Tuesday, August 26, 2025

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Die Energiepreise sind im Sinken – von einem echten Wettbewerb in Österreich kann aber keine Rede sein. Zu wenig transparent sind die Produkte, zu verflochten die Eigentümerstrukturen der Anbieter, kommt eine Untersuchung zum Schluss.

Bild: iStock


Kosten sind ein Thema, das alle bewegt. Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) startete gemeinsam mit dem Marktregulator E-Control vor zweieinhalb Jahren eine gemeinsame Taskforce zum Kostenthema Energie. Und das nicht zufällig: Auslöser waren die Marktverwerfungen im Jahr 2022 als Folge der Invasion der Ukraine durch Russland – die wiederum heftige Preissteigerungen in den Energiemärkten auslöste. Zwischen 2022 und 2023 gab es nicht wenige Kleinunternehmen, die über 40 Cent pro kWh Strom gezahlt hatten. Der Markt selbst hatte mit hohen Einkaufspreisen zu kämpfen – und schlug proportional hohe Gewinnspannen auf.

Mittlerweile ist das Preisniveau wieder zurückgegangen. Ein Großteil der Kleinunternehmen zahlte im Jänner 2025 zwischen 6 und 21 Cent pro kWh, stellt der vorgestellte Abschlussbericht der Taskforce der E-Control und der BWB fest. Die Preisangaben beziehen sich jeweils auf den reinen Arbeitspreis, ohne Steuern, Abgaben oder Netzkosten. Auch bei Gas stieg der Durchschnittspreis im Jahr 2022 innerhalb weniger Monate auf eine Preisspanne von 11 bis 16 Cent pro kWh an. Seit dem letzten Quartal 2024 beziehen die meisten Haushalte wieder ein Produkt mit einem Preis zwischen 0 und 6 Cent.

Auffällig ist, dass gerade Kleinunternehmen gegenüber den Haushaltspreisen im Durchschnitt sogar schlechter gestellt sind. »Lieferanten nutzen unter Umständen fehlende Transparenz und Einzelverträge bei Kleinunternehmen aus, die es ermöglichen, teils noch höhere Preise zu fordern«, heißt es in dem Bericht. Auch würden Effekte durch Rabatte generell schwächer als im Haushaltsbereich ausfallen. Anfang 2025 zahlen die meisten kleineren Unternehmen Gaspreise zwischen 0 und 11 Cent pro kWh in Österreich – eine größere Spanne als bei den Haushalten.

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Grafik: Abgebildet sind die Energiepreise für Hauptprodukte (Produkte mit den meisten Kund*innen) bis Februar 2025 der Incumbents für einen Musterhaushalt mit 3.500 kWh/Jahr. Schmälere Verlaufslinien in der Grafik stellen Produktumstellungen dar. Im Februar 2025 zahlten Kund*innen der Energie Klagenfurt, der Energie Graz sowie der Energie Steiermark am meisten für das Hauptprodukt: zwischen knapp 20 und 21 Cent pro kWh.

Während der Krise erlebte der Markt einen signifikanten Rückgang der österreichweit tätigen Anbieter. Während Ende 2022 lediglich elf Stromanbieter landesweit aktiv waren, stieg die Zahl bis Februar 2025 wieder auf 37 Anbieter an. Das ist immer noch deutlich weniger als vor der Krise – mit 56 Anbietern im Jahr 2021. Im Gasmarkt erhöhte sich die Anzahl der österreichweit aktiven Lieferanten von nur drei im Jahr 2022 auf 14 aktive und zusätzlich sieben potenzielle Versorger heute. Eine ausreichende Anbieterzahl für einen funktionierenden Wettbewerb? In der Theorie ja, in der Praxis leider nein, kommentieren BWB und E-Control. Es zeige sich deutlich, dass trotz der Anreize durch hohe Preisniveaus eine Mehrheit der Konsument*innen den Lieferanten nicht wechseln würde.

Während die in Österreich traditionell niedrigen jährlichen Wechselraten bei Strom von 4 % im Jahr 2021, 2 % im Krisenjahr 2022 und zuletzt wieder 4,5 % im Jahr 2024 ausmachten, sind die Zahlen bei Gas auf einem ähnlichen Niveau: 4 % Wechselrate in 2022, 6 % im Jahr 2024. 2023 lagen die Wechselraten in den Strommärkten Italien oder Belgien bei rund 18 % respektive 17 %. »Wir sehen hier in Österreich noch sehr viel Luft nach oben«, betont E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch.

