Tuesday, October 14, 2025

Mehrwert für Manager

NEOS-Bautensprecherin Sophie Wotschke im Dialog auf der „Chance Bau 2025“ über Eigentumserwerb, Baukonjunktur und CO₂-Neutralität.

“Deregulierung als Schlüssel für leistbares Wohnen”

NEOS-Bautensprecherin Sophie Wotschke im Dialog auf der „Chance Bau 2025“ über Eigentumserwerb, Baukonjunktur und CO₂-Neutralität.

“Deregulierung als Schlüssel für leistbares Wohnen”
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Video by Gerhard Popp. Mehr von Gerhard Popp gibts hier  

Die Herausforderungen am österreichischen Immobilienmarkt verschärfen sich zunehmend – insbesondere für junge Menschen bleibt der Traum vom Eigenheim oft unerreichbar. In diesem angespannten Umfeld diskutierte Sophie Wotschke, seit Oktober 2024 Abgeordnete zum Nationalrat und Bautensprecherin der NEOS, auf der Enquete „Chance Bau 2025“ des Bau und Immobilien Reports zentrale Lösungsansätze für die Branche.

Deregulierung als entscheidender Impuls
„Eine große, große Dringlichkeit, in der Bauwirtschaft endlich was zu ändern. Vor allem bei der Deregulierung“, fasst Wotschke die Kernbotschaft der Podiumsdiskussion prägnant zusammen. Dabei spricht sie sich insbesondere gegen überbordende Normen und Standards aus: „Kein Gold Plating nach der Omnibus-Verordnung, sondern gemeinsam mit den Ländern die Standards auf den Schutzzweck reduzieren.“ Diese Position reflektiert die massive Belastung der Baubranche durch regulatorische Anforderungen, die weit über europäische Mindeststandards hinausgehen.

Zielsetzung für die Baukonjunkturbelebung
Im Fokus der kurzfristigen politischen Maßnahmen steht für Wotschke die Rentabilität von Altbausanierungen: „Kurzfristig ist mein Ziel, dass man sich aus dem Richtwert raussanieren kann, dass es sich lohnt zu investieren.“ Langfristig verfolgt die NEOS-Politikerin eine umfassendere Vision: „Das Ziel ist, dass Österreich eine florierende Bauwirtschaft hat, wo wir nicht nur sicher bauen, sondern auch sehr, sehr innovativ bauen und auch für die Umwelt viel machen.“

Dieses Zukunftsbild erscheint vor dem Hintergrund der aktuellen Marktentwicklung besonders bedeutsam. Wie Statistiken zeigen, wird in den Jahren 2025 und 2026 mit einer massiven Verknappung von Wohnraum zu rechnen sein. Laut Branchenexperten werden deutlich weniger Projekte fertiggestellt, wobei der Tiefpunkt erst im Jahr 2026 erwartet wird. Die dadurch steigenden Immobilienpreise verstärken den Druck auf Wohnungssuchende zusätzlich.

Klimaneutralität im Fokus
Auf die Frage nach der Erreichbarkeit des Ziels, Wien bis 2040 CO₂-neutral zu gestalten, zeigt sich Wotschke grundsätzlich optimistisch: „Umsetzbar wäre es. Die Frage ist: Wie schaffen wir es, dass sich in Österreich Technologie lohnt, Innovation lohnt? Und wie schaffen wir auch den Rahmen, wo es überhaupt machen kann?“ Hier sieht die Politikerin noch erheblichen Handlungsbedarf bei der Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen.

Eigentum als Sicherheitsanker für junge Menschen
Entgegen der vielfach vertretenen Auffassung, junge Menschen hätten kein Interesse mehr am Eigentumserwerb, vertritt Wotschke eine differenzierte Position: „Ich sehe das ehrlich gesagt anders, sowohl im Freundeskreis wie auch wenn man sich die Zahlen anschaut. Es gibt die Ö3 Jugendstudie, wo sehr wohl klar ist, dass die jungen Menschen tatsächlich mehr ins Eigentum wollen als früher.“

Diese Einschätzung korrespondiert mit aktuellen Studien, die eine verstärkte Nachfrage nach Eigentum in jüngeren Bevölkerungsgruppen dokumentieren. Als Hauptmotivation identifiziert Wotschke den Sicherheitsaspekt: „Das liegt, denke ich, stark an den vielen Krisen, die jetzt aufkommen, wo Eigentum eine gewisse Sicherheit bietet.“

Der Kreislauf von leistbarem Wohnen
Besonders bemerkenswert ist Wotschkes ganzheitlicher Ansatz zur Förderung von Wohneigentum: „Es ist aber auch für die Mieten essenziell, dass das Bauen günstiger wird, weil günstige Mieten schaffen wir langfristig nur durch mehr Neubau.“ Durch niedrigere Mietkosten könnten junge Menschen mehr Kapital für den späteren Eigentumserwerb ansparen – ein Kreislauf, der beiden Wohnformen zugutekäme.

Marktentwicklung und Ausblick
Die österreichische Baubranche durchläuft derzeit eine herausfordernde Phase. Der Baupreisindex für den Wohnhaus- und Siedlungsbau erreichte im Mai 2025 mit 290,5 (Indexierung 1990) einen neuen Spitzenwert, der im Juni 2025 mit 290,9 nochmals leicht übertroffen wurde. Während die Baustoffpreise in den letzten 12 Monaten weitgehend stabil blieben, verzeichneten die Lohnkosten einen deutlichen Anstieg.

Die gelockerte Kreditvergabe, die moderatere Inflation und die niedrigeren Zinsen sorgen zwar für Zuwächse beim Kreditvolumen für den privaten Wohnbau, doch die Nachwirkungen der verschärften Kreditvergaberichtlinien (KIM-Verordnung) sind nach wie vor spürbar. Obwohl diese zum 30.06.2025 ausgelaufen ist, werden die Grundsätze der nachhaltigen Kreditvergabe weiterhin angewendet.

Für den Nichtwohnungsbau, der öffentliche Gebäude und Betriebsgebäude umfasst, wird nach mehrjährigen Rückgängen für 2025 und 2026 wieder Wachstum erwartet. Eine zentrale Rolle spielen dabei staatliche Investitionen, die die Branche stärken könnten. Angesichts des Budgetdefizits sind jedoch Einsparungen zu erwarten, deren Auswirkungen auf staatliche Bautätigkeiten derzeit noch nicht absehbar sind.

Fazit
Sophie Wotschkes Ausführungen auf der „Chance Bau 2025“ verdeutlichen die komplexen Herausforderungen, vor denen die österreichische Baubranche steht. Ihre Forderung nach Deregulierung und ihre Vision einer florierenden, innovativen Bauwirtschaft bieten wichtige Denkanstöße für die zukünftige Entwicklung. Angesichts der prognostizierten Wohnraumverknappung und der anhaltend hohen Baukosten erscheint ein entschlossenes politisches Handeln dringender denn je – nicht zuletzt, um den berechtigten Wunsch junger Menschen nach Wohneigentum zu erfüllen.