Fast 2.000 Arbeitnehmer:innen haben an unserer Österreich-Studie zu mobilem Arbeiten "nach" der Pandemie mitgewirkt. Im Zug der Studie haben wir uns zwölf verschiedene Freiheitsgrade näher angeschaut, die durch Arbeitgeber am mobilen Arbeitsplatz eingeräumt werden – oder eben auch nicht.
Hier geht es jetzt um das Thema "Variation des Arbeitsbeginns und des Arbeitsendes am mobilen Arbeitsplatz". Inwieweit können Arbeitnehmer:innen den Beginn ihres Arbeitstages und sein Ende also an persönliche Bedürfnisse anpassen. Die Möglichkeit der Variation der Start- und Endzeiten ist für Arbeitnehmer:innen insbesondere aus Gründen der Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben wichtig (Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen oder ehrenamtliche Dienste, wie freiwillige Feuerwehr, Sanitäterdienste, etc.).
Deshalb haben wir die Teilnehmer:innen der Studie gebeten auf einer fünfstufigen Skala (Nie, Kaum, Gelegentlich, Häufig, Immer) anzugeben, in welcher Form die nachfolgende Aussage auf sie zutrifft: "Mein Arbeitgeber ermöglicht mir, Beginn und das Ende der Arbeitszeit meinen persönlichen Vorlieben und Bedürfnissen entsprechend zu ändern." Hierbei handelt es sich um eine in einer Vorstudie der Uni Wien bereits getestete Fragestellung (Treppe, 2015).
Ergebnis Die Befragung zeigt, dass in der österreichischen Arbeitnehmerschaft allerdings mehr als die Hälfte (51%) angibt, dass ihr Arbeitgeber ihnen diese Freiheit nicht einräumt; Sie gaben an, dass sie nie, kaum oder nur gelegentlich, den Arbeitsbeginn und das Arbeitsende zeitlich variieren dürfen. Hingegen befinden sich – wie die Befragung zeigt – 49% der Arbeitnehmer:innen in der positiven Situation, immer oder zumindest häufig den Arbeitsbeginn und das Arbeitsende frei variieren zu können. Die österreichische Arbeitnehmerschaft ist hier zweigeteilt. Die eine Hälfte darf, die andere nicht.
Mögliche Ursachen, Hintergründe und Ansatzpunkte für Veränderung Folgende Rahmenbedingungen können – unter anderem – im jeweiligen Unternehmen dazu führen, dass Mitarbeiter:innen nicht über die Möglichkeit verfügen, am mobilen Arbeitsplatz Arbeitsbeginn und Arbeitsende frei zu variieren:
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Eine Regelung schreibt sehr restriktive Kernzeiten am mobilen Arbeitsplatz vor, zum Beispiel ein sehr breites Kernzeitfenster, und dieses Fenster ist auch strikt einzuhalten.
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Es gibt keine Regelung in der Policy für mobiles Arbeiten oder Homeoffice dazu, aber die jeweilige Vorgesetzte oder der jeweilige Vorgesetzte verlangt die Einhaltung bestimmter Start- und Endzeiten. Dahinter können betriebsbedingte Gründe stehen oder persönliche Motive und Einstellungen einer Führungskraft, wie zum Beispiel Misstrauen oder das Bedürfnis nach Kontrolle.
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Es gibt eine Regelung im Unternehmen, die eine relativ freie Variation von Beginn und Ende der Arbeitszeit am mobilen Arbeitsplatz erlaubt, aber die jeweilige Führungskraft blockiert dies und setzt eine striktere Handhabung von Arbeitsbeginn und -ende im eigenen Team oder in der eigenen Abteilung durch.
Was sind andererseits mögliche Rahmenbedingungen die Mitarbeiter:innen in ihrem Unternehmen vorfinden, die ihren Arbeitsbeginn und ihr Arbeitsende frei oder relativ frei variieren können:
– Es gibt keine Kernzeiten-Regelung im Unternehmen.
– Die Regelung im Unternehmen sieht vor, dass Kernzeiten am mobilen Arbeitsplatz nicht gelten. Sie sind also dort aufgehoben.
–Es werden relativ restriktive Zeiten für den Arbeitsbeginn und das Arbeitsende durch eine betriebliche Regelung vorgeschrieben. Aber die jeweilige Führungskraft ignoriert diese Regelung und lebt sie anders in seinem oder ihren Einflussbereich.
– Es gibt keine explizite Regelung. Aber der Betrieb oder die jeweilige Vorgesetzte oder der jeweilige Vorgesetzte dulden eine flexible Handhabung von Start- und Endzeiten.
Die hier jeweils aufgezeigten Ursachen und Hintergründe ermöglichen es, im eigenen Betrieb differenziert zu hinterfragen, wie dieses Thema gehandhabt wird. Wichtig ist: Die Tatsache, dass eine Regelung gilt, heißt noch nicht, dass sie bei den Arbeitnehmer:innen auch "ankommt". Deswegen haben wir in unsere Studie auf die Frage abgezielt: "Was ermöglicht der Arbeitgeber?" Die Untersuchung dieser Frage erlaubt es zumindest, zu verstehen, welche Art der Handhabung der jeweilige Arbeitnehmer oder die jeweilige Arbeitnehmerin zu spüren bekommt, welche Freiheitsgrade also am Ende faktisch bestehen. Gerade im Zuge des Abklingens der Pandemie ist es wichtig und nützlich zu verstehen, auf welche Rahmenbedingungen Arbeitgeber dann nachhaltig setzen. Zumal viele Arbeitgeber die Freiheitsgrade in dieser Phase wieder zurücknehmen und einschränken. Wie groß dieser Effekt ist, wollen wir mithilfe unserer Studie aufzeigen.
Über das Forschungsprojekt Die Studie wurde als gemeinsames Forschungsprojekt der FH des BFI Wien und der IMC FH Krems durchgeführt. Das Forschungsteam sind: Laura Dörfler (FH des BFI Wien), Michael Bartz (IMC FH Krems), Christopher Schwand (IMC FH Krems), David Strauß (FH des BFI Wien). Finanziert wurde einjährige Forschungsvorhaben vom Digitalisierungsfonds Arbeit 4.0 der Arbeiterkammer Wien.
Den Originalartikel vom 11. April 2022 und weitere Informationen zur Blog-Reihe anlässlich der Österreich-Studie finden Sie unter https://newworldofwork.wordpress.com/2022/04/11/kernzeit-am-mobilen-arbeitsplatz-oder-freie-einteilung/
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