klare Ziele für den beginnenden Prozess der Durchforstung des baurelevanten Baunormenbestands: „Es geht um Leistbarkeit, Lesbarkeit, Vereinfachung. Nur wenn sich alle Beteiligten im Bauwesen beim Dialogforum einbringen, insbesondere jene, welche Überregulierungen kritisieren, kann dieses Projekt erfolgreich sein.“
Dass das Interesse an der Auftaktveranstaltung so breit war, freut den Präsidenten von Austrian Standards, Walter Barfuß. „Die Ergebnisse sollen als Auftrag zur bestmöglichen Umsetzung an jene Komitees bei Austrian Standards weitergegeben werden, die für die Überarbeitungen der betroffenen ÖNORMEN zuständig sind.“ Ein Jahr lang wird nun ein bunter Mix von Fachleuten aus öffentlicher Verwaltung, von Universitäten ebenso wie Sachverständige, Architekten, Bauträger, Ingenieurbüros, Baumeister, Innungen und Vertreterinnen und Vertreter der Bauindustrie Empfehlungen ausarbeiten, welche Baunormen man vereinfachen oder vielleicht gar zurückziehen kann. Es geht um alle relevanten Bereiche des Baus, der Planung, der Errichtung, um den Betrieb sowie um die bessere Berücksichtigung von Folgekosten.
Elisabeth Stampfl-Blaha, Direktorin von Austrian Standards, war es wichtig, den Prozess breit anzulegen: „Gestartet wird mit einer
Problem- und Potenzialsuche, das Crowdsourcing über das dialogforumbau.at ermöglicht einen niederschwelligen Zugang für alle Betroffenen und Interessierten.“ Von Mai bis September werden in Arbeitsgruppen und Workshops die eingelangten Vorschläge und Anregungen als vorläufige Ergebnisse zusammengefasst und analysiert. Bis Ende des Jahres werden sie dann wieder online beraten und diskutiert und Anfang 2017 sollen dann Empfehlungen an jene zuständigen Komitees ergehen, in denen Normen überarbeitet werden.
Auch der Deutsche Städtetag, das Pendant zum österreichischen Städtebund, das deutsche Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz,
Bau und Reaktorsicherheit sowie das Deutsche Institut für Normung DIN haben aus Interesse Vertreter zur Auftaktveranstaltung nach Wien entsandt. Bei DIN wird heuer ein ähnliches Projekt gestartet, weil auch in Deutschland Rufe nach klareren und einfacheren Normen im Baubereich laut geworden sind.