Die geringe Beweglichkeit am Endkundenmarkt ortet der Behördenvertreter bei einer fehlenden Transparenz und Vergleichbarkeit. »Nur wer weiß, was er oder sie für Strom oder Gas bezahlt, kann auch aktiv werden und sich um Alternativangebote kümmern. 70 % der heimischen Bevölkerung weiß nicht, was sie für die Kilowattstunde Strom bezahlen, bei Gas sind es sogar 84 %«, berichtet Urbantschitsch. Als einen der Gründe nennt er den Abrechnungsintervall im Jahresrhythmus. Monatsabrechnungen dagegen würden für mehr Fairness sorgen. Wer nicht in einer Leistungsschuld übers Jahr gebunden ist, sondern monatlich bezahlt, könne auch einfacher wechseln. »Unternehmen, die den Wettbewerb fürchten, sind gegen die Monatsabrechnung«, vermutet der Regulator. »Dabei wäre es ein Leichtes, sie umzusetzen. Die Technik dafür ist vorhanden.« Vermehrt sollten auch Spotmarktprodukte am Markt angeboten werden, da sie einen Beitrag zur Flexibilisierung der Nachfrage und zur Beteiligung der Verbraucher*innen am Energiesystem leisten können – und zu Kosteneinsparungen.

Verflechtungen
Am Zug sehen E-Control und BWB nun die E-Wirtschaft. »Nur die Unternehmen können dafür sorgen, dass die Verträge und Abrechnungen transparenter und verständlicher aufbereitet werden«, erklärt Natalie Harsdorf, Generaldirektorin der Bundeswettbewerbsbehörde. Eine genaue Analyse der Versorgungsgebiete zeige, so Harsdorf, dass der Wettbewerb in Österreich nicht bundesweit, sondern auf Netzgebietsebene stattfindet – und dort nicht ausreichend. Die Landesenergieversorger dominieren ihre Netzgebiete mit Marktanteilen von 68 % bis 98 % (siehe Grafik). Eine erhebliche Anzahl dieser Incumbents bietet Strom und Gas nicht bundesweit, sondern ausschließlich im eigenen Netzgebiet an. Dadurch variieren Strompreise zwischen den Regionen erheblich. Ein homogener, österreichweiter Markt existiert – zumindest bei Endkundenpreisen – kaum.

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Grafik: Ein Großteil der österreichischen Kundinnen und Kunden bezieht Strom bei einem lokalen Anbieter, oft dem jeweiligen Incumbent. Außerhalb des eigenen Netzgebietes sind viele dieser Incumbents kaum bis gar nicht aktiv. So stehen bspw. die relativ preiswerten Produkte der Incumbents in Vorarlberg und Tirol in den restlichen Bundesländern nicht zur Verfügung.

Für Harsdorf ist es »doch überraschend, dass wir nach 24 Jahren Marktliberalisierung noch immer keinen bundesweiten Wettbewerb am Strommarkt haben«. Die »lokale Dominanz der ehemaligen Monopolisten« sei besonders stark in den Krisenjahren 2022 und 2023 zu sehen gewesen und setze sich weiter fort. Sie sieht vor allem »unzählige Kreuzbeteiligungen zwischen den Unternehmen« als Grund für die eingeschränkte Wettbewerbssituation und spricht sogar von einer »schockierenden Bilanz«. Das dichte Netz an direkten und indirekten Beteiligungen wirke sich nachteilig für den Wirtschaftsstandort aus. Harsdorf schlägt eine Obergrenze für Minderheitsbeteiligungen zwischen Energieversorgern in Österreich vor, maximal 5 %. Zusätzlich wären für die oberste Wettbewerbshüterin ein Verbot von Kreuzbeteiligungen, mehr Transparenzpflichten oder eine wettbewerbsrechtliche Sonderprüfungspflicht für Neu- oder Umstrukturierungen von Beteiligungen im Energiesektor denkbar.

Replik
Und was sagt die Branche? Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, kann die geäußerte Kritik »nur bedingt nachvollziehen«. Die große Mehrheit der Stromkund*innen sei mit ihrem aktuellen Stromanbieter zufrieden, zitiert die Interessensvertretung eine österreichweit durchgeführte Umfrage. Kund*innen konnten im Februar 2025 aus 120 Neukundenangeboten wählen, über 35 Lieferanten boten ihre Tarife österreichweit an. Das zeige sich ebenso in den Preisvergleichsportalen, in denen die zahlreichen Angebote der Stromlieferanten ersichtlich sind. »Für uns zeigen diese Zahlen klar – der Markt funktioniert«, so Schmidt.

»Außerdem zeigen die Ergebnisse der Untersuchung, dass alle etablierten Anbieter ihre Haushaltstarife seit dem Ende der Energiekrise bereits deutlich gesenkt haben. Vor allem im Hinblick auf einfachere Rechnungen, noch mehr Transparenz und eine klarere Kommunikation können wir aber sicher noch besser werden«, fordert Schmidt dazu aber auch klare rechtliche Vorgaben von Gesetzgeber und Regulierungsbehörde ein.


Interview: Stromkund*innen können aus österreichweit verfügbaren Tarifen von 37 Anbietern wählen. Torsten Schwick ist Geschäftsführer von MyElectric, einer Tochter der Salzburg AG: www.report.at/markt/einer-von-37-lieferanten

